Schwimmen im Mineralbad Berg Foto: Stuttgart Marketing

Das Stuttgarter Mineralbad Berg soll in Zukunft ein ganzjährig geöffnetes Freibad werden.

Stuttgart - Für das Mineralbad Berg in seiner jetzigen Form dürften die letzten Jährchen angebrochen sein. Am Freitag hat im Rathaus die Debatte über sein Schicksal begonnen. Es soll zu einem stadtnahen Freibad mit Mineralwasser und schönem Park umgewandelt werden. Von der Bausubstanz wird wenig überleben. Welch großen Stein sie da ins Rollen brachten, schwante dem Ersten Bürgermeister Michael Föll und den Stadträten am Freitag selbst. Es gehe um eine Einrichtung, die für manche Kult sei, hieß es im Bäderausschuss der Stadt. Es gehe um Emotionen. Im Klartext: Es wird wohl Ärger geben.

Föll und die städtischen Bäderbetriebe präsentierten eine Expertise der Projektsteuerungsfirma Quadratus, in der von der Generalsanierung dringend abgeraten wird. Die würde nämlich 27,3 Millionen Euro kosten und Stuttgart ein Mineralbad schenken, das mit drei Millionen Euro Defizit pro Jahr gut viermal so teuer wäre wie heute. Obendrein bestünde noch ein hohes Risiko von Mehrkosten. Sanieren ließe sich ein solches Bad nur dann vernünftig, wenn es vorher gut instand gehalten worden wäre. Und junge Menschen wie seine Kinder und Enkel würde es trotzdem nicht anziehen, sagte der Quadratus-Vertreter.

Der Mann nahm sogar das Wort "versifft" in den Mund, zog den Beitrag aber wieder zurück. Versifft sei das Mineralbad Berg wirklich nicht, hatte Föll sogleich widersprochen. Seine Sprachregelung: Das Bad sei so, dass es von manchen Bevölkerungsgruppen nicht akzeptiert werde. Auch er meint damit junge Menschen. Bei den älteren Semestern sieht es besser aus. Doch die Zahl dieser Fans wird zwangsläufig kleiner.

Bis zu 70.000 Besucher gehen im Sommer baden

Rund 110.000 bis 120.000 Badegäste kommen jährlich ins Neuner, wie das 1856 entstandene Berger Bad nach seinem Gründer, dem königlichen Hofgärtner Friedrich Neuner, im Volksmund heißt. 60.000 bis 70.000 Besucher gehen in den Sommermonaten baden. Sie schätzen das schöne Parkgelände mit Außenbecken. So liegt es für Gutachter und Verwaltung nahe, die Zukunft dieser "legendären" Einrichtung (so die Werbung der Bäderbetriebe) an der gegenwärtigen Hauptfunktion auszurichten, wenn man die Generalsanierung für zu teuer befindet.

Das tut die Verwaltung. Sie möchte neben dem heutigen Außenbecken mit Kaltwasser die Trinkhalle mit der Elisenquelle und das Deckenfenster von Max Ackermann in der Eingangshalle erhalten, die Becken im Innern und den Saunabereich im Hinblick auf das nahe gelegene Leuze opfern.

Damit das Neuner künftig als Mineralfreibad wenigstens von April bis Oktober betrieben werden kann, sollen ein Außenbecken mit Warmwasser und eine Aufwärmehalle gebaut werden. Der jährliche Betriebsverlust würde zwar auch von 890.000 auf 1,27 Millionen Euro klettern, wäre aber "gerade noch vertretbar", meint Föll.

Als Investitionskosten für diese Lösung werden rund 14,2 Millionen Euro prognostiziert. 8,2 Millionen Euro hofft Föll beim Verkauf von benachbarten Grundstücken zu erlösen, auf denen ein Hotel und Wohnungen entstehen sollen. Somit müsste die Stadt noch rund sechs Millionen Euro aus der Kasse holen. Werden im Herbst bei den Etatberatungen die Mittel bereitgestellt, könnte das Projekt bis Mitte 2013 "durchgeplant" werden, erklärte die Verwaltung. Im Frühjahr 2015 sei die Eröffnung denkbar.

Der Diskussionsprozess, wie das Bad künftig aussehen soll, hat aber gerade erst begonnen. Geprüft wird bis Ende August auf Anregung von Werner Wölfle (Grüne) und Alexander Kotz (CDU) auch noch, ob das Neuner als Ganzjahres-Mineralfreibad mit Aufwärmehalle betrieben werden könnte, unter Umständen im Winter mit Hilfe von Vereinen. Baden in dem von Natur aus gleichmäßig warmen Wasser inmitten des reizvollen Parks und "Aufheizen" in der Sauna - wenn man das ermögliche, meinte Wölfle, habe man die Besonderheiten des Neuner erst wirklich genutzt.