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Wegen der Millionenspende eines Hotel-Unternehmers sieht sich die im Bund regierende FDP mit Klientel-Vorwürfen konfrontiert.

Düsseldorf/Berlin - Wegen der Millionenspende eines Hotel-Unternehmers sieht sich die im Bund regierende FDP mit Klientel-Vorwürfen konfrontiert. Die Düsseldorfer Substantia AG hatte der Partei binnen eines Jahres 1,1 Millionen Euro überwiesen. Entsprechende "Spiegel"-Informationen bestätigte ein FDP-Sprecher in Berlin. Die Summe ist eine der höchsten Parteispenden in der Geschichte der Freidemokraten und wurde in drei Teilspenden im Jahr 2009 überwiesen. Die SPD forderte eine Rückzahlung der Spende, weil sonst der Eindruck entstehe, mit dem Geld seien politische Entscheidungen beeinflusst worden.

Die Substantia AG gehöre einem der reichsten Deutschen, August Baron von Finck - seine Familie ist laut "Spiegel" Miteigentümer der Mövenpick-Gruppe, die in Deutschland 14 Hotels betreibt. In den schwarz-gelben Koalitionsverhandlungen hatte die FDP mit der CSU im Herbst 2009 auf eine Senkung des Mehrwertsteuersatz auf Hotel-Übernachtungen von 19 auf 7 Prozent gedrungen. Der von der Opposition als Klientel-Politik kritisierte Steuernachlass trat zum 1. Januar 2010 in Kraft. "Es gibt keinen Zusammenhang mit der beschlossenen Mehrwertsteuer-Senkung", sagte der FDP-Sprecher. Die Spende sei Bundestagspräsident Norbert Lammert korrekt angezeigt worden.

Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) zeigte sich "erschrocken" über die Millionenspende des Hotelkonzerns an die FDP. Dies sei ein "Vorgang von politischer Bedeutung", weil damit der Eindruck entstehe, "das politisches Wohlverhalten durch Parteispenden belohnt wird". Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Thomas Oppermann, sagte, die FDP müsse die Spende zurückgeben, weil sonst der Eindruck bestehe, dass sie käuflich sei. SPD-Fraktionsvize Joachim Poß sagte: "Jetzt wird transparent, was man erwarten konnte. CSU und FDP sind in den vergangenen Jahren offensichtlich zu reinen Lobbyvereinen degeneriert." Die FDP habe "offenkundig aus allen Spendenaffären der zurückliegenden Jahrzehnte nichts gelernt und macht weiter Politik nur für bestimmte Wählergruppen, um deren Spenden abzugreifen".

Die FDP mache sich den Staat zur Beute, kritisierte die Grünen-Fraktionsvorsitzende Renate Künast: "Jetzt ist offenbar Zahltag: Auf der einen Seite wird die Mehrwertsteuer für Hotels reduziert, auf der anderen Seite erhält die FDP eine Millionenspende aus der Branche." Die Grünen forderten ein klärendes Wort des FDP-Vorsitzenden Guido Westerwelle, "ob es zu seinem Politikverständnis gehört, den Staat für reine Klientelpolitik auszuplündern".

Die frühere FDP-Staatsministerin Hildegard Hamm-Brücher kritisierte im "Spiegel": "In der Regierung macht die FDP reine Klientelpolitik. Sie kümmert sich um die Steuerfragen einer bestimmten Schicht, das ist alles."

"Mit dem Eintritt der FDP in die Bundesregierung gewinnen die Unternehmerlobbyisten an Einfluss", sagte Elmar Wigand vom Verein LobbyControl dem Magazin. Der einflussreiche Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) hatte seit Monaten massiv für die Steuersenkung geworben. Ernst Fischer, Präsident des Dehoga und FDP- Mitglied, begründete dies so: "Sieben Prozent Mehrwertsteuer wären das beste Konjunkturprogramm für eine Branche, in der über 100.000 Arbeitsplätze akut in Gefahr sind."