Die Beschäftigten in Baden-Württembergs Metall- und Elektrobranche bekommen aller Voraussicht nach mehr Geld. Foto: dpa

Zuletzt war das Säbelrasseln der Gewerkschaft lauter geworden im Tarifstreit der Metallbranche, mit Warnstreiks legten sie zeitweise einige Produktionsstätten lahm. Gute Nachrichten kamen nun aus Köln - dem Signal folgten auch Südwest-Vertreter.

Ludwigsburg - Die Beschäftigten in Baden-Württembergs Metall- und Elektrobranche bekommen aller Voraussicht nach mehr Geld. Die IG Metall und Arbeitgeber einigten sich am Freitagnachmittag in Ludwigsburg darauf, die Entgelte in zwei Schritten um insgesamt 4,8 Prozent anzuheben. Damit folgten sie einem sogenannten Pilotabschluss in Nordrhein-Westfalen - in Köln hatten sich Vertreter beider Seiten am Morgen auf den Tarifvertrag geeinigt. Das Papier war als Modell für andere Regionen in Deutschland gedacht.

Akzeptables Vertragswerk

In Ludwigsburg bewerteten die Verhandlungsführer beider Seiten das Vertragswerk als akzeptabel. „Ein tragfähiger Kompromiss“, sagte Gewerkschafts-Verhandlungsführer in Baden-Württemberg, Roman Zitzelsberger. Es werde wesentliche Reallohnsteigerungen geben. Sein Pendant bei den Arbeitgebern, Stefan Wolf, sprach von einem „Kompromiss mit Licht und Schatten“. Aber: „In der Summe bewerte ich den Abschluss positiv.“

Der rückwirkend zum April geltende Vertrag enthält zunächst eine Einmalzahlung von 150 Euro für die drei „Nullmonate“ bis Juni. Danach greift im Juli die erste Stufe von 2,8 Prozent. Die zweite Stufe von 2,0 Prozent gilt dann ab April 2017 bis Jahresende. Bei aktuell praktisch nicht vorhandener Inflation schlägt die Erhöhung positiv auf den Geldbeutel der Beschäftigten durch. Beide Seiten hatten sich im Vergleich zu ihren Ausgangspositionen erheblich bewegen müssen.

Ausnahmeregeln für schwächere Unternehmen

IG Metall und Arbeitgeber einigten sich zudem auf Ausnahmeregeln für wirtschaftlich schwächere Unternehmen. So kann die Einmalzahlung ganz wegfallen oder verschoben werden. Die zweite Tarifstufe kann im Einzelfall drei Monate später greifen.

Südwestmetall-Chef Wolf empfiehlt den Firmen, wenn möglich, von den Ausnahmeregeln Gebrauch zu machen. Nach seiner Schätzung könnten 10 bis 15 Prozent der Südwest-Firmen das nutzen. Gewerkschafter Zitzelsberger rechnet hingegen mit weniger. Bei einer ähnlichen Vertragsklausel 2010 seien es nur sieben bis acht Prozent gewesen. Und das sei wegen der Finanzkrise ein nicht repräsentatives Jahr gewesen, sagte der IG-Metaller.

Strittig war zudem die Laufzeit des Vertrags. Die IG Metall wollte eigentlich nur ein Jahr, die Arbeitgeber visierten zwei Jahre an. Man einigte sich auf 21 Monate. „Das gibt den Firmen Planungssicherheit“, zeigte sich Südwestmetall-Chef Wolf erleichtert. Er wies aber sorgenvoll darauf hin, das der Gesamt-Entgeltzuwachs von 4,8 Prozent schlecht für die Wettbewerbsfähigkeit der Firmen sei. Die Gewerkschaft sieht das ganz anders. Aus ihrer Sicht ist das auch wegen der guten Konjunktur mehr als verkraftbar.

Laute Proteste

Mit der Einigung in Ludwigsburg geht ein Tarifstreit zu Ende, der in den vergangenen Wochen zu lauten Protesten von Arbeitnehmern vor Werkstoren geführt hatte. In Warnstreiks hatten Beschäftigte vielerorts die Arbeit niedergelegt, etwa bei Daimler, Bosch oder Mahle. In der Branche im Südwesten arbeiten etwa 800 000 Menschen.

Ganz abgeschlossen ist das Prozedere allerdings noch nicht. In den kommenden Wochen will die IG Metall Beschäftigte in den Betrieben befragen. Am 2. Juni will sie in der Großen Tarifkommission final abstimmen. In dieser Kommission sitzen Gewerkschafter aus dem ganzen Land. Auch auf der Arbeitgeberseite ist die Zustimmung eines Gremiums nötig, damit der Tarifvertrag gültig ist. In beiden Fällen gilt ein Ja als sehr wahrscheinlich, mit einem Nein rechnet niemand.