Porsche-Gesamtbetriebsratschef Uwe Hück (Mitte) reißt seine Anhänger zum Jubeln hin. Foto: dpa

Im Arbeitgeberlager hat sich enormer Widerstand angestaut: Die Umsatzausfälle durch die Ganztagesstreiks der IG Metall übertreffen in Baden-Württemberg nach ersten Schätzungen eine viertel Milliarde Euro. Und jetzt droht noch eine achtprozentige Lohnerhöhung.

Stuttgart - Zu den Ritualen der Metalltarifrunden gehört es, dass die Streitparteien vom Gegenüber demonstrative Signale des Einlenkens erwarten, bevor sie nach einer Eskalation an den Verhandlungstisch zurückkehren. Speziell die IG Metall will dem Anhang keine Schwäche voreiliger Kompromissbereitschaft zeigen.

Somit hat es am Freitag noch ein längeres Hin und Her um den sechsten Verhandlungstermin gegeben, bevor er offiziell feststand, obwohl der Ort des Geschehens lange gebucht war. „Die Verhandlungen sollen – vorbehaltlich eines Signals der Bewegung von der Gegenseite – am kommenden Montag ab 11 Uhr in der Stuttgarter Liederhalle wieder aufgenommen werden“, ließ Bezirksleiter Roman Zitzelsberger am frühen Nachmittag verlauten. Dabei hatte sich Gesamtmetall-Präsident Rainer Dulger längst bemüht, der IG Metall in morgendlichen Interviews Gesprächsbereitschaft zuzurufen: „Wir wollen nicht, dass die Betriebe lange stillstehen und die Straßen voller roter Fahnen sind“, betonte er. Und: „Wir wollen zurück an den Verhandlungstisch.“ Er hoffe, „dass wir so schnell wie möglich noch mal in gute Gespräche finden“.

Quittung ist erst später möglich

Alle weiteren Signale gebe man intern, hieß es. Denn fraglos stehen IG-Metall-Bezirksleiter Roman Zitzelsberger und Südwestmetall-Chef Stefan Wolf auch seit dem Abbruch weiter im telefonischen Kontakt.Von den dreitägigen 24-Stunden-Streiks zeigen sich die Arbeitgeber sichtlich beeindruckt. Genaue Zahlen zu den Ausfällen gibt es nicht – nur Hochrechnungen, die auf Annahmen des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) beruhen. Demnach werden die Umsatzausfälle bei 150 000 Warnstreikenden, die die IG Metall Baden-Württemberg von Mittwoch bis Freitag gezählt hat, auf 250 bis 300 Millionen Euro geschätzt. Die Höhe der tatsächlichen Schäden ist kaum zu berechnen. Dann müssten noch Ausgaben für aktuelle Fremdvergaben oder Konventionalstrafen einbezogen werden, falls Kunden nicht pünktlich beliefert werden – ebenso Mehrarbeitszuschläge, wenn die Ausfälle später aufgeholt werden. Im Gegenzug sparen die Firmen an Streiktagen bei den Lohnkosten.

Daimler will Ausfälle bald aufholen

Der Versuch, Ausfälle zu kompensieren, wird dort auf Grenzen stoßen, wo die Wochenenden bis Jahresende ohnehin ausgebucht sind. Dies ist nach Erkenntnissen von Südwestmetall des Öfteren der Fall. Der Autobauer Daimler, der am Freitag bestreikt wurde, gehört offenbar nicht dazu: „Unser Ziel ist es, eventuelle Produktionsausfälle schnellstmöglich aufzuholen“, so ein Sprecher gegenüber unserer Zeitung. „Wir gehen davon aus, alle bestellten Fahrzeuge an unsere Kunden ausliefern zu können.“ Ansonsten mag man zu den nicht produzierten Autos keine Zahlen nennen.Schon jetzt hat sich im Arbeitgeberlager massiver Unmut breit gemacht. Weiter wachsen würde der Widerstand, wenn Verhandlungsführer Stefan Wolf die von der IG Metall zuletzt geforderten acht Prozent – mit 4,5 Prozent in der ersten Stufe – akzeptierte. Laut einer internen Umfrage des Verbands vom Herbst würde damit für 80 Prozent der Mitglieder die Grenze überschritten, ab der ein Streik prinzipiell in Kauf genommen würde. „Dies würde unseren Laden definitiv zerreißen“, heißt es bei Südwestmetall. Acht Prozent mehr auf 27 Monate – das wären pro Kalenderjahr mehr als 3,5 Prozent. „Dies wäre – gemessen an der Inflation – ohne Beispiel in den letzten Jahrzehnten“ und folglich „nicht darstellbar“. Damit würde bei einem Personalkostenanteil von durchschnittlich etwa 30 Prozent knapp ein Drittel der Firmen in die roten Zahlen gedrückt, so die Warnung.

Der Verband dürfe so etwas nicht zulassen. Bereits jetzt lägen gut 36 Prozent der Unternehmen bei einer Nettoumsatzrendite von zwei Prozent und darunter. Schon nach dem Abbruch am Samstag habe es intern viele Stimmen gegeben, die die Ablehnung der IG-Metall-Positionen unterstützt hätten. In diesem Ausmaß hätte es das noch nie gegeben. „Wir haben enorm viel Rückhalt quer durch alle Branchen und Betriebsgrößen.“ Gleichwohl weiß der Verband angesichts der blendenden Konjunktur: Dieser Abschluss wird nicht billig.