Die Paul-Aldinger-Schule für geistig beeinträchtigte Kinder in Steinheim-Kleinbottwar ist an ihre Kapazitätsgrenze gestoßen. Der Landkreis als Träger reagiert nun darauf.
Einen extremen Zulauf erleben die Schulen für Kinder mit geistigem Handicap, die unter der Trägerschaft des Landkreises Ludwigsburg stehen. Wurden vor zehn Jahren in der Schule am Favoritepark in Ludwigsburg, der Schule Gröninger Weg in Bietigheim-Bissingen und der Paul-Aldinger-Schule in Steinheim-Kleinbottwar zusammen 360 Mädchen und Jungs unterrichtet, waren es zuletzt fast 460. „Auch in den künftigen Jahren ist, analog zum landesweiten Trend, mit einem kontinuierlichen Anstieg zu rechnen“, prognostiziert Andreas Fritz, Pressesprecher des Landratsamts.
Entsprechend spitzt sich die Raumnot zu. Für Bietigheim-Bissingen arbeitet man an einer Lösung, in Ludwigsburg wird bereits ein Erweiterungsbau realisiert, in Kleinbottwar steht nun ein ähnliches Projekt in den Startlöchern.
Multifunktionsraum für den Kindergarten
Der Kultur-, Schul- und Europaausschuss des Kreistags hat jetzt grünes Licht dafür gegeben, die Schule zu erweitern. Das Ziel ist, eine Lehrküche, vier Klassenzimmer, zwei Kleingruppenräume und einen Bewegungsraum zu schaffen. Außerdem wolle man durch Umbauten im Bestand für frische Kapazitäten sorgen, erklärte der Architekt Jochen Wilfert. Er erinnerte zudem daran, dass auch im Kindergarten der Schule „äußerst beengte Verhältnisse“ herrschten. Der geplante neue Multifunktionsraum dürfte hier eine Entspannung herbeiführen.
Alles in allem wird der Landkreis für die Arbeiten in der Paul-Aldinger-Schule rund 3,6 Millionen Euro in die Hand nehmen. „Das erscheint zunächst hoch“, räumte Wilfert ein. Doch eingespeist seien hier bereits die Baupreissteigerungen. Zudem hofft das Kreishaus auf üppige Fördergelder. Rund eine Millionen Euro an Zuschüssen werden einkalkuliert. Bis April 2024 soll die Entwurfsplanung stehen, im Dezember 2025 die Fertigstellung gefeiert werden.
Zahl der Kooperationsklassen für Zukunft ungewiss
Derzeit ist das Haus baulich auf 67 bis 72 Kinder ausgerichtet, die Lehrer haben sich aber zuletzt vor Ort um 77 Schüler in zehn bis elf Klassen gekümmert. Weitere 28 Kinder sind in fünf Kooperationsklassen in allgemeinen Schulen unterrichtet worden. Für sie muss aber im Stammhaus eine Raumreserve vorgehalten werden, wenn sie dort zum Beispiel einzelne Bildungsangebote wahrnehmen. Weitere 18 Heranwachsende besuchten an einer anderen Schule eine Berufsvorbereitende Einrichtung, zählen aber formal ebenfalls zur Paul-Aldinger-Schule, die so 2022/23 auf insgesamt 123 Kinder kam. Tendenz steigend. „Es besteht aktuell ein großer Raumbedarf“, sagte Ina Grausam, Fachbereichsleiterin Schulen im Landratsamt. Zumal ungewiss ist, ob die Kooperationsklassen im bisherigen Umfang erhalten bleiben. Falls nicht, bräuchte es entsprechend größere Kapazitäten im Stammhaus. Insofern standen alle Fraktionen hinter den Plänen für die Schule, die nach dem Um- und Anbau über 16 Klassenzimmer verfügen wird.
Weshalb die Schülerzahlen in den Bildungsstätten für Mädchen und Jungs mit geistigem Handicap so rasant gestiegen sind, kann das Landratsamt nicht in Gänze erklären. „Eine wissenschaftlich fundierte Begründung für diese allgemeine Entwicklung ist uns nicht bekannt“, sagt Kreishaus-Sprecher Fritz. Als „mögliche Erklärungsversuche“ würden aber „unter anderem die medizinischen Fortschritte – zum Beispiel bei der Versorgung extremer Frühchen“ – vermutet. Speziell für den Kreis Ludwigsburg sei ein weiterer Grund „die Schaffung von neuen stationären Wohnangeboten für Kinder, Jugendliche und junge Volljährige mit geistiger oder mehrfacher Behinderung und besonderem Unterstützungsbedarf“. Ein Teil der Bewohner werde an den Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren des Landkreises unterrichtet.