Für den Unterricht an jeder Schulart (wie hier am Gymnasium) braucht es spezialisierte Lehrer, sagen die Befürworter der bisherigen Lehrerausbildung. Foto: dpa

In allen Bundesländern sind die Lehrer knapp. Hätten alle Lehrer die gleiche Ausbildung, könnten sie an allen Schularten eingesetzt werden, schlägt der Kultusminister Thüringens vor. Doch Susanne Eisenmann hält nichts davon.

Stuttgart - In der Debatte über Ideen gegen den Lehrermangel hat Baden-Württembergs Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) sich klar gegen den thüringischen Kultusminister und Präsidenten der Kultusministerkonferenz Helmut Holter (Linke) gestellt. Holter hatte angeregt, Lehrer nicht mehr nach Schularten, sondern nach den Altersstufen der zu unterrichtenden Kinder auszubilden. So werde die Durchlässigkeit zwischen den Schularten gefördert, Gymnasiallehrer könnten dann auch an Mittelschulen unterrichten. In den meisten Ländern fehlen etwa Grundschullehrer, an Gymnasien gibt es mehr Interessenten als Stellen.

Eisenmann hält Vorschlag für „abwegig“

Der Vorschlag Holters hatte vor allem in CDU-regierten Ländern und beim Philologenverband zu einem Aufschrei geführt. Kultusministerin Eisenmann, die in der Kultusministerkonferenz (KMK) die Länder mit CDU-Kultusministern koordiniert, sagte dazu am Montag: „Wir haben ein differenziertes Schulsystem und werden deshalb auch künftig unterschiedliche Lehrämter brauchen, die auf diese Unterschiede eingehen. Den Gedanken des Einheitslehrers als Lösung gegen den Lehrermangel halte ich für eher abwegig.“

Philologenverband will runden Tisch

Die Vorsitzende des Deutschen Philologenverbands (DPhV), Susanne Lin-Klitzing hatte einen runden Tisch gegen den Lehrermangel angeregt. Zur „langfristigen und qualitätsvollen Sicherung des Lehrernachwuchses“ seien länderübergreifende Initiativen notwendig. Dazu müssten Ministerpräsidenten und Kultusminister an einen Tisch. „Eine nicht nach Schulabschlüssen differenzierte Lehrerausbildung für die kommenden Jahrzehnte, um jetzt den aktuellen Lehrermangel zu beheben? Das kann doch nicht die Antwort der KMK sein“, wundert sich Lin-Klitzing. Sie fordert eine länder- und schulartspezifische Analyse des Lehrermangels, den einfacheren Austausch von Lehrern zwischen den Ländern sowie einen Einstellungskorridor für die besten Referendare auch über den aktuellen Bedarf hinaus, „um zukünftigem Lehrermangel qualitätsvoll zu begegnen“.

Kultusminister streben Staatsvertrag an

Bei Susanne Eisenmann stößt der Interessensverband der Gymnasiallehrer auf offene Ohren. „Der Bewerbermangel ist momentan bundesweit eine Herausforderung, deshalb halte auch ich ein abgestimmtes Vorgehen zwischen den Ländern für sinnvoll und notwendig. Die Vorschläge des DPhV sind konstruktiv und gehen in die richtige Richtung“, lobt Eisenmann. Sie setzt Hoffnungen auf einen Länderstaatsvertrag. Es wäre wichtig, so Eisenmann, „dass sich alle Länder dazu verpflichten, entsprechend ihrem Bedarf genügend Lehrkräfte auszubilden und gemeinsame Standards dafür festzulegen.“ Das könne in einem Staatsvertrag geregelt werden, ebenso wie der einfachere Austausch der Lehrer zwischen den Ländern oder verlässliche Bedarfsprognosen und Statistiken. Wann es zu dem Staatsvertrag kommt, ist offen. Im März hatten sich die Kultusminister darauf verständigt, einen solchen anzustreben. Ein Staatsvertrag wäre deutlich verbindlicher als etwa die gemeinsamen Standards der KMK, erklärte eine Sprecherin Eisenmanns.

Über den „Einheitslehrer“ wurde in Baden-Württemberg bereits 2013 heftig gestritten. Eine von der grün-roten Regierung eingesetzte Expertenkommission hatte empfohlen, die Lehramtsstudiengänge zusammenzufassen, mit Ausnahme des Grundschullehramts. Es folgte die Reform der Lehrerbildung, dabei wurden aber auf Wunsch der SPD nur die Ausbildungen der Haupt- und der Realschullehrer zusammengelegt.