Ola Källenius macht bei Daimler reinen Tisch und präsentiert zu seinem Start schlechte Zahlen. Foto: dpa

Der Daimler-Konzern erwartet offenbar selbst nicht mehr, die Dieselkrise mit heiler Haut zu überstehen, meint StN-Autor Klaus Köster. Doch die Probleme liegen tiefer.

Stuttgart - Wenn der Chef wechselt, brechen bei Daimler regelmäßig dramatische Zeiten an. Als einst Jürgen Schrempp seinen Vorgänger Edzard Reuter ablöste, schrieb der Konzern von einem Tag auf den anderen tiefrote Zahlen. Als Dieter Zetsche das Steuer übernahm, leitete der Konzern das Aus für die Fusion mit Chrysler ein. Nun, da Ola Källenius die Nummer Eins geworden ist, weist der Konzern erneut von einem Tag auf den anderen einen Milliardenverlust aus. Alle Altlasten aus dem Erbe kommen schonungslos auf dem Tisch, damit niemand auf die Idee kommt, sie dem Neuen anzulasten.

Mehr als die übliche Aufräumaktion

Die neuerliche Gewinnwarnung, begleitet von einem Quartalsverlust in Milliardenhöhe, ist jedoch weit mehr als die bei Daimler übliche Aufräumaktion zum Chefwechsel. Dass der Konzern nun die Rückstellungen für die Dieselkrise um 1,6 Milliarden Euro erhöht, bedeutet nicht mehr und nicht weniger als die Erwartung, im Dieselskandal wohl eher schuldig gesprochen zu werden als mit heiler Haut davonzukommen. Nach wie vor erklärt der Konzern zwar, die teilweise hohen Schadstoffwerte seiner Dieselautos auf der Straße hätten nicht gegen die Gesetze verstoßen – doch offenbar glaubt er nun selbst nicht mehr, mit dieser Argumentation die Behörden überzeugen zu können.

Luft nach oben beim Umgang mit Mitarbeitern

Hinzu kommt, dass Daimler massiv unter den Handelskonflikten leidet, die bisher ja nur schwelen und nicht eskaliert sind. Die weltweiten Märkte schrumpfen und mit ihnen der Absatz. Als wäre alles nicht schwierig genug, muss der Konzern auch noch eine Technologiewende stemmen, bei der der dominierende Verbrennungsmotor zunehmend durch andere, möglicherweise weniger gewinnträchtige Technologien verdrängt wird. Auch auf die Belegschaft kommen somit schwierige Zeiten zu. Umso wichtiger ist es, dass der Konzern bald die klare Linie erkennen lässt, in den Stammwerken entschlossen in neue Technologien zu investieren. Verängstigte und verunsicherte Mitarbeiter sind das Letzte, was Daimler in dieser Lage gebrauchen kann.

klaus.koester@stzn.de