Michael Eick bezeichnet sich als das „grüne Schaf“ der Familie. Foto: privat

Für den Biologen Michael Eick sind Insekten keine lästigen Krabbeltiere. Der frühere Fellbacher Stadtrat wird in einer Serie, die am 3. April in der Fellbacher Zeitung startet, die kleinen Lebewesen näher vorstellen. Im Gespräch verrät er, was ihn an der Natur so fasziniert.

Fellbach - Michael Eick bezeichnet sich als das „grüne Schaf“ der Familie: Vater und Bruder sind Ingenieure, die Mutter technische Zeichnerin. Er dagegen ist von der Natur fasziniert. Als kleiner Junge hatte er einen Bücherschrank voller Tierlexika und eine Jahreskarte für die Wilhelma. Und als Baby hatte Michael Eick, der seine Diplomarbeit über den Steinkauz geschrieben hat, eine Plüsch-Eule von Steiff, die als Spieluhr eine Gute-Nacht-Melodie von sich gab. „Mir wurde die Eule also in die Wiege gelegt“, sagt er. Unser Autor ist der Meinung, dass Insekten eine faszinierende Tiergruppe sind. In der Serie wird Michael Eick Insekten vorstellen, die es vielleicht in einigen Jahren schon nicht mehr geben wird.

Herr Eick, gibt es das Insektensterben denn tatsächlich?

Das Insektensterben ist Fakt. Das kann jeder, der mit offenen Augen durch die Welt geht, bestätigen. Es gibt zwar leider nur relativ wenige wissenschaftliche Studien hierzu, weil man das Problem vielleicht nicht hat kommen sehen. Aber die Studien, die es gibt, belegen es eindeutig: Rückgänge von etwa drei Vierteln aller Insekten in nur 20 Jahren sind das Ergebnis der Krefelder Studie, die mittlerweile Berühmtheit erlangt hat. Dieser Schwund bezieht sich nicht auf seltene Arten, sondern auf die Masse aller Insekten. Denn die Wissenschaftler haben alle Insekten zusammen gewogen und diese Masse über die Jahre verglichen. Dabei war der Rückgang an allen Messpunkten enorm, erschreckenderweise auch in Schutzgebieten. Es gibt Hochrechnungen von Wissenschaftlern, die einen vollständigen Schwund der Populationen in den nächsten 20 Jahren prognostizieren. Wir müssen dringend etwas gegen das Insektensterben unternehmen.

Sind solche Tierfilmer wie Heinz Sielmann Vorbilder für Sie?

Ja, absolut. Menschen wie Bernhard Grzimek, aber auch Heinz Sielmann, Ernst Waldemar Bauer, David Attenborough, Jacques Custeau und Hans Hass sind Helden meiner Kindheit und Jugend. Ihnen nachzueifern, war immer so ein bisschen mein Antrieb. Andere Menschen für Natur zu begeistern und gleichzeitig auch für den Schutz bedrohter Tiere zu gewinnen, begreife ich als eine Art Berufung und Lebensaufgabe. Und es gibt kaum etwas Schöneres, als solch besondere Momente in der Natur zu erleben, wenn ein Pirol seine Jungen am Nest füttert, ein Buckelwal neben dem Boot aus dem Wasser springt oder man am Abend den leisen Chor von hunderten Gelbbauchunken hört.

Was war Ihr unvergesslichster Moment in der Natur?

Einmal ist ein Steinkauz auf meinem Autodach gelandet und hat durch das Schiebedach ins Innere geschaut, von wo aus ich Fotoaufnahmen gemacht habe. Unsere Köpfe waren keinen halben Meter auseinander. Ich werde natürlich nie vergessen, wie ich meinem ersten wilden Tiger in Indien begegnet bin oder an meinem Geburtstag den Kilimandscharo bestiegen habe. Solche Momente sind unbeschreibliche, absolute Glücksmomente, und man ist einfach nur dankbar, dass man auf diesem wunderbaren Planeten zu Gast sein darf.

Ist das auch Ihr Antrieb für Ihr Engagement im Naturschutz?

Irgendwie war der Wunsch, die Natur zu bewahren, schon immer sehr stark. Einen großen Einfluss hatten da sicherlich die angesprochenen Vorbilder. Und im Rahmen meines Zivildienstes bin ich dann beim Nabu gelandet. So kam eins zum anderen, und ich habe dann 1997 den Vorsitz in der Fellbacher Ortsgruppe übernommen. Mein Vorgänger, Erich Sayler, war damals schon über 90. So lange möchte ich sicher nicht den Verein leiten. Ich halte schon seit Jahren Ausschau für mögliche Nachfolger und möchte nicht auf Ablösung warten, bis ich alt und tattrig bin.

Kann man die Natur erfolgreich schützen?

Mich macht traurig, wie rücksichtslos und ausbeuterisch die Menschen mit der Natur umgehen: Indigene Kulturen werden ausgelöscht, Urwälder mit ungeheurem Artenschatz gerodet, die Meere ersticken im Plastikmüll, unsere nächsten Verwandten werden zerstückelt als „Bushmeat“ gegessen, Nashörner wegen ihres Horns gejagt, nur weil hirnlose Männer in Asien meinen, dass sie damit eine bessere Potenz haben. Mir scheint, dass der Mensch leider wenig lernfähig ist. Die Probleme sind bekannt, viele gute Lösungsmöglichkeiten auch. Doch am Verhalten ändert sich global gesehen nichts. Im Gegenteil: Es scheint, dass sich viele Probleme in den letzten Jahren eher noch verschärft haben. Aber es hilft nicht, den Kopf in den Sand zu stecken und zu jammern. Auch im Kleinen kann man Dinge tun, die die Welt verbessern. Nur ist es manchmal schwierig, als Prophet im eigenen Land gehört zu werden.

Was meinen Sie damit?

Es war unglaublich schwierig, das Rebhuhn-Projekt zum Laufen zu bringen. Seit fast 20 Jahren habe ich auf ein Schwinden der Bestände hingewiesen. Immerhin gibt es seit ein paar Jahren das Projekt, und es scheint vielleicht wieder ein wenig aufwärtszugehen. Mich macht traurig, dass manche Landwirte sich so vehement gegen kleine Verbesserungen für die Natur auf ihren Feldern gesträubt haben und teilweise nur minderwertige Flächen für Blühstreifen angeboten haben. Mittlerweile hat es sich ein wenig gebessert. Die Herausforderung wird sein, wie ein solches Projekt für die Zukunft gesichert bleiben kann.

Haben Sie schon einmal daran gedacht, Ihren Lehrerberuf ganz an den Nagel zu hängen und Tierfilmer zu werden?

Klar, Tierfilmer zu sein, hätte schon seinen Reiz. Aber ich liebe meinen Beruf und die damit verbundene Möglichkeit junge Leute für Biologie zu begeistern – und dazu gehören auch die Insekten.