Der städtische Beitrag zur Klimawende, zum Beispiel mit Fotovoltaik (hier: Rathausdach) ist bisher überschaubar. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Die Stadtwerke Stuttgart sollen eine führende Rolle einnehmen, um bis 2035 das Ziel der Klimaneutralität zu erreichen. Kommt zur Finanzierung eine Klimaanleihe?

Die im Jahr 2011 gegründeten Stadtwerke Stuttgart sollen bei der Energiewende in der Landeshauptstadt eine tragende Rolle einnehmen und dazu ein Milliarden-Wachstumsprogramm angehen. 2012 war der Betrieb mit Windenergie-Anlagen in die Stromerzeugung eingestiegen. Inzwischen liefern 31 Anlagen pro Jahr 160 Gigawattstunden Ökostrom. Nach einer Stadtwerke-Rechnung können damit 70 000 Haushalte versorgt werden. Bis zum Jahr 2035 soll die Erzeugung auf 1 700 Gigawattstunden pro Jahr hochgefahren und damit mehr als verzehnfacht werden. Dazu und für klimaneutrale Wärme in 40 000 der 316 000 Stuttgarter Wohnungen sowie 14 000 Ladepunkte für E-Autos sollen rund drei Milliarden Euro investiert werden. Ein derartiges Investitionsprogramm ist in dieser kurzen Zeit noch keinem keinem städtischen Betrieb auferlegt worden. Die Ausbauschritte sind noch nicht im Detail festgelegt. Der Gemeinderat soll aber in der kommenden Woche die strategische Neuausrichtung der heute nur rund 100 Mitarbeitende zählenden GmbH verabschieden. Damit sind rund 350 neue Stellen verbunden.

Rund 350 neue Stellen

Für die Stadtwerke werde „ein neues Zeitalter eingeläutet“, sagt Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU). Finanzbürgermeister Thomas Fuhrmann (CDU) spricht von einer „spürbaren Herausforderung, auch für den städtischen Haushalt“. Den Zeitenwechsel hat der Gemeinderat vor der Sommerpause vorbestimmt, als er das Ziel der Klimaneutralität im Jahr 2035 (statt zuvor 2050) verabschiedete.

Wo können Wärmequellen angezapft werden?

Bei der Strategie habe man sich am Klimafahrplan der Stadt orientiert, so Peter Drausnigg, der Technische Geschäftsführer der Stadtwerke. Man definierte den eigenen Beitrag. Der soll erheblich sein. Das Unternehmen traut sich zu, 20 Prozent zur bis 2036 nötigen Kohlendioxid-Einsparung beizutragen. Dazu will man nicht nur in- und außerhalb Stuttgarts Ökostrom erzeugen, sondern auch „alle Umweltwärmequellen in Stuttgart erschließen“. Um diese Aufgabe anzugehen sind die Stadtwerke auf die Vorarbeit des Amts für Umweltschutz angewiesen. Es will im kommenden Jahr eine Wärmeplanung vorlegen, die aufzeigt, wo im Stadtgebiet Wärmequellen nutzbar gemacht werden können. Als Beispiele gilt die Abwärme-Nutzung großer Abwasserkanäle wie unter der Cannstatter Straße und die von Kühlanlagen für Rechenzentren wie am Uni-Standort in Vaihingen.

Nicht auf allen Feldern Rendite

Ohne die Mithilfe privater Eigentümer könnte die Wärmewende zu einem zähen Unterfangen entwickeln. Zwar streben die Stadtwerke laut Strategiepapier „in allen Bereichen positive Renditen an“, explizit ausgenommen sind aber „leitungsgebundene Wärmelösungen“.

Die Neuausrichtung der Stadtwerke hat ihren Preis. Schon bis 2025 wird voraussichtlich eine Milliarde Euro für Investitionen benötigt. Zwei Drittel davon könnte sich der kaufmännische Stadtwerke-Geschäftsführer Martin Rau am Kreditmarkt holen müssen. Eine Eigenkapitalspritze von 100 Millionen hat der Gemeinderat mit dem jüngsten Haushaltsabschluss gebilligt, fehlen also noch rund 233 Millionen. Die Stadtwerke gehören zur Holding Stuttgarter Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft (SVV), die Ende 2020 Fonds mit einem Zeitwert von rund 442 Millionen Euro in den Büchern hatte. Diese Schatzkiste soll den Stadtwerken allerdings verschlossen bleiben und zum Defizitausgleich der Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) geleert werden. Im Jahr 2025 sei die Summe wohl aufgebraucht.

Kommt die Klima-Anleihe?

Daher müssen die Energie-Investitionen direkt aus dem Stadthaushalt bezuschusst werden. Die CDU hatte zu dem Thema vor zwei Jahren eine städtische Klima-Anleihe mit einer damals attraktiven Verzinsung von 2,5 Prozent ins Spiel gebracht, die Verwaltung sah haushalts- und gemeindeverfassungsrechtliche Bedenken. Für die Stadtwerke GmbH könnte die Idee aber wieder aufleben. Die Kapitalzuführung direkt aus der Stadtkasse sei jedenfalls „abhängig vom Finanzierungskonzept“, so Nopper gegenüber dem Gemeinderat.