AfD-Demo gegen den Migrationspakt vor dem sächsischen Landtag: Die CDU hat das Thema monatelang der AfD überlassen Foto: dpa-Zentralbild

Die Debatte in der CDU über den Migrationspakt kommt zu spät, meint unser Kommentator Rainer Wehaus. Jetzt kann die Partei dabei nur noch verlieren.

Stuttgart - Nach dem angekündigten Rückzug von Kanzlerin Angela Merkel sucht die CDU eine neue Parteiführung, die unter anderem in der Flüchtlingspolitik neue Akzente setzen und so der rechtsgerichteten AfD Stimmen abjagen soll. Soweit der Plan. Wie es allerdings garantiert nicht funktioniert, demonstriert die Partei gerade beim Migrationspakt. Während weltweit ein Land nach dem anderen von der Fahne ging, haben es die deutschen Konservativen monatelang der AfD überlassen, die Kritik an dem Pakt zu bündeln und das Thema in den Bundestag zu tragen. Meinungsführerschaft geht anders.

Bedenken nicht ernstgenommen

Im Bundestag hat die Union dann den Abgeordneten Stephan Harbarth als Wortführer ans Rednerpult geschickt. Der arbeitete sich – wie alle anderen – vor allem an den Übertreibungen der AfD ab statt sich mit den ernst zu nehmenden Bedenken auseinanderzusetzen, die es gegen den Migrationspakt sehr wohl auch gibt. Dass Harbarth den Pakt fast schon leidenschaftlich verteidigte, könnte auch damit zu tun haben, dass er Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichtes werden will und dafür sowohl im Bundestag als auch im Bundesrat eine Zweidrittel-Mehrheit braucht. Grüne und SPD aber werden keinen Kandidaten mittragen, der etwas gegen Migration hat.

Naive Flüchtlingspolitik

Das System Merkel ist freilich in Auflösung begriffen, die parteiinternen Kritiker des bisherigen CDU-Kurses werden immer lauter. Und so entbrennt nun in der Union doch noch eine Debatte um den Migrationspakt, der in der Tat den Geist von Merkels naiver Flüchtlingspolitik atmet. Gewinnen kann die CDU mit dieser Debatte allerdings nichts mehr. Sie steht als Nachzügler da, der der AfD hinterher hechelt. Wer die AfD wirklich kleinkriegen will, muss solche Themen frühzeitiger und glaubhafter aufgreifen.

rainer.wehaus@stuttgarter-nachrichten.de