Im Investmentbanking und der Vermögensverwaltung wird noch immer Geld gescheffelt. Foto: dpa

Den Gürtel enger schnallen – so lautete zuletzt die Devise bei den großen deutschen Banken. Aber noch 2015 lag die hiesige Finanzbranche bei der Vergütung auf Platz zwei hinter Großbritannien, wie eine neue Studie zeigt.

Frankfurt - Trotz aller Reformen seit der Finanzkrise werden in der Finanzbranche noch immer gigantische Boni gezahlt. Der Topverdiener in Europa strich 2015 in Großbritannien eine Gesamtvergütung von umgerechnet fast 34 Millionen Euro ein, wie die Unternehmensberatung Barkow Consulting meldete. Nach ihrer Einschätzung dürfte es sich um einen Hedgefonds-Manager handeln. Die zweithöchste Summe von 13,9 Millionen Euro wurde in Deutschland gezahlt. Die Barkow-Analyse bezieht sich auf neue Zahlen der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA), die jährlich einen Bericht über Spitzenverdiener bei Finanzdienstleistern in der EU veröffentlicht.

80 Prozent der Topverdiener arbeiten in Großbritannien

Laut dem Geschäftsbericht der Deutschen Bank belief sich die Gesamtvergütung des höchstbezahlten Mitarbeiters 2015 auf weniger als zwölf Millionen Euro. Beim zweitgrößten deutschen Geldhaus, der Commerzbank, verdiente niemand mehr als zwei Millionen Euro. In der EBA-Statistik sind aber auch Daten von in Deutschland ansässigen Auslandsbanken sowie von Investmentfirmen enthalten.

Der Bericht bezieht sich auf alle Beschäftigten bei Banken und Investmentfirmen, die mindestens eine Million Euro pro Jahr erhalten. EU-weit wuchs diese Gruppe 2015 um fast ein Drittel auf 5142 Spitzenverdiener. Das lag allerdings nicht an massiven Gehaltserhöhungen, sondern an der Aufwertung des britischen Pfunds gegenüber dem Euro. Da die EBA die Einkommen britischer Finanzmanager in Euro umrechnet, legten deren Bezüge auf dem Papier kräftig zu. 80 Prozent der in dem Bericht erfassten Topverdiener arbeiten in Großbritannien.

Die höchsten Summen wurden 2015 nicht im Investmentbanking, sondern in der Vermögensverwaltung gezahlt. Dort waren die Boni im Schnitt viermal so hoch wie die Grundgehälter – obwohl die EU eigentlich ein Verhältnis von maximal zwei zu eins vorschreibt. Für die Vermögensverwaltung, zu der bei manchen Banken auch Hedgefonds-Beteiligungen zählen, hätten mehrere Mitgliedstaaten aber nationale Ausnahmeregeln festgelegt, schreibt die EBA. „Wir werden das beobachten“, sagte eine Behördensprecherin.

In Deutschland erhielten 2015 exakt 279 Banker Bezüge von mindestens einer Million Euro, im Schnitt flossen 1,7 Millionen Euro. Unter den Spitzenverdienern waren 140 Vorstandsmitglieder. Zu dieser Gruppe gehört auch der von der EBA nicht identifizierte 14-Millionen-Euro-Mann.

Die Vergütungsberichte für 2016 werden erst in den nächsten Monaten veröffentlicht. Die Deutsche Bank hat bereits bekannt gegeben, dass ihr Bonustopf schrumpfen wird. Der Vorstand um Bankchef John Cryan verzichtet komplett auf Leistungsprämien. Die Deutsche Bank hat 2016 das zweite Mal in Folge einen Milliardenverlust erlitten, vor allem wegen hoher Strafzahlungen für Rechtsstreitigkeiten.

Jeder zweite deutsche Bankmitarbeiter verdient über Tarif

Die Filialmitarbeiter deutscher Banken können von Millionengehältern ohnehin nur träumen: Ein Tarifbeschäftigter im zehnten Berufsjahr verdient laut der Gewerkschaft Verdi in der Regel zwischen 3500 und 4500 Euro brutto im Monat. Allerdings fielen nur noch 49 Prozent der Beschäftigten bei privaten und öffentlichen Banken unter den Flächentarifvertrag, sagte der Bundesfachgruppenleiter Banken, Jan Duscheck, am Mittwoch. Die übrigen Mitarbeiter verdienten mehr, wenn auch teilweise nur einige Euro. Dafür müssten die außertariflich Beschäftigten in der Regel länger arbeiten. „Viele leiden darunter“, sagte Verdi-Bundesvorstand Christoph Meister. Die Gewerkschaft strebt deshalb eine Reform des Flächentarifvertrags mit höheren Entgeltstufen an. Die Arbeitgeber fordern dagegen, wegen der zunehmenden Standardisierung von Arbeitsprozessen sollten einige Tätigkeiten künftig geringer entlohnt werden.