Die Dienstwagen der Spitzenpolitiker sind meistens hoch motorisiert – und damit nicht gerade umweltfreundlich Foto: dpa

Was den eigenen Fuhrpark angeht, fährt Grün-Rot seinen Klimaschutz-Zielen hinterher. Regierungsintern wird die Frage aufgeworfen: Muss es für Minister immer die dickste Limousine sein?

Stuttgart - Integrationsministerin Bilkay Öney (SPD) ist am Dienstag dem Eindruck entgegengetreten, sie sei die schlimmste Klimasünderin der grün-roten Landesregierung. Via Twitter sowie über ihren Sprecher wies sie darauf hin, dass unter den sieben Fahrzeugen, die ihr in einer Übersicht des Verkehrsministeriums zugeordnet werden, fünf Kleinbusse seien, mit denen die zentrale Aufnahmestelle des Landes in Karlsruhe Flüchtlinge transportiere. Diese Kleinbusse, so ihr Sprecher, „haben naturgemäß einen höheren CO2-Ausstoß als reine Pkw“.

Laut der Übersicht des Ministeriums konnte das Integrationsministerium den durchschnittlichen CO2-Ausstoß seiner Fahrzeuge zwischen 2011 und 2013 nur von 187 auf 180 Gramm pro Kilometer reduzieren. Das ist der mit Abstand schlechteste Wert aller elf Landesministerien. Auf dem vorletzten Platz steht das Kultusministerium (154 Gramm). Auch die Ministerien für Inneres (143), Landwirtschaft (136) und Justiz (134) haben das Ziel der Landesregierung noch nicht erreicht, den durchschnittlichen CO2-Ausstoß ihrer Fahrzeuge auf unter 130 Gramm pro Kilometer zu drücken.

Der Wert von 130 Gramm entspricht einem Benzinverbrauch von 5,6 Litern auf 100 Kilometern. Die Europäische Union (EU) hat ihn als Zielwert für Neuwagen ausgegeben. Bis 2020 will die EU die Vorgaben weiter verschärfen. Dann soll nur noch ein CO2-Ausstoß von 95 Gramm erlaubt sein.

Umweltschützer erwarten mehr Ehrgeiz

Da die Landesregierung sich auf die Fahnen geschrieben hat, beim Klimaschutz Vorbild und Vorreiter zu sein, forderte am Dienstag der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) von der Koalition mehr Ehrgeiz in dieser Sache. „Das Land darf bei den eigenen Zielen nicht hinter die Pläne der EU zurückfallen“, erklärte die BUND-Landesvorsitzende Brigitte Dahlbender. Die derzeit angepeilten 130 Gramm seien bereits heute Standard bei vielen neuen Pkw.

Dass es auch anders geht, zeigt das Beispiel des Regierungspräsidiums Stuttgart. Die Mittelbehörde hat nach Angaben ihres Sprechers derzeit 119 Fahrzeuge im Einsatz, darunter drei Elektrofahrzeuge für kürzere Fahrten. Seit Mitte 2012 habe man den durchschnittlichen CO2-Ausstoß von 137 auf 122 Gramm senken können, so der Sprecher.

Noch besser schneidet das Haus von Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) ab, das mit einem Durchschnittswert von 94 Gramm am saubersten unterwegs ist. Dies liegt seinem Sprecher zufolge zum einen daran, dass unter den fünf Fahrzeugen des Ministeriums ein Elektroauto ist. Zum anderen lässt sich der Minister selbst in einer E-Klasse von Mercedes chauffieren, und zwar in einer Diesel-Hybrid-Version.

Ministerin steht formal die höchste Modellklasse zu

Den Ministern steht als Dienstwagen, die in der Regel geleast werden, rein formal die höchste Modellklasse zu. Die meisten Spitzenpolitiker der grün-roten Regierung nutzen dies auch aus: Sie lassen sich entweder in einer S-Klasse von Mercedes zu Terminen fahren – oder im Spitzenmodell von Audi (A8). Neben Hermann nutzen nur noch Umweltminister Franz Untersteller sowie die Ministerin im Staatsministerium, Silke Krebs, die Möglichkeit, sich auch mit weniger zufriedenzugeben. Beide Grünen-Politiker fahren einen Audi A6 und sind damit nach Hermann die Landesminister, die beim jährlichen Dienstwagen-Check der Deutschen Umwelthilfe am besten abschneiden. Hermanns Auto verbraucht laut dieser Übersicht nur 4,2 Liter Diesel innerstädtisch, die Fahrzeuge von Untersteller und Krebs 6,7 beziehungsweise 7,2 Liter.

Von den Ministern, die ein Top-Modell fahren, schneidet Integrationsministerin Öney am besten ab. Sie fährt einen A8 clean Diesel – allerdings mit Quattro-Antrieb wie alle anderen Audi fahrenden Minister – und kommt laut ihrem Ministerium inzwischen auf einen CO2-Ausstoß von „nur“ noch 155 Gramm. Zum Vergleich: Die drei Politiker, die am schlechtesten abschneiden (Wissenschaftsministerin Bauer, Kultusminister Stoch sowie Ministerpräsident Kretschmann) haben einen Wert von 193 Gramm. Sie alle fahren eine S-Klasse.

Das Kabinett beschloss am Dienstag, sich jährlich in der Sache Bericht erstatten zu lassen. „Damit mehr Zug reinkommt“, wie es regierungsintern hieß.

Die Klimaschutz-Liste der Ministerienunter www.stn.de/dienstwagen