Die US-amerikanischer First Lady Michelle Obama (rechts) und Prinz Harry haben auf einem Militärstützpunkt in Virginia für die „Invictus Games“ 2016 geworben. Foto: AP

„Meine Damen, benehmen Sie sich, der Prinz ist hier“: Kokett begrüßt die First Lady der USA ihren Ehrengast, Prinz Harry. Der Anlass im tiefen Virginia aber ist ernst, es geht um das Leben schwer verwundeter Soldaten.

Fort Belvoir - So viel Glanz und Glamour erlebt Fort Belvoir nicht alle Tage: First Lady Michelle Obama und Prinz Harry geben sich in einem der größten Militärstützpunkte der USA die Ehre, werben für die „Invictus Games“ 2016. Das sind die in dieser Form einzigen internationalen Sportwettkämpfe verwundeter und versehrter Soldaten.

„Sie alle hier gehen einen langen Weg, kämpfen einen großartigen Kampf!“, ruft Obama am Mittwoch den Soldaten zu. „Ihr seid alle Helden!“ Harry, selber Soldat gewesen, sagt: „Ich war in Afghanistan - und glaubt mir, was ich dort gesehen habe, das hat mein Leben verändert.“

Die „Invictus Games“: Nach der Premiere 2014 in London messen sich nun im Mai 2016 in Orlando (Florida) etwa 500 Athleten aus 15 Ländern, darunter auch aus Deutschland. Sie treten unter anderem im Rollstuhl-Rugby und -Tennis, außerdem im Schwimmen und in Laufwettkämpfen an.

Harry gilt als einer der Initiatoren der „Invictus Games“. Anders als von offizieller Seite dargestellt, war London aber kein allzu großer Erfolg beschieden - nur wenige Länder beteiligten sich. Ohne Harrys royales Trommeln wäre die öffentliche Aufmerksamkeit vermutlich gleich Null gewesen.

„Ich bewundere Ihr Engagement für die Verwundeten, weil es aufrichtig ist“, sagt Obama an Harrys Adresse. Da bedaure sie fast, dass die USA vermutlich gleichwohl in Orlando alle Medaille einstreichen würden.

Harry, dunkelblauer Anzug und kurzer, roter Bart, lässt das nicht auf sich sitzen. Nach einer kurzen Umarmung der First Lady knurrt er gespielt zurück: „Das werden wir sehen. Ihr müsst Euch ausnahmsweise mal anstrengen, sonst wird das nichts.“

Draußen vor der Halle fällt derweil britischer Regen auf Fort Belvoir, einen Stützpunkt so groß wie eine Stadt.

Harry (Nummer vier der Thronfolge) ist schon länger nicht mehr das Enfant terrible des Königshauses, als das er gern beschrieben wird. Er hat seine Rolle in der Familie gefunden. Das Militär ist eine seiner Leidenschaften, wiederholt hat er gesagt, dass er sich unter Soldaten wohler fühlt als auf dem royalen Parkett.

Harry war selbst zweimal im Afghanistan-Einsatz

Auf dem spiegelnden Holzboden der Halle in Fort Belvoir sagt nun Ken Fischer, ein Silbermedaillengewinner von London und jetzt Mitveranstalter der Spiele: „Sport und Training sind für die Gesundheit und die Heilung verwundeter militärischer Helden extrem wichtig.“ Am Rand der Halle sagt einer der Sportler leise: „Ich wüsste überhaupt nicht, wie ich ohne das tägliche Training klarkommen sollte.“ Max Ryan ist unterschenkelversehrt, breitschultrig fährt er in seinem Rollstuhl zu einer Basketballeinlage davon.

Harry war selbst zweimal im Afghanistan-Einsatz und zuletzt mit der australischen Armee auf Manöver. Das Engagement für die Kriegsversehrten ist sein Steckenpferd, und es kommt bei den Briten hervorragend an. Der Prinz war mit Kriegsversehrten am Nordpol wie am Südpol.

Das Ansehen der Armee ist in Großbritannien und den USA sehr ähnlich: Anders als in Deutschland erfahren Soldaten fast durchgängig sehr hohe Wertschätzung in der Gesellschaft.

Allerdings gibt es in den USA wie in Großbritannien - im Gegensatz zu öffentlichen Beteuerungen - große Probleme bei der Versorgung von Veteranen. Viele sind obdachlos oder am unteren Ende der gesellschaftlichen Leiter. Reha-Zentren sind in beiden Ländern beispielsweise häufig auf freiwillige Spenden angewiesen.

In den USA gibt es weit mehr als 20 Millionen Veteranen, von denen mehr als drei Millionen nach den Anschlägen des 11. September 2001 gedient haben. Der Verband der Veteranen schätzt, dass die Hälfte aller, die in Afghanistan oder im Irak gedient haben, physische oder psychische Schäden hat.

Von diesem ernsten Hintergrund ist die First Lady an diesem fröhlichen Mittwoch natürlich weit weg. Vor einigen Jahren beging sie einen echten royalen Fauxpas und legte der Queen die Hand auf die Schulter. Das tut man nicht. Mit Prinz Harry kann sie da ungleich entspannter umgehen: Nach ihren kurzen Reden umarmen sich die beiden fest, dann nehmen sie am Spielfeldrand auf einer Metallbank Platz und sehen dem Basketball zu.