Thomas D. und Michi Beck sind bald 30 Jahre die Hälfte der Fantastischen Vier. Foto: Reiner Pfisterer

Michi Beck und Thomas D. von den Fantastischen Vier kennen sich mehr als ihr halbes Leben. Ein Gespräch über Freundschaft, Stuttgarter Bausünden, Schwaben und Selbstkritik.

Stuttgart - Die Fantastischen Vier sind eine der erfolgreichsten deutschen Bands. Ihr erstes Konzert hatten sie am 7. Juli 1989 in Stuttgart-Wangen. 28 Jahre später: Waldhotel Degerloch. Thomas D. und Michi Beck treffen sich hier, weil sie einen Termin in Stuttgart haben.

Thomas wartet auf Michi, trägt eine 4 an der Gürtelschnalle, schaut aufs Smartphone. Michi Becks Flieger aus Berlin ist gelandet, er ruft Thomas an: „Hallo Michbeck!“ Thomas bleibt in der Lobby bei Sojamilch-Cappuccino nicht unerkannt. „Darf ich mal kurz die Hand schütteln?“ „Klar, was macht ihr hier?“ „Fortbildung. Mist, ich habe nichts zu schreiben dabei.“ „Lass uns ein Foto machen, Selfies sind die neuen Autogramme“, sagt Thomas D., ganz der Popstar zum Anfassen im wörtlichen Sinne.

Ein Gespräch mit Michi Beck und Thomas D. über Stuttgarter Lieblingsplätze, ihr Weggang und warum Stuttgart, wie ein Reagenzglas funktionierte.

Hallo Michi Beck, hallo Thomas D. Wenn Sie nach Stuttgart kommen, fühlt sich das noch nach Heimkommen an?
Thomas: Es ist immer ein bisschen wie heimkommen. Auch wenn wir heute anders gefahren sind als ich sonst. Über Degerloch. Im Jugendhaus Degerloch habe ich Michi Beck zum ersten Mal getroffen, als er auf dem Boden lag, gerappt hat und ihm eine Dose Bier in den Hals gekippt wurde. Das war ein toller Moment.
Wie ist das Heimkommen für Sie, Herr Beck?
Michi Beck: Es ist meine Heimat. Das bleibt immer in mir drin. Ich habe noch meinen Bruder hier, die Verwandtschaft meiner Frau und viele gemeinsame Freunde. Es besteht immer noch die Option, vielleicht irgendwann zurück zu kommen.
Gibt es gemeinsame Anlaufpunkte in Stuttgart?
Michi Beck: Ich habe meine Wohnung in meinem Elternhaus seit zwei Jahren vermietet, Weihnachten zuhause feiern, fällt also flach. Aber im Studio von Andy im Medienhaus in Heslach treffen wir uns regelmäßig. Das ist ja unser gemeinsames Haus, unser gemeinsamer Anlaufpunkt. Und ansonsten halt die Schleyerhalle.
Thomas: Ich bin eine treue Seele und gehe jedes Mal zu meinem Optiker im Königsbau. Meine Mutter wohnt in Ditzingen, das ist auch meine Heimat.
Michi Beck: Ein Ritual habe ich. Als Kind war ich im Haigst-Kindergarten. Von dort geht der Pfaffenweg runter. Und so wie Heidi vom Alm-Öhi ins Dörfli musste, bin ich immer den Pfaffenweg hoch und runter gelaufen. Das mag ich immer noch. Ich gehe in Stuttgart gern zu Fuß, weil auch die Wege andere sind als in Berlin.

„Ich finde die Innenstadt etwas schwierig. Das ist nicht meins.“

Haben Sie einen Lieblingsplatz?
Michi Beck: Ich mag die Karlshöhe und den Marienplatz.
Thomas D.: Als Landei in der großen Stadt, gehe ich mit den Kids gern auf die Königstraße.
Michi Beck: Ich finde die Innenstadt etwas schwierig. Das ist nicht meins.
Thomas D.: Sie haben ein paar schöne Bauverbrechen hingestellt, aber das machen sie in jeder Stadt.
Michi Beck: Mit dem ganzen Stuttgart21-Ding ist das im Moment schwierig durch die ganzen Bauarbeiten. Das ist schlimmer als in Berlin-Mitte. Die Innenstadt hat sich optisch nicht zu ihrem Vorteil verändert.
Thomas D.: Mir geht es auch erst mal so, dass man das Neue ablehnt, weil man das Alte noch im Kopf hat. Aber zum Beispiel da hinten bei der Bibliothek und dem riesigen Einkaufszentrum mag ich es.
Michi Beck: Ich hätte mir architektonisch mehr erwartet von Stuttgart. Es gibt so viel Leute mit gutem Geschmack und so viele tolle Architekten, die von hier stammen. Das ist natürlich Geschmackssache. Aber man hätte die Sachen architektonisch besser lösen können.
Michi Beck, Sie sind seit 15 Jahren in Berlin, Thomas, Sie sind seit 1999 in der Eifel. Sind das die richtigen Plätze für Sie?
Thomas: Ich bin ja in Ditzingen und Gerlingen aufgewachsen. Jetzt lebe ich noch weiter auf dem Land und finde es großartig. Das mag ich. Michi weiß es nie so recht. Er fragt sich jedenfalls oft, ob Berlin immer der richtige Platz für ihn sein wird.

„Vielleicht brauche ich dieses Gefühl des Nichtankommens“

Michi Beck: Meine zwei Töchter sind in Berlin geboren. Aber ich weiß es wirklich nicht. Vielleicht brauche ich dieses Gefühl des Nichtankommens. Ich fühle mich tatsächlich sehr gut in Berlin. Aber ich kann nicht sagen, dass das meine final destination ist. Irgendwann sollte man vielleicht auch der Kinder wegen eine Entscheidung treffen, bevor die zu stark ihre Wurzeln geschlagen haben.
Thomas: Ich kann sagen, dass ich nicht zurück nach Stuttgart ziehen werde. Das macht keinen Sinn für mich, wieder zurück zu kommen. Dann hätte ich auch nicht weg müssen.
Alle vier der Fantastischen Vier führen sehr verschiedene Leben an unterschiedlichen Orten. Wie funktioniert das bei jedem Album, jeder Tour aufs Neue, dass man wieder zusammen findet?
Thomas D.: Wir kennen uns über die Hälfte unseres Lebens. Da gibt es keine Entfremdung. Wenn wir zusammen sind, ist es wie immer. Wir haben gemeinsam viel erlebt, haben einen gemeinsamen Humor.