Auch hier entstehen in den oberen Geschossen Mietwohnungen. Der Neubau für die Volkshochschule schräg gegenüber des Fellbacher Bahnhofs. Foto: Patricia Sigerist

Winnenden und Leutenbach sind ebenso mit im Boot. Land fördert das Quartett mit maximal 50 000 Euro. Der Mietspiegel in Fellbach soll künftig deutlich präzisere und realistischere Erkenntnisse bringen als bisher.

Fellbach - Der Mietspiegel in Fellbach soll künftig deutlich präzisere und realistischere Erkenntnisse bringen als bisher. Das jedenfalls verspricht die Stadtverwaltung, die durch das gemeinsame Erheben der Daten mit drei anderen Kommunen im vorderen Remstal einen qualifizierten Mietspiegel erstellen will. Zu den Kooperationsgemeinden gehört auch das benachbarte Kernen. Durch dieses neue Konzept lasse sich das wirkliche hiesige Mietpreisgefüge darstellen. Im Gemeinderat äußerte allerdings vor allem die SPD-Fraktion erhebliche Vorbehalte.

Ein qualifizierter Mietspiegel wird nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt und von der Gemeinde oder von Interessenvertretern der Mieter und Vermieter anerkannt, erläuterte Baubürgermeisterin Beatrice Soltys im Lokalparlament. Die für Fellbach bisher erstellten Mietspiegel lehnen sich mit einem Abschlag an den Stuttgarter Mietspiegel an. Die Folge: Die Mietspiegel „spiegeln eben nicht das wirkliche Mietpreisgefüge beziehungsweise die ortsübliche Vergleichsmiete von Fellbach wider.“ Diese Methode sei „nicht mehr zeitgemäß“, urteilt Soltys.

Da kommt ein kürzlich aufgelegtes Förderprogramm der Landesregierung gerade recht

Der künftige Vorteil liege nun eben in der exakten Erfassung – der Mietspiegel orientiere sich also nicht mehr an Stuttgart minus einem gewissen Fellbacher Abschlag. Das Problem ist, dass ein eigener qualifizierter Mietspiegel einen sehr hohen Aufwand erfordert, also relativ teuer ist. Da kommt ein kürzlich aufgelegtes Förderprogramm der Landesregierung gerade recht.

Denn als bundesweit erstes Bundesland fördert Baden-Württemberg ab sofort Kooperationsprojekte zur Erstellung qualifizierter Mietspiegel. „Mit dieser Maßnahme leistet das Land einen weiteren wichtigen Beitrag, um auf den angespannten Wohnungsmarkt zu reagieren“, so die lobende Einschätzung der Fellbacher Verwaltung.

Bereitgestellt wird dieses Fördergeld durch das Stuttgarter Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau, um Mietspiegel zu erstellen, die „ein wichtiges Instrument für die Transparenz unserer lokalen Wohnungsmarkte“ seien. Verteilt wird dieses Fördergeld aber nur, wenn mindestens zwei Gemeinden einen gemeinsamen qualifizierten Mietspiegel erheben. Die Fördersumme durchs Ministerium für Wirtschaft und Wohnungsbau liegt bei 50 Cent je Einwohner, ist allerdings auf einen Höchstbetrag von 50 000 Euro je Kooperationsprojekt begrenzt.

Auf der Suche nach entsprechenden Partnern wurde Fellbach in der Nachbarschaft fündig: Neben Kernen sind dies noch die Gemeinde Leutenbach und die Große Kreisstadt Winnenden, die gemeinsame Sache machen und als Partnerkommunen einen qualifizierten Mietspiegel entwickeln wollen. Auf die entsprechende Bewerbung des Quartetts kam jetzt die Zusage des Landes. Fellbach ist bei dem Projekt mit 16 000 Euro Eigenleistung dabei.

Die SPD hingegen zeigte sich wenig begeistert

Die Diskussion im Gemeinderat brachte Zustimmung wie Ablehnung. Ulrich Lenk (FW/FD) unterstützte diesen „Versuch“, wie er es nannte. Statt der strittige Methode, die Stuttgarter Ergebnisse mit Abschlägen zu versehen, sei es sicher sinnvoller, „die reale Situation aufzugreifen“. Das ergebe gute Daten „für alle, die sich am Mietspiegel orientieren wollen und müssen“.

Die SPD hingegen zeigte sich wenig begeistert. Dass die künftig ermittelten Miethöhen realistischer seien, „kann man glauben oder auch nicht“, so Andreas Möhlmann. Für die Fraktion stehe fest: Man hole sich so „höhere Mieten ins Haus“. Fraglich sei auch, was die Kooperation mit Kernen oder Winnenden bringe, da gebe es ja „keinen räumlichen Zusammenhang“. Auch seien die 16 000 Euro Kosten für Fellbach nicht etwa einmalig, sondern stünden nach vier Jahren ja wieder an. Fazit: „Die SPD sieht keine Vorteile und lehnt den Antrag ab.“

Beatrice Soltys widersprach: Es gehe nicht um eine Erhöhung von Mieten, sondern um eine neutrale Erhebung. Das sei wichtig auch für den sozial geförderten Wohnraum. Am Ende ging die Kooperation für den qualifizierten Mietspiegel mit 15 zu acht Stimmen bei zwei Enthaltungen einigermaßen klar durch. Damit ist nun die Ausschreibung an Fachinstitute möglich, die demnächst die Daten erheben und auswerten. Die Erhebung der Daten wird nach Soltys’ Auskunft von Oktober bis Dezember dieses Jahres erfolgen.