Der Künstler Jan Fabre ist in Belgien wegen Machtmissbrauch und sexueller Belästigung von einem Gericht verurteilt worden. Foto: AFP/LOUISA GOULIAMAKI

Der Künstler Jan Fabre ist in Belgien wegen Machtmissbrauch und sexueller Belästigung von einem Gericht verurteilt worden. Nun stellt sich die Frage, wie mit seinen Werken umgegangen wird.

Belgien hadert mit dem tiefen Sturz eines Idols. Jan Fabre ist in der Kunstwelt ein Superstar, ein Mann, der seine oft provokative Kunst nicht nur macht, sondern auch lebt. Als Regisseur, Choreograf, Maler und Bildhauer genießt der Flame Weltruhm, war mit seinen Werken mehrfach auf der Biennale in Venedig zu sehen und stellte auf der Documenta in Kassel aus.

Doch jetzt der Schock: Jan Fabre wurde zu achtzehn Monaten Haft auf Bewährung verurteilt, zudem wurden ihm für fünf Jahre die Bürgerrechte entzogen. Ein Gericht in Antwerpen befand den Künstler nach einem aufsehenerregenden Prozess des Machtmissbrauchs, Mobbings und der sexuellen Belästigung für schuldig. Zwanzig ehemalige Tänzerinnen und Mitarbeiter der Tanzkompanie Troubleyn hatten den scheinbar Unantastbaren nach Jahren des Leidens angezeigt. Der 63-Jährige gab zu, Fehler gemacht zu haben.

Den Menschen vom Schaffen trennen?

Die Werke des gefallenen Künstlers sind in Belgien überall präsent, was Museen, Galerien, Städte und sogar den königlichen Palast in ein Dilemma stürzt. Wie sollen sie mit den dort ausgestellten Werken umgehen? Kann man den Menschen von seinem Schaffen trennen? Am schnellsten reagiert haben die Verantwortlichen der Stadt Namur. Dort thront weithin sichtbar die berühmte Schildkröten-Skulptur mit dem Titel Searching For Utopia hoch auf der Spitze der Zitadelle. Maxime Prévot, Bürgermeister der Stadt, ließ sofort eine kleine Tafel mit einem erklärenden Text aufstellen. Zudem wird die Figur für die 18-monatige Dauer der Bewährungsstrafe eine schwarze Augenbinde tragen. Auch wird für denselben Zeitraum am Abend die Beleuchtung rund um die Statue ausgeschaltet.

Das künstlerische Erbe Belgiens

Ähnlich reagiert das Königlichen Museen der Schönen Künste in Brüssel. Das Fabre-Werk „Le Regard en Dedans“ im großen Treppenhaus des Gebäudes wird mit einer Erklärung versehen und die Beleuchtung wird für 18 Monate erlöschen. Das beeindruckende Opus abzuhängen stand nicht zur Disposition. „Welche Tat auch immer ein Künstler begangen haben mag, sein Werk gehört zum belgischen Erbe“, unterstreicht der Direktor Michel Draguet.

Lesen Sie aus unserem Angebot: Leben im goldenen Käfig

Er räumt ein, dass diese Entscheidung zu Kontroversen führen wird, hielte es aber für einen Fehler in den Museen eine Art Giftschrank für Kunstwerke einzurichten, die aus den unterschiedlichsten Gründen nicht gezeigt werden sollen. Entscheidend sei, die Werke in ihren historischen Kontext zu stellen, damit die Betrachter das Gesehene einordnen können. Michel Draguet hält Ja Fabre für „ein Symptom unserer Gesellschaft“. Die Kunst und der Umgang mit ihr müsse aber zur Weiterentwicklung dieser Gesellschaft führen, ist der Museumsdirektor überzeugt. Aus diesem Grund sei es wichtig auch umstrittene Werke weiter zu zeigen.