Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) will den Milchbauern finanziell helfen, setzt aber vor allem auf freiwillige Absprachen zwischen Handel, Molkereien und Erzeuger.
Berlin - Das etwas großspurig als „Milchgipfel“ angekündigte Spitzengespräch zwischen Vertretern der Bauern, des Handels und der Molkereien hat eine nicht mehr überraschende finanzielle Zusage und einige Appelle gebracht. Die Betroffenen bleiben skeptisch. Das Ergebnis im Einzelnen:
Um welche Geldsummen geht es?
„Hundert Millionen plus X“ – das ist das Versprechen von Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) an die klammen Milchbauern. Wie groß dabei das X ausfallen wird, ist allerdings noch offen. Das hängt auch von Gesprächen ab, die Schmidt mit Finanzminister Wolfgang Schäuble und den Haushaltsexperten der Koalitionsparteien zu führen hat. Allerdings hat sich der Landwirtschaftsminister schon festgelegt, in welcher Form die Politik den Bauern helfen will: Der größte Brocken entfällt auf einen höheren Zuschuss des Bundes für die obligatorische Unfallversicherung der Landwirte. Das allein schlägt mit 78 Millionen Euro zu Buche. Darüber hinaus will der Bund den Milchbauern helfen, die aufgrund von Investitionsentscheidungen in Liquiditätsengpässe geraten sind. Hier denkt die Bundesregierung an Ausfallbürgschaften. Es soll erreicht werden, dass in Not geratene Milchbauern unter bestimmten Bedingungen zins- uns tilgungsfrei gestellt werden können. Schließlich soll es eine „steuerliche Glättung“ geben. Schmidt will erreichen, dass bei der steuerlichen Veranlagung das durchschnittliche Einkommen der letzten drei Jahre zur Grundlage genommen wird, umso Nachteile aus erheblichen Marktschwankungen auszugleichen.Und: Wer eine landwirtschaftliche Fläche verkauft, bekommt einen steuerlichen Freibetrag von 150000 Euro, sofern der Käufer die Fläche drei Jahre lang landwirtschaftlich nutzt und der Verkaufserlös in die Schuldentilgung fließt. Zusätzliches Geld soll von den Ländern kommen, deshalb will sich Schmidt in der nächsten Woche mit seinen Länderkollegen treffen.
Gibt es gesetzliche Änderungen am System der Preisbildung?
Ja. Der aktuell niedrigere Milchpreis ist aus Sicht Schmidts viel zu niedrig: „Das halten unsere Bauern nicht lange durch“, sagte er. Damit weniger Milch erzeugt werde und der Milchpreis wieder steige, soll es Molkereien und Landwirten möglich sein, die Menge zu steuern. Darüber sollen beide Seiten rasch Absprachen treffen: „Ein Weiter so darf es nicht geben.“ Wenn diese Mengensteuerung nicht rasch einsetze, werde der Staat sie vorschreiben. Deshalb kündigte er an, „kartellrechtliche Ausnahmen“ bei Absprachen über Produktionsmengen zuzulassen. Der Staat will ermöglichen, dass sich Handel, Molkereien und Erzeuger auf ein gemeinsames Marktmanagement verständigen können – mit dem Ziel einer Mengensteuerung in Richtung Produktionssenkung. Warum es zu solchen Verständigungen kommen sollte, ist allerdings nicht so recht klar. das Interesse der verschiedenen Beteiligten – Einzelhandel, Molkereien, Milchbauern – ist durchaus unterschiedlich.
Haben die Bauern etwas von der EU zu erwarten?
Möglicherweise. Brüssel hatte schon im vergangenen Jahr ein Liquiditätsprogramm in Höhe von 500 Millionen Euro aufgelegt. Davon flossen nach Angaben von Christian Schmidt 70 Millionen nach Deutschland, die auch an betroffene Bauern geflossen seien. Schmidt sagte, er werde sich im Gespräch mit der EU-Kommission für eine „zweite Tranche“ einsetzen. Unwahrscheinlich ist dagegen, dass die Kommission von sich Maßnahmen zu einer aktiven Mengensteuerung einleiten wird. Sicher wird es kein Zurück zu einer Quotenregelung geben.
Was sagen die Milchbauern?
Romuald Schaber, der Vorsitzende des Bundesverbandes der deutschen Milchbauern (BDM) hat im Gespräch mit unserer Zeitung die Ergebnisse des Gipfels scharf kritisiert. Die Runde beim Minister habe „gar nichts dazu beigetragen, die Krise zu überwinden“, sagte Schaber. Er befürchte sogar einen negativen Effekt: „Da ist noch Öl ins Krisenfeuer gegossen worden“, sagte der BDM-Chef. „Es wird Geld dafür ausgegeben, dass die Produktion weiter auf so hohem Niveau laufen kann. Das Geld hätte über Ausgleichszahlungen in die Reduzierung der Milchmenge gesteckt werden müssen.“ Da hatte sich Schmidt aber eindeutig positioniert. Es werde kein Geld dafür geben, dass keine Milch produziert wird, hatte er gesagt. Schaber glaubt auch nicht, dass es zu tragfähigen Vereinbarungen zwischen Milchbauern, Molkereien und Handel kommen wird. Schaber: „Die Runde hat sich da einfach auf eine Floskel verständigt. Molkereien und Erzeuger haben ganz unterschiedlichen Interessen. Wie es bei diesen widersprüchlichen Zielen eine gemeinsame Verabredung geben kann, sehe ich einfach nicht“.