Bei Stihl in Waiblingen haben laut Gewerkschaft zahlreiche Mitarbeiter die Freitagsfrühschicht früher verlassen. Foto: IG Metall

In den Tarifauseinandersetzungen in der Metall- und Elektroindustrie ist noch keine Einigung in Sicht. Am Freitag hat die Gewerkschaft darauf wieder mit Warnstreiks reagiert – auch im Rems-Murr-Kreis.

Rems-Murr-Kreis - Nachdem in den Tarifverhandlungen der Metall- und Elektroindustrie im Südwesten in der vierten Runde am Dienstag erneut keine Einigung erzielt worden ist, hat die Gewerkschaft ihre Warnstreiks fortgesetzt. Am Freitag waren daran auch Unternehmen im Rems-Murr-Kreis beteiligt, so etwa Bosch und Stihl in Waiblingen, Pfisterer in Winterbach und die Bosch-Niederlassung in Murrhardt.

Insgesamt 14 Betriebe bestreikt

Insgesamt seien im Rems-Murr-Kreis und im Nachbarlandkreis Ludwigsburg 14 Firmen bestreikt worden, teilte die IG Metall Waiblingen/Ludwigsburg mit. Allein die Frühschichten hätten rund 3600 Mitarbeiter gut eine Stunde früher verlassen als üblich, sagte die Gewerkschaftssekretärin Susanne Thomas am Nachmittag. Für die Spätschicht rechne man mit einer ähnlich guten Beteiligung. Zudem seien Mitarbeiter im Homeoffice am Vormittag zu einer Art digitalem Streik aufgerufen worden. Die genaue Beteiligung daran sei schwierig zu messen, aber man wisse, dass landesweit mindestens 5000 Endgeräte an virtuellen Streikaktionen zugeschaltet worden seien, so Thomas.

Neben der Forderung nach mehr Lohn und Gehalt gehe es in den Betrieben um die Themen Beschäftigungssicherung und Zukunftsgestaltung, sagt Thomas. „Wir wünschen uns eine klare Perspektive und fordern einen fairen Anteil an den Gewinnen der Unternehmen“, betont beispielsweise Gürhan Ag, der Betriebsratsvorsitzende bei Bosch in Waiblingen. Im Coronajahr 2020 habe es keine Lohnsteigerungen gegeben, nun sei es an der Zeit für eine Erhöhung. Der überwiegende Teil der Frühschicht des Autozulieferers habe deshalb die Freitagsfrühschicht um 13 Uhr beendet, gut 150 Personen. Und man sei bereit, noch einige Schippen draufzulegen, wenn sich in den Tarifverhandlungen nichts bewege. Das bestätigt auch Susanne Thomas. Man werde den Druck sukzessive erhöhen, wenn nötig. Die Vorbereitungen dazu liefen. Auch in der kommenden Woche seien Aktionen geplant.

Arbeitgeberverband kontert

Beim Arbeitgeberverband Südwestmetall sieht man Streiks naturgemäß kritisch. Wegen der anhaltenden Coronakrise sei die Lage der Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie weiterhin „von großer Unsicherheit geprägt“, sagt der Geschäftsführer der Bezirksgruppe Rems-Murr, Michael Kempter, auf Anfrage. Zumal der wirtschaftliche Abschwung der Branche schon davor, Mitte 2018, eingesetzt habe. Die meisten Unternehmen rechneten frühestens im kommenden Jahr damit, wieder ein Vor-Corona-Niveau zu erreichen. „Erst dann sehen wir auch wieder Spielraum für Lohnerhöhungen“, so Kempter. Weil die Branche zudem im Zeichen von Digitalisierung und Dekarbonisierung vor einem grundlegenden Strukturwandel stehe, der kostspielige Investitionen erfordere, „brauchen wir in der laufenden Tarifrunde ein Entgegenkommen der IG Metall“, so Kempter. Klar sei, dass sich in einem Ergebnis die jeweiligen Forderungen beider Seiten wiederfinden müssten. „Das gelingt aber nur, wenn die IG Metall bereit ist, von ihren Maximalpositionen abzurücken und sich auf pragmatische Lösungen einzulassen.“

Mit Spannung werden die Auseinandersetzungen in der Metall- und Elektroindustrie auch im fachnahen Handwerk verfolgt. So haben die Arbeitgeber etwa im Kfz-Handwerk unlängst die Tarifverträge gekündigt, und auch im Elektrohandwerk laufen die Vereinbarungen demnächst aus.