Plastikflaschen aus PET sind praktisch, können aber Schadstoffe an den Inhalt abgeben Foto: dpa

Mit interaktiver Grafik - Toxikologe Martin Wagner erklärt, warum man Pet-Kunststoffflaschen besser nicht in der Sonne liegen lässt und Leitungswasser das beste Getränk ist.

Stuttgart - Plastikflaschen sind leicht und einfach zu transportieren. Doch wer auf die Belastung mit Schadstoffen achtet, greift lieber zur Glasflasche oder trinkt direkt Leitungswasser, so der Experte.
 
Herr Wagner, die Stiftung Warentest hat im Sommer dieses Jahres Mineralwasser untersucht und unter anderem Pestizidrückstände entdeckt – ist das gefährlich?
Die Konzentrationen der gefundenen Pestizid-Abbauprodukte sind extrem niedrig und nach unseren derzeitigen Erkenntnissen gesundheitlich unbedenklich. Die Untersuchung der Stiftung Warentest zeigt uns allerdings eins sehr deutlich: Wir haben den globalen Wasserkreislauf mit einer Vielzahl an synthetischen Chemikalien kontaminiert – und irgendwann kommen die Umweltchemikalien zu uns zurück.
Es hält sich das Gerücht, dass Kunststoffflaschen hormonähnliche Substanzen ins Mineralwasser abgeben. Haben Sie Rückstände gefunden?
Wir haben in unseren Studien hormonähnlich wirkende Substanzen, sogenannte Umwelthormone, im Mineralwasser gefunden und gute Hinweise darauf, dass zumindest ein Teil davon aus der Kunststoffverpackung stammt. In unserer ersten Studie haben wir 18 verschiedene Mineralwässer getestet, sowohl aus Glas- als auch aus Plastikflaschen. Wasser aus Kunststoffflaschen war deutlich häufiger und höher hormonell belastet als das aus Glasflaschen.
Wie kann man sich schützen vor Substanzen, die aus dem Kunststoff austreten?
Generell ist das Auslaugen von Chemikalien zeitabhängig – je länger eine Flüssigkeit in der Kunststoffverpackung ist, desto mehr geht ins Lebensmittel über. Außerdem steigt diese Menge auch mit der Temperatur. Wer einmal bei Hitze eine Plastikwasserflasche im Auto hat liegen lassen und danach daraus getrunken hat, weiß: Dieses Wasser schmeckt chemisch. Hervorgerufen wird dieser Geschmack durch Acetaldehyde, die aus dem Kunststoff freigesetzt werden.
Sind diese Stoffe gefährlich?
Acetaldehyd gilt in den vorliegenden Konzentrationen als ungefährlich. Es ist aber ein Beispiel dafür, dass Kunststoffe in nennenswerten Mengen Chemikalien freisetzen – die Menge ist so groß, dass man sie sogar schmecken kann.
Ist man sicher, wenn man nur Mineralwasser aus Glasflaschen trinkt?
Generell zeigen unsere Daten, dass Mineralwasser aus Glasflaschen seltener und weniger stark belastet ist. Aber es ist auch nicht unbelastet, das deutet wieder darauf hin, dass es noch eine andere Kontaminationsquellen gibt.
Gehen aus billigen dünnen Einwegflaschen vom Discounter mehr Substanzen ins Mineralwasser über als aus dem dickeren Material der Mehrwegflaschen?
Wir hatten in unseren Tests Discounter-Wasser und auch teureres Wasser in Plastikflaschen – und wir haben keinen Unterschied beobachtet. Wasserflaschen, egal ob von Aldi oder aus dem Getränkemarkt, sind immer aus Pet gemacht. Weiche Flaschen haben einfach nur eine dünnere Wandung als die Mehrwegflaschen, da sind nicht etwa Weichmacher drin.
Löst sich mehr aus Flaschen mit kohlensäure-haltigen Getränken oder mit Cola, die ja Säure enthält, oder aus Behältern, die Speiseöl enthalten?
Wir konnten keine Unterschiede zwischen stillem und kohlensäurehaltigem Wasser feststellen. In fetthaltigen Lebensmitteln, wie etwa Speiseöle, werden verstärkt fettlösliche Chemikalien ausgelaugt. Auch die Säure in Erfrischungsgetränken wie in coffeinhaltigen Limonaden kann ein Auslaugen begünstigen. Es gibt hierzu aber bisher nur wenige Untersuchungen.
Wie sind Edelstahlflaschen aus toxikologischer Sicht zu bewerten?
Vorsicht mit älteren Flaschen – früher wurden sie innen mit Epoxidharzen beschichtet. Die neuen Edelstahl-Flaschen, zumindest die von Qualitätsherstellern, sind nicht mehr beschichtet. Sie sind eine gute Alternative zu Pet-Flaschen.
Welches Mineralwasser empfehlen Sie?
Das Leitungswasser, das wir untersucht haben, war nicht mit Umwelthormonen belastet. Warum nicht einfach das am strengsten kontrollierte Wasser in Deutschland trinken, nämlich das, was aus dem Hahn kommt? Das ist 1000- bis 5000-mal günstiger, muss nicht verpackt, mit hohem Energieaufwand abgefüllt und transportiert werden und verursacht keinen Plastikmüll. Für mich ist die Wahl da offensichtlich.
Findet man Pestizidrückstände auch im Leitungswasser?
Hier fehlen uns zwar Vergleichsdaten, grundsätzlich gelten für Leitungswasser aber strengere Richtlinien. Was viele nicht wissen: Mineralwasser darf nicht aufbereitet werden, Leitungswasser hingegen wird aufwendig kontrolliert und gereinigt. Insofern hat unser Leitungswasser eine sehr hohe Qualität.
 

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