Christian Mandl sieht im Kostüm seiner Bühnenfigur Horus gruselig aus. Abseits der Bühne ist er ein freundlicher und entspannter Gesprächspartner. Foto: Maahes Foto:  

Laut und brutal: so lässt sich die Musikrichtung Black Metal leicht umschreiben. Gilt das auch für Musiker und Fans der Subkultur? Wir sprachen mit der Band Maahes bei ihrem Konzert in Nürtingen.

Schrille Schreie schallen am Freitagabend durch den dichten Nebel des Konzertsaals. Eine schwarz gekleidete Mumie malträtiert zum donnernden Schlagzeug des ägyptischen Totengottes Anubis ihren Bass. Es ist Horus, der oberste Gott des alten Ägyptens. Die Theatralik des Auftritts erinnert an einen Horrorfilm. Was hat es mit dieser Musik auf sich?

 

Von Kiss bis heute

Die Band heißt Maahes, stammt aus Niederbayern und ist dem Black-Metal-Genre zuzuordnen. Gemeinsam mit den Bands Anaheim und Vorgheim traten sie vergangenen Freitag im Nürtinger Kuckucksei auf. Der Sänger Christian Mandl, alias Horus, erklärt, was es mit dieser Subkultur auf sich hat, die es bereits seit Anfang der 1980er-Jahre gibt.

„Es ist schwierig zu erklären, da es die Musik schon lange gibt und sich viel verändert hat. Es ist harte Musik mit Blastbeats, extrem verzerrter Gitarre, teilweise sind die Aufnahmen in schlechter Qualität – was sogar als Qualitätsmerkmal gilt – und oft mit satanischen Texten“, so Mandl, der abseits der Bühne derzeit an seiner Bachelorarbeit schreibt, um seinen Abschluss als Elektroingenieur zu machen.

Die Musiker bemalen ihre Gesichter vor Auftritten mit sogenanntem Corpsepaint – auf Deutsch: Leichenbemalung. Warum sie dies tun, ist laut dem Maahes-Sänger auch nicht gänzlich zu erklären. Eine Theorie sei, dass dies auf die Band Kiss zurückgehe, deren Mitglieder sich bereits Anfang der 1970er-Jahre ihre Gesichter schwarz und weiß bemalten. Es sei vermutlich von anderen Bands aufgegriffen worden, die dies weitertrugen und weiterentwickelten. Einen bestimmten Typ Mensch, der diese Musik hört, gebe es nicht. Die Fans stammten aus allen kulturellen Schichten und Altersklassen.

„Es geht um Provokation“

Mittlerweile ist das Genre auch in der Popkultur angekommen. Nach Angaben des Musikmagazins Metal Hammer planen Schmusepop-Sänger Ed Sheeran und die Schwarzmetaller von Cradle of Filth – eine der bekanntesten Bands der Szene – ein gemeinsames Lied.

„Mit Sicherheit hört sich unsere Musik für Außenstehende düster und brutal an“, sagt Mandl. Jedoch halte er das für rein subjektiv. „Manche Leute hören, wenn sie im Wald unterwegs sind, Jazz und ich eben Black Metal“, so der Sänger. Für ihn habe das nichts mit der Gewalt und der Brutalität zu tun, die sich oft in den Texten wiederfinden, sondern es gehe ihm um die Atmosphäre der Musik, in der er sich wohlfühlen könne.

Auf die Frage, welchen Stellenwert der Satanismus in dieser Musikrichtung einnimmt, entgegnet er: „Ich glaube, es geht in erster Linie um Provokation. Aber ich kann natürlich nur allgemein sprechen.“ Für die Ursprünge in den 1980ern und auch in den frühen 1990er-Jahren habe er wohl noch eine große Rolle gespielt, da er die Musik berühmt gemacht habe. Eine Reihe von Kirchenbränden im Sommer des Jahres 1992 in Norwegen lösten international Schlagzeilen aus. „Die tatsächliche Anzahl von echten Satanisten in der Szene schätze ich auf sehr wenige“, so Mandl. Vielmehr halte er die meisten Musiker und Fans für unpolitisch und atheistisch. Vieles sei gespielt und diene dazu, Klischees zu erfüllen, um an die Erfolge bekannter Bands anzuknüpfen.

Die Auftritte wirken wie ein Theater: aufwendige Kostüme und Bühnentechnik. Dazu treten die Musiker meist unter Pseudonymen auf.

Keine Rolle, nur eine Verkleidung

„Wir setzen diese Instrumente ein, um eine Atmosphäre zu schaffen“, so der Sänger. In eine Rolle schlüpften sie dabei nicht. „Wir sind auf der Bühne keine anderen Menschen als vor der Bühne. Aber natürlich kann man in einer Verkleidung etwas mehr aus sich herauskommen.“

Dass sich die Bandmitglieder von Maahes wie ägyptische Gottheiten verkleiden, sei ein langüberlegter Schritt gewesen. „Wir haben das genommen, was für uns am passendsten war.“ Alle Mitglieder der Band seien geschichtlich interessiert und ein Konzept rund um das alte Ägypten, das auch heute noch durch seine Mysterien viele Menschen fasziniere, habe ihnen am besten gefallen.

Ein Treffpunkt für alle Extreme

Ein weiterer Vorwurf, den es im Zusammenhang mit dieser Musikrichtung gibt, ist, dass sich viele Rechtsradikale in der Szene wiederfänden. „Es ist nicht abzustreiten, dass es Bands mit rechten Tendenzen gibt, aber die gibt es auch in allen anderen Subkategorien. Ich glaube, der Großteil der Black-Metal-Musiker ist heute unpolitisch.“

Dass es offensichtlich eine Szene ist, in der sich Linke, Rechte und Unpolitische Treffen, bestätigt ein Konzertbesucher, der anonym bleiben möchte. Er sei durch sein Erscheinungsbild, das sich klar der linken Ecke zuordnen lässt, bereits von Rechten auf Konzerten anderer Bands angegangen worden. „Ich liebe diese Musik einfach, aber man muss schon vorsichtig sein“, sagt er.

Von den Anfängen nach Nürtingen

Black Metal
 Der Name der Musikrichtung stammt höchstwahrscheinlich von der im Jahr 1979 gegründeten Band Venom. Die Gruppe gilt als Vorreiter dieses Genres. Sie veröffentlichte im Jahr 1982 ein Album mit dem Titel Black Metal.

Lords of Chaos
 Im Jahr 2018 erschien der Spielfilm Lords of Chaos, der sich mit der norwegischen Black-Metal-Szene Anfang der 1990er-Jahre befasst. Er basiert auf einem gleichnamigen Sachbuch.

Maahes
Die Band wurde im Jahr 2015 im bayrischen Deggendorf gegründet. Die Band hat sich nach dem löwenköpfigen Gott des Krieges benannt. 

Club Kuckucksei
Der Club mit Sitz im alten Kutschenhaus in Nürtingen wird vom gleichnamigen Verein geleitet und betrieben. Er hat sich zum Ziel gesetzt, mehr kulturelle Abwechslung in die Stadt zu bringen – und das bereits seit 52 Jahren.