Vor der Finanzkrise befanden sich viele Landesbanken in der Sinnkrise – ihr Kerngeschäft warf nicht genug Ertrag ab. Um die Gewinne aufzupolieren, gingen sie hohe Risiken ein, an denen auch die LBBW noch schwer zu tragen hat.
Vor der Finanzkrise befanden sich viele Landesbanken in der Sinnkrise – ihr Kerngeschäft warf nicht genug Ertrag ab. Um die Gewinne aufzupolieren, gingen sie hohe Risiken ein, an denen auch die LBBW noch schwer zu tragen hat.
Stuttgart - Mit einem geplanten Milliardengeschäft will sich die Landesbank von einem Teil ihrer hoch riskanten Wertpapiere trennen, die noch immer in ihrer Bilanz schlummern und für ihre Eigentümer den Charakter einer Zeitbombe haben. Nach Informationen unserer Zeitung hat der Landesbank-Vorstand die drei Eigentümer der Bank – das Land, den Sparkassenverband Baden-Württemberg und die Stadt Stuttgart – kurzfristig um die Zustimmung zum Verkauf von Papieren im Umfang von 4,7 Milliarden Euro gebeten. Bis heute haften die Träger für den Fall, dass diese Papiere nur mit Verlust verkauft werden oder aber bei Endfälligkeit nicht eingelöst werden.
Diese milliardenschweren Garantien können die drei Träger deutlich zurückfahren. Auf dem Höhepunkt der Krise im Jahr 2009 lagen diese bei 12,7 Milliarden Euro. Im Gegenzug müssen sich die Träger auf deutlich sinkende Provisionseinnahmen einstellen, die die Bank ihnen für die Übernahme des Risikos zahlt. Diese beliefen sich im vergangenen Jahr auf 308 Millionen Euro und gehen nach einem Verkauf in dreistelliger Millionenhöhe zurück. Ein Teil der Einbußen dürfte auf indirektem Wege an Stadt, Land und Sparkassen zurückfließen, denn durch die gekürzten Ausschüttungen steigt der Gewinn der LBBW, der zumindest teilweise an die Eigentümer ausgeschüttet wird.
Nach Informationen unserer Zeitung findet sich für den Verkauf eine große Mehrheit bei allen drei Eignern, die seinerzeit eingesprungen waren, um zu verhindern, dass die Bank wegen unzureichender Eigenkapitalausstattung ihre Lizenz verliert. Der Sprecher von Finanzminister Nils Schmid (SPD) sagte, die Träger würden prüfen, „ob die Bank das Verbriefungsportfolio verkaufen kann. Damit könnten gegebenenfalls Risiken, die sich aus der Garantie der Träger gegenüber der LBBW ergeben, abgebaut werden.“ Der Gemeinderat der Stadt Stuttgart beschäftigt sich an diesem Donnerstag in einer nichtöffentlichen Sondersitzung mit dem Thema; Beobachter gehen davon aus, dass die Sparkassen am Montag zustimmen werden. Die Sprecher der Stadt Stuttgart und des Sparkassenverbands wollten sich auf Anfrage nicht äußern. Die Kurzfristigkeit der geplanten Entscheidung deutet darauf hin, dass die LBBW bereits in fortgeschrittenen Gesprächen mit Interessenten ist.
Wertpapiere sollten die Rendite treiben, doch sie trieben die Bank an den Rand der Zahlungsunfähigkeit
Um die Rendite zu erhöhen, hatte die Bank bis zur Finanzkrise im großen Stil Wertpapiere gekauft, die sich später als hoch riskant und kaum verkäuflich erwiesen. Ende 2008 hatte die Bank Papiere für 95 Milliarden Euro auf der hohen Kante, die sie über die Jahre auf inzwischen neun Milliarden reduzierte. Hinzu kommen allerdings besonders gefährliche Papiere in Milliardenhöhe, die von den Trägern eigens abgesichert wurden, so dass die Vorsorge für diese Risiken das Eigenkapital nicht noch weiter mindern konnte.
6,7 Milliarden davon stammten ursprünglich aus dem Bestand der LBBW, sechs Milliarden hat die LBBW von der früheren Landesbank Sachsen übernommen, das sich aber nur mit 2,75 Milliarden Euro an dem Rettungsschirm beteiligte, von denen bereits eine Milliarde fällig wurde. Somit trägt die Landesbank nach wie vor Risiken der ehemaligen Landesbank Sachsen in Milliardenhöhe. Vom 6,7-Milliarden-Paket der LBBW sind inzwischen zwei Milliarden abgebaut; das verbleibende Paket von 4,7 Milliarden Euro soll nun durch einen Verkauf aus der Bilanz verschwinden.
Die Marktlage ist derzeit günstig für ein solches Geschäft, sagen mit dem Vorgang befasste Personen. Die als besonders risikofreudig geltenden Hedgefonds würden davon ausgehen, dass sich die riskanten Papiere wieder erholen würden; zudem ist die Finanzierung angesichts der Niedrigstzinsen sehr günstig. Allerdings sei damit zu rechnen, dass die LBBW beim Verkauf der Papiere, die mit 4,7 Milliarden Euro in den Büchern stehen, geringe Verlusten in Kauf nehmen müsse. Dem müsste allerdings gegenübergestellt werden, dass die Träger über die Jahre Provisionsleistungen in Milliardenhöhe vereinnahmen konnten. Überdies sei selbst ein Verkauf mit Verlust aus Sicht der Eigentümer besser, als auf Jahrzehnte hin auf einem Pulverfass sitzen zu bleiben, heißt es. Die letzten Papiere wären im Jahr 2094 fällig geworden.