Die neue Grundsteuer entlastet in der Summe Gewerbebetriebe. War das beabsichtigt? Der Mieterbund fordert Anpassungen. Der Minister verweist darauf, dass Kommunen eine andere Steuer erhöhen können.
Gewerbebetriebe werden durch die neue Grundsteuer in Baden-Württemberg in der Summe entlastet, die Belastung für Wohngebäude und damit auch für Mieter steigt. Mehrere Städte hatten diese Verschiebungen untersucht. Während Gewerbeimmobilien vor der Reform in der Regel zwischen 40 und 50 Prozent zum Steueraufkommen beitrugen, waren es in Ulm nach der Reform noch rund zehn,in Ravensburg 25 Prozent. Auch in Mannheim, Weingarten und Freiburg zeigte sich ein ähnliches Bild.
„Grob unsozialer Fehler“
Diese Entwicklung hat den Deutschen Mieterbund in Baden-Württemberg auf den Plan gerufen. Er befürwortet zwar das vom Land für die Neuberechnung gewählte Bodenwertmodell, weist aber auf einen nun erkennbaren „grob unsozialen Fehler“ hin. Dieser müsse, so die Forderung des Mieterbund-Landesvorsitzenden Rolf Gaßmann, korrigiert werden. Gaßmann weiß auch, wie das geschehen könnte: Einige Bundesländer hätten der unerwünschten Verschiebung vorgebeugt, „indem sie für Gewerbegrundstücke eine deutlich höhere Messzahl beschlossen haben“. Weil in Baden-Württemberg der Abschlag für Wohngrundstücke mit 30 Prozent zu gering sei, „war die Umverteilung im Landesgesetz programmiert“, so Gaßmann. Der Mieterbund forderte in einem Brief an Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) eine „unverzügliche Korrektur“.
Bayaz: Wohnen wird geschützt
Bayaz hat dem Mietervertreter nun geantwortet – mit einer klaren Abfuhr. Dass es zu Belastungsverschiebungen kommen werde, sei „von Anfang an klar und unvermeidlich“ gewesen, schließlich habe das Bundesverfassungsgericht die alte Einheitsbewertung des Grundbesitzes für verfassungswidrig erklärt. Um das Grundbedürfnis Wohnen zu schützen, habe man einen Dreißig-Prozent-Abschlag bei der Steuermesszahl ins Gesetz geschrieben, bei gefördertem Wohnraum zusätzlich von 25 Prozent. Derzeit stehe noch nicht endgültig fest, in welchem Umfang Wohngrundstücke stärker belastet würden.
Steuerempfehlung des Ministers
Die Landesregierung könne den Blick nicht auf Entwicklungen in einzelnen Kommunen richten, sondern müsse den landesweiten Durchschnitt im Blick haben. Erste Daten deuteten darauf hin, dass das Wohnen im Durchschnitt nicht wesentlich mehr belastet werde. Gewerbliche Grundstücke würden unterschiedlich entlastet. Kommunen könnten, so Bayaz, selbst reagieren und nicht nur die Grund-, sondern auch die Gewerbesteuer in den Blick nehmen und diese „anpassen“, um eine zu starke Belastung des Wohnens zu verhindern. Unbebaute Grundstücke könnten zudem mit einer neuen Grundsteuer C belegt werden. Insgesamt sehe er „derzeit keinen Anlass, das Landesgrundsteuergesetz zu korrigieren“, so der Finanzminister. Gaßmann ist mit der Antwort unzufrieden. „Jetzt die Gewerbesteuer zu erhöhen wäre Unsinn“, sagt er. Bei der Konzeption der neuen Grundsteuer sei auch der Flächenverbrauch ein Kriterium gewesen. Gewerbegebiete brauchen viel Fläche, die Grundstücke würden von Kommunen aber zur Wirtschaftsförderung vergleichsweise günstig abgegeben.