Lebensmittel sind meist auch nach Ablauf dieses Datums noch genießbar Foto: dpa

Die EU-Länder wollen langlebige Nahrungsmittel wie Nudeln oder Reis von der Haltbarkeits-Kennzeichnung befreien. Denn viele Lebensmittel landen im Müll, weil Verbraucher das Mindesthaltbarkeitsdatum falsch verstehen. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Brüssel – Viele Lebensmittel landen im Müll, weil das Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen ist. Dabei sind Lebensmittel meist auch nach Ablauf dieser Frist noch genießbar – weswegen die EU sie nun zumindest für manche Lebensmittel abschaffen will. Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Was genau besagt das Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD)?
„Mindestens haltbar bis: 1. Juni 2014“, ein solcher Aufdruck auf einer Lebensmittelverpackung bedeutet: Bis zu diesem Datum garantieren die Hersteller, dass alle Bestandteile des Produkts auf jeden Fall noch volle Qualität bieten – und zwar bei Geschmack, Geruch, Farbe, Konsistenz und Aussehen. Voraussetzung: Das Lebensmittel war ungeöffnet und wurde richtig gelagert.
Wie wird das MHD festgelegt?
Rechtliche Regelungen gibt es keine, die Hersteller entscheiden die Fristen völlig frei. „Sie lagern ihre Produkte selbst und beobachten, wie sie sich verändern. Aus solchen Erfahrungswerten wird das Mindesthaltbarkeitsdatum bestimmt“, sagt Ernährungswissenschaftler Guido Ritter von der Fachhochschule Münster.
Warum haben derzeit auch Lebensmittel ein Haltbarkeitsdatum, die kaum verderben können – wie beispielsweise Nudeln?
Wer beim Metzger Wurst kauft, kann fragen, wie lange diese haltbar ist. Bei abgepackten Lebensmitteln geht das nicht. Deshalb ist das MHD bislang für die meisten abgepackten Lebensmittel vorgeschrieben. Ausnahmen gelten beispielsweise für Speisesalz, Kaugummi und alkoholische Getränke mit mindestens 10 Vol. % Alkohol. Künftig könnten weitere Produkte wie Nudeln hinzukommen.
Warum gerät das MHD immer wieder in die Kritik?
„Es gibt eine Verbrauchergruppe, die das Mindesthaltbarkeitsdatum mit dem Verbrauchsdatum verwechselt, das etwa für rohes Fleisch gilt“, sagt Ernährungswissenschaftler Guido Ritter. Ein Verbrauchsdatum bedeutet: Sofort ab in den Mülleimer, wenn das aufgedruckte Datum überschritten wurde, die Gesundheit kann durch Salmonellen gefährdet sein. Die meisten Lebensmitteln mit abgelaufenem Mindesthaltbarkeitsdatum hingegen kann man bedenkenlos essen. Auch dürfen sie von Supermärkten noch verkauft werden – was für Lebensmittel mit abgelaufenem Verbrauchsdatum nicht gilt.
Kann man pauschal sagen, welche Lebensmittel nach Ablauf des MHDs noch genießbar sind?
Ernährungswissenschaftler Guido Ritter hat mit Kollegen für eine Studie verschiedene Lebensmittel wie Schinken, Milch und Räucherlachs vor und etwa zehn Tage nach Ablauf des MHDs getestet. „Wir haben geprüft, wie viele Keime und Schimmel die Produkte enthalten und wie sich Aussehen, Geruch und Geschmack verändern“, sagt Ritter. Während sich Frischmilch beispielsweise auch zehn Tage nach Ablauf des MHDs nicht anders schmeckte, war der Kochschinken sogar schon vor Ablauf des Datums verdorben. Statt blind auf das Datum zu vertrauen, rät Ritter, sich lieber auf die eigenen Sinne zu verlassen: Also Verpackung öffnen und schauen, ob sich Aussehen, Geruch oder Geschmack geändert haben. Wegwerfen sollte man fast alle schimmeligen Nahrungsmittel – auch wenn man ihn wie bei Brot leicht wegschneiden kann. Die unsichtbaren Fäden und Sporen der Schimmelpilze erwischt man dabei aber nicht. Schimmel erhöht das Risiko, an Leberkrebs zu erkranken.
Was will die EU nun ändern?
89 Millionen Tonnen noch genießbarer Lebensmittel werfen die EU-Bürger jedes Jahr in den Müll, allein in Deutschland sind es elf Millionen Tonnen. Die Niederlande und Schweden haben deshalb bei einem Treffen der EU-Agrarminister in Brüssel vorgeschlagen, einige langlebige Nahrungsmittel wie Nudeln, Reis oder Kaffee von der Haltbarkeits-Kennzeichnung zu befreien. So soll verhindert werden, dass diese Produkte im Müll landen, obwohl sie noch genießbar wären. Deutschland unterstützt den Vorstoß. Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) hat die EU-Kommission am Montag aufgefordert, bis Juni eine Liste vorzulegen, bei welchen Produkten das MHD notwendig und sinnvoll ist und bei welchen nicht. Bis sich die Vorschriften tatsächlich ändern, könnte es aber noch Jahre dauern.