Im April 2019 demonstrierten hunderte Bürger auf dem Stuttgarter Schlossplatz gegen zu hohe Mieten in der Stadt. Foto: Archiv/Lichtgut/Christoph Schmidt

Filderstadt und Leinfelden-Echterdingen haben einen gemeinsamen Mietspiegel aufgelegt. Er gibt Orientierung, wie realistisch eine angegebene Miete ist. Und er zeigt, wie hoch hier das Preisniveau bereits ist.

Filderstadt/Leinfelden-Echterdingen - Die Mieten steigen, aber sind Preise, die in Annoncen angegeben werden, realistisch? Und was kann ein Eigentümer eigentlich für eine Wohnung verlangen? In Filderstadt und Leinfelden-Echterdingen soll Bürgern nun ein neuer qualifizierter Mietspiegel an die Hand gegeben werden. Dafür haben beide Städte zusammengearbeitet. Eine solche Kooperation ist nicht unüblich. Auch Steinenbronn und Waldenbuch machen aktuell gemeinsame Sache.

Umfrage unter Mietern und Eigentümern

Grundlage des Ganzen ist in den beiden Filderkommunen eine Umfrage, die das Institut ALP gemacht hat. Stichprobenartig wurden Mieter und Eigentümer angeschrieben, um Infos zur ortsüblichen Vergleichsmiete zu erhalten. Der Rücklauf: 938 Datensätze, davon 445 aus Filderstadt. Sie zeigen, dass man im Schnitt in Leinfelden-Echterdingen 10,67 Euro pro Quadratmeter zahlt, in Filderstadt 10,07 Euro. Freilich sind Neuvermietungen deutlich teurer (L.-E.: 11,22 Euro pro Quadratmeter, Filderstadt: 10,74 Euro) als Bestandsmieten (L.-E.: 9,40 Euro, Filderstadt: 8,62 Euro).

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Wie funktioniert nun der Mietspiegel? ALP hat eine Tabelle erstellt, aus der man aus der Wohnfläche zunächst eine Basisnettokaltmiete ersehen kann. Dann geht es um die Ausstattung. Fernsicht, Fluglärm, ÖPNV, Sanitärausstattung, Küche oder Bodenbeläge geben Punktzuschläge oder -abzüge. Auch das Alter der Immobilie und der Standort spielen eine Rolle. Während ALP ganz Leinfelden-Echterdingen als neutral eingestuft, werden für Bernhausen, Bonlanden, Sielmingen und Plattenhardt drei Prozent niedrigere Mieten angesetzt. Bei Harthausen sind es gar minus 14 Prozent.

Das erleichtert das Rechnen für die Betroffenen

In Kraft treten soll der Mietspiegel am 1. Januar 2022, sofern sämtliche Gremien in beiden Kommunen zustimmen. Veröffentlicht werden sollen die Daten dann in Form einer Broschüre und eines Online-Tools. Beides soll laut Johannes Promann von ALP auf den Homepages der Kommunen zu finden sein und das Ausrechnen erleichtern.

In Filderstadt hat der Verwaltungsausschuss einhellig zugestimmt, der Gemeinderat wird am 13. Dezember befragt. Tenor im Ausschuss: Ein solcher Mietspiegel biete Rechtssicherheit für Mieter und Vermieter – auch wenn er einem schmerzlich vor Augen führe, wie knapp man hinter den Stuttgarter Preisen sei. Die lagen laut dortigem Mietspiegel von Mitte 2020 im Schnitt bei 10,34 Euro pro Quadratmeter.

Und auch die interkommunale Zusammenarbeit kam gut an – sowohl im Filderstädter Rechtsreferat als auch im Gremium. „Das darf auch bei anderen Dingen so weitergehen“, sagte Stefan Hermann (Freie Wähler). Uneinigkeit herrschte lediglich bei der Beurteilung von Harthausen als am wenigsten begehrenswerter Wohnort. „Spielen Naherholungsgebiete in den Randzonen keine Rolle?“, wollte Ulrich Steck (CDU) wissen. Die Antwort kam von Bernd Menz (SPD). Er fand die Einordnung berechtigt. Harthausen liege in punkto Einkaufsmöglichkeiten oder Verkehrsanbindung weit hinten.

Durchschnittsmiete ist laut Bürgermeister „ein Wort“

In Leinfelden-Echterdingen erfolgte die Vorstellung des gemeinsamen Mietspiegels während der Sitzung des Verwaltungs-, Kultur- und Sozialausschusses (VKS) am vergangenen Mittwoch. „Ich bin froh, dass es so gut gelungen ist“, sagte der Bürgermeister Carl-Gustav Kalbfell erfreut. Das Ergebnis mit einer Durchschnittsmiete von 10,67 Euro pro Quadratmeter sei allerdings schon „ein Wort“, meinte er. Voraussichtlich im neuen Jahr soll ein Mietpreisrechner auf der Homepage der Stadt eingestellt werden.

Für die SPD-Fraktion betonte die Stadträtin Barbara Sinner-Bartels, dass durch die Datenerhebung die bereits vermuteten Erkenntnisse nun detailliert dargestellt werden können. „Wir wussten schon vorher, dass Leinfelden-Echterdingen ein teures Pflaster ist. Jetzt wissen wir es genau“, sagte sie. Darüber hinaus werde durch den Mietspiegel keine einzige neue Wohnung geschaffen, stellte sie klar. Die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum bleibe eine dringende Aufgabe. Doch immerhin gebe es nun dank des neuen Mietspiegels mehr Transparenz und Rechtssicherheit.

Dass es bei den Mietdaten um die Kaltmieten geht, hob der Stadtrat Martin Klein (Bündnis 90/Die Grünen) hervor. „Die Nebenkosten kommen noch dazu, und sie sind brutal gestiegen“, sagte er. Viele Menschen müssten einen großen Teil ihres Einkommens für das Wohnen ausgeben.