Nicht mit Zwang, wie hier bei einer Abschiebung, sondern mit Anreizen für eine freiwillige Rückreise von Flüchtlingen hat sich der Ludwigsburger Kreistag befasst. Foto:  

Flüchtlinge aus dem Bürgerkriegsland, die wieder in ihrer alten Heimat leben wollen, erhalten künftig vom Landkreis Ludwigsburg Geld. Dafür müssen sie bestimmte Auflagen erfüllen – und versichern, dass sie nicht mehr nach Deutschland einreisen.

Ludwigsburg - Flüchtlinge aus Syrien, die freiwillig in ihr Heimatland zurückkehren, erhalten dafür künftig eine finanzielle Unterstützung aus dem Ludwigsburger Landratsamt. Das hat der Sozialausschuss am Montag entschieden.

Konkret geht es um Geld für den Flug, um eine sogenannte Reisebeihilfe, von der zum Beispiel Verpflegung während der Tour gekauft werden kann und um exakt 1000 Euro, die jeder Rückkehrer erhält, um in Syrien neu anfangen zu können. Insgesamt kann jeder, der ausreisen will, so rund 2000 Euro bekommen.

Die Gesamtkosten teilen sich das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und der Kreis. Da die Zahl derer, die das Angebot in Anspruch nehmen werden, nach Schätzungen des Landratsamts aber nicht mehr als 20 Personen pro Jahr groß sein wird, hält sich die Summe, die der Kreis aufbringen muss, in Grenzen: rund 11 000 Euro.

Die Rückkehr muss freiwillig sein

Für Martin Schliereke, den Leiter des Fachbereichs Asylbewerber im Landratsamt, geht es darum, ein bestehendes Angebot auszubauen: Denn bereits seit zehn Jahren gibt es eine Beratungsstelle, die freiwillige Rückkehrer vorbereitet. Sie wird laut Schliereke derzeit hauptsächlich von Menschen frequentiert, die zurück in den Irak oder nach Afghanistan reisen wollen. Im vergangenen Jahr hat der Kreis 74 von ihnen nach einer Beratung im Landratsamt dafür Geld überwiesen. In diesem Jahr waren es zwölf freiwillige Rückkehrer.

In letzter Zeit sei die Zahl derer, die freiwillig nach Syrien zurückkehren wollen, gestiegen, erklärt Schliereke, deshalb wolle man das nun möglich machen. Die meisten derer, die zurückwollen, das betont der Fachbereichsleiter, seien anerkannte Asylbewerber. Sie würden durch die Rückreise auf ihren Aufenthaltstitel hierzulande verzichten. Und auch sonst sind die Voraussetzungen, unter denen das Geld für die Heimreise ausbezahlt werden kann, strikt: Es muss eine Erklärung unterzeichnet werden, dass die Ausreise freiwillig ist – und die Rückkehr in die alte Heimat muss dauerhaft sein. Landen diejenigen, die Geld vom Kreis genommen haben, doch wieder in Deutschland, müssen sie die Hilfe zurückzahlen.

Grüne scheitern mit einem Antrag

Gleichwohl ist das Vorgehen politisch nicht unumstritten: eine Rückkehr nach Syrien sei gerade für Männer riskant, drohe ihnen doch, in die Armee eingezogen zu werden oder sogar im Gefängnis zu landen, weil sie als Deserteure gelten würden, sagte die Grünen-Kreisrätin Andrea Stockmayer-Mohn. In der Beratung vor einer freiwilligen Ausreise müsse daher ganz klar auf diese Risiken hingewiesen werden. Keiner dürfe zur Rückkehr gedrängt werden. Auch die SPD-Rätin Dorothea Bechtle-Rüster sagte, ihre Fraktion sei „skeptisch, was die Sicherheitslage in Syrien angeht“. Schließlich warne das Auswärtige Amt vor Reisen in das arabische Land. Denjenigen, die dorthin aus freien Stücken zurückkehren wollen würden, müssten darüber informiert werden.

„Freiwillig bedeutet freiwillig“, sagte der Landrat Rainer Haas (parteilos). Über die Gefahren in der Heimat müsse man die Flüchtlinge, die zurück wollten, auch nicht aufklären: „Darüber wissen die besser Bescheid als wir.“ Mit einem Antrag, diese Richtlinien festzuschreiben, scheiterten die Grünen denn auch.

Laut der Verwaltung spart der Kreis durch das Modell unter dem Strich Geld ein: weil er für die Rückkehrer keine Sozialleistungen mehr überweisen muss. Beinahe 17 000 Euro im Jahr, so schätzt es der Fachbereich Asyl, würde der Kreis sparen, wenn die prognostizierte Zahl von 10 bis 20 Flüchtlingen aus Syrien das Angebot annehmen würde.

Angebot
Ebenfalls beschlossen hat der Sozialausschuss des Kreistages, eine Trauma-Sprechstunde für Flüchtlinge einzurichten. Einmal im Monat wird diese fortan von einem Arzt, der auf Psychiatrie und Psychotherapie spezialisiert ist, für drei Stunden abgehalten. Stattfinden soll sie in den Räumen des Kreises, ein Dolmetscher ist ebenfalls vor Ort. Die Anmeldungen erfolgen über den Sozialdienst des Landratsamts. Alle zwei Wochen gibt es zudem eine Gruppenberatung. Der Grund: viele der mehr als 6000 Flüchtlinge, die der Kreis betreut, seien traumatisiert und verhielten sich psychisch auffällig, erklärt Martin Schliereke, der den Fachbereich Asylbewerber leitet. Diesen Menschen soll geholfen werden.

Kosten
Das neue Beratungsangebot kostet den Kreis pro Jahr rund 11 000 Euro. Dieser Ausgabe stimmten die Kreisräte einhellig zu.