Der Mentor hat einen neuen Schüler, der wie der erste schnell zum Opfer werden kann: Michael Douglas (li.) als Gordon Gekko, Shia LaBeouf als Jung-Broker Jake Moore Foto: Verleih

Michael Douglas spielt in "Wall Street 2" noch einmal Broker Gordon Gekko - ein Gespräch.

Die Heuschrecke ist wieder da: 22 Jahre nach seinem Oscar-prämierten Auftritt als gieriger Investment-Banker Gordon Gekko lassen Michael Douglas und Regisseur Oliver Stone die Figur wiederauferstehen - in "Wall Street: Geld schläft nicht".

Mr. Douglas, war es schwierig, fast ein Vierteljahrhundert später erneut in die Rolle des Gordon Gekko zu schlüpfen?

Die Rolle an sich ist für mich gar nicht so schwer, viel schwieriger ist es immer, dafür zu sorgen, dass der Film als solcher gut gelingt - schließlich bin ich auch als Produzent daran beteiligt.

Mit welchen Gefühlen haben Sie sich dieser Figur wieder genähert?

Ich war glücklich! Gekko ist ja nicht nur eine fantastische Figur, er ist eine der besten Rollen, die ich je bekommen habe - und die mir immerhin einen Oscar beschert hat. Das Angebot einer Neuauflage hat mich sofort begeistert, erst recht, weil Gekko diesmal nicht mehr ganz oben ist, sondern wieder ganz unten anfangen muss.

Inwiefern hat sich Gordon Gekko verändert?

Wer so lange Zeit im Gefängnis verbracht hat, verändert sich. Gordon hatte viel Zeit zum Nachdenken, sieht alles jetzt viel klarer. Was in der Finanzwelt passiert ist, beurteilt er pessimistisch. Er kann objektiv die Probleme betrachten und sehen, wie schwerwiegend sie wirklich für uns sind. Wie sehr Gekko zu einer anderen Person geworden ist, ob er aus seinen Fehlern gelernt hat, lassen wir zunächst bewusst offen, denn das gehört elementar zu dieser Geschichte dazu.

Was sagen Sie dazu, dass Ihr eigentlich abschreckender Gordon Gekko zur Kultfigur unter Börsenhändlern aufstieg?

Das ist schon sehr seltsam, und ich habe absolut keine Erklärung dafür. Natürlich könnte man sagen, dass ein guter Bösewicht immer populär ist. Oder dass ein starkes Drehbuch diesem Gekko großartige Dialogsätze geschenkt hat. Aber wenn ich mit jungen Wirtschaftsstudenten rede, wollen die überhaupt nichts davon hören, dass Gekko das Gesetz gebrochen und Unternehmen zerstört hat - die finden Gekko einfach immer nur ganz cool.

Ist es wie das "Pate"-Syndrom - die Mafia-Gangster wurden infolge der Filmreihe auch als ehrenwerte Ganoven verklärt.

Der Vergleich scheint mir durchaus treffend. Oliver Stone und ich haben diese von Gekko so begeisterten Studenten damals nie verstanden - und heute leiten genau diese Studenten von einst vermutlich jene Unternehmen, die für die Finanzkrise verantwortlich sind.

"Die wichtigste Aufgabe des Kinos ist de Unterhaltung"

Ist die Finanzkrise die beste Werbung für die "Wall Street"-Fortsetzung?

Im Gegenteil, das ist ein Dilemma für den Film. Denn hier geht es ja nicht nur um die Bankenkrise, sondern es geht um sehr viel mehr. Um Familie, Väter, Freundschaft, Vertrauen. Wir müssen es also schaffen, dass die Zuschauer nicht irrtümlich davon ausgehen, dass sie nun auf der Leinwand sehen werden, was sie ohnehin schon aus den Nachrichten kennen.

Kann Kino die Welt verändern?

Ich habe nichts dagegen, wenn ein Film zum Nachdenken anregt. Aber die wichtigste Aufgabe des Kinos ist die Unterhaltung. Wobei es in den meisten meiner Filme sicherlich eine Botschaft gibt. Aber wer sein Publikum nicht unterhält, dem läuft es schnell davon.

Wie haben Sie sich seit dem ersten "Wall Street"-Film persönlich verändert?

Ich bin vermutlich ausgeglichener und zufriedener mit mir selbst geworden. Ich muss nicht mehr verbissen zeigen, was ich alles kann.

Wie gehen Sie damit um, dass Ihr Sohn wegen Drogenhandels ins Gefängnis kam?

Das war eine sehr, sehr schwierige Situation. Aber ich bin sicher, dass er aus dieser Strafe eine Lektion lernen wird.

Sie trinken Ihren Kaffee mit Sambucca - können Sie als trockener Alkoholiker damit umgehen?

Ich habe vor 25 Jahren meinen Alkoholentzug gemacht. Aber das hindert mich doch nicht daran, heute Alkohol zu trinken.

Wonach suchen Sie Ihre Filme heute aus?

Das Kriterium ist noch immer dasselbe wie damals: ein gutes Drehbuch. Für einen guten Film ist mir meine Rolle ganz egal - das habe ich schon seit den "Straßen von San Francisco" so gehalten.

Sie haben viele Ikonen gespielt, was ist Ihre liebste Rolle gewesen?

In meiner Karriere habe ich häufig Typen gespielt, von denen man zunächst nicht geglaubt hätte, dass man sie mag - ob in "Eine verhängnisvolle Affäre" oder in "Wall Street". Man arbeitet für seine Erfolge genauso hart wie für seine Niederlagen, deswegen kann ich eine Lieblingsrolle gar nicht eindeutig benennen. Zu den Filmen, die mir besonders gefallen, gehören "The Game", "Black Rain", "Wonder Boys" oder auch "Solitary Man", der sicher einer meiner schwierigsten Filme war.

Als Nächstes sollen Sie für Steven Soderbergh den schillernden Entertainer Liberace spielen - was reizt Sie an diesem Projekt?

Liberace ist ein liebenswerter Typ, ein bunter Paradiesvogel - und außerdem bekomme ich Matt Damon als meinen jungen Liebhaber! (lacht)

Was haben Sie von Ihrem Vater Kirk gelernt?

Ich hatte den Vorteil, ein Star in der zweiten Generation zu sein. Ich durfte miterleben, wie mein Vater mit dem Berühmtsein umgegangen ist. Ich habe die Unsicherheiten und Verletzbarkeiten gesehen. Ich habe mitbekommen, wie mein Vater mit der Öffentlichkeit umging, wie er sich als Schauspieler und als Produzent verhält. Dafür bin ich meinem Vater dankbar. Besonders dankbar bin ich ihm, dass er die Rechte zu "Einer flog über das Kuckucksnest" erwarb, einem Film, der für meine Karriere sehr wichtig war.