Lionel Messi jubelt nach dem Sieg im Viertelfinal-Spiel gegen die Niederlande. Foto: dpa/Tom Weller

Der argentinische Superstar Lionel Messi ist nur zwei Spiele von der Erfüllung seines WM-Traums entfernt. Und lernt auf seine alten Tage das Kämpfen.

Weltmeister war Lionel Messi noch nie. Zwei Spiele noch – dann könnte der Traum des Argentiniers wahr werden. Selbst der Schiedsrichter hat den Superstar und die Seinen im hochdramatischen Viertelfinale, dem 4:2 im Elfmeterschießen gegen die Niederlande, nicht aufhalten können. Von diesem fühlten sich die Argentinier nämlich verpfiffen. Aber nicht nur die. Auch die Elftal war nicht glücklich mit der Leistung von Señor Antonio Mateu Lahoz. Der Spanier verteilte sage und schreibe 17 Gelbe Karten und eine Gelb-Rote Karte. Solch eine Kartenflut hatte es zuvor bei einem WM-Spiel noch nicht gegeben.

Lionel Messi hätte zu dem Unparteiischen aus Spanien durchaus einiges zu sagen gehabt, als er mitten in der Nacht, es ging schon auf 3 Uhr los, in der Pressekonferenz erschien. „Ich bin ziemlich verärgert“, betonte der 35-Jährige und schaute finster drein. Der Schiedsrichter sei der wichtigen Partie schlicht nicht gewachsen gewesen. Mehr wollte der Argentinier nicht verraten. „Sonst werde ich bestraft und für ein Spiel gesperrt.“

Messi hat zu kämpfen gelernt

Lionel Messi, das wurde spätestens in dieser überraschend frischen Nacht in Katar deutlich, will es diesmal unbedingt wissen. Was er nicht möchte: als einer der besten Fußballer in die Geschichte eingehen – ohne den WM-Pokal gewonnen zu haben. Deshalb gibt der 35-Jährige alles. Und, man mag es nicht glauben, Messi hat zu kämpfen gelernt, zu kratzen und beißen. Das werden wohl auch die Kroaten an diesem Dienstag (20 Uhr/ARD) im Halbfinale erfahren, die ebenfalls nicht gerade dafür bekannt sind, allzu gnädig mit ihren Gegnern umzugehen.

Der 1,69 Meter große und 72 Kilo schwere Star wehrt sich mit Händen und Füßen. Gegen hart einsteigende Gegner, die versuchen, ihn aus dem Spiel zu nehmen. Aber auch gegen Widersacher, von denen er sich provoziert fühlt. Das bekam in der Nacht auf Samstag Wout Weghorst zu spüren. Der baumlange Stürmer hatte mit seinen zwei Toren dafür gesorgt, dass die Niederlande einen 0:2-Rückstand wettmachten, es in die Verlängerung ging. Der ehemalige Wolfsburger ging Messi offenbar mächtig auf die Nerven. „Was guckst du so, Dummkopf“, rief der Superstar dem Niederländer während eines TV-Interviews gleich zweimal zu.

„Diego schaut von oben zu“

Der stille Herr Messi – so gereizt, derart auf Krawall gebürstet? Da waren sogar die Reporter baff. Der 35-Jährige kämpft bei dieser WM um seine letzte Chance, Weltmeister zu werden. So wie der Übervater des argentinischen Fußballs: Diego Armando Maradona. Dieser hat einst die Albiceleste zum Titel geführt. 1986 im brütend heißen Mexiko. Mit der „Hand Gottes“ und Leistungen wie von einem anderen Stern. „Diego schaut von oben zu“, sagte Messi nach dem Halbfinaleinzug über den im November 2020 verstorbenen Maradona.

Nun geht Messi voran. Er gönnt sich zwar auch in Katar seine schöpferischen Pausen. Dann aber explodiert der Filigrantechniker mit der Nummer zehn auf dem Rücken. Ein Antritt, ein Doppelpass, ein Schuss – und schon ist Leben in der Bude. Die ehrfurchtsvollen Messi-Rufe der argentinischen Fans sind dann so laut, dass man sich die Ohren zuhalten möchte.

Ein Kunstwerk von einem Tor

Dass er – nach wie vor – ein Ausnahmekönner ist, zeigte sein Zuspiel vor dem 1:0. Ein Pass über 20 Meter, flach durch die Beine eines niederländischen Abwehrspielers gespielt, ansatzlos, überraschend, vertikal und so gut getimt, dass Nahuel Molina vollenden konnte. Es war ein Kunstwerk von einem Tor. Maradona im Himmel dürfte seine Freude daran gehabt haben. „Ich habe ja vor dem Spiel gesagt, dass Messi ein Mensch ist wie alle“, meinte Andries Noppert, der niederländische Nationaltorwart nach dem höchst intensiven und aufgeladenen Viertelfinale: „Aber dieser Messi ist unglaublich.“

Kämpfen und zaubern – die Südamerikaner können beides bei dieser WM. Argentinien will zum dritten Mal Weltmeister werden, Lionel Messi die Krönung seiner Laufbahn mit 35 Jahren. Seine Mannschaftskollegen, vor allem die jungen wie Julian Alvarez (22), Enzo Fernandez (21), Alexis Mac Allister (23), Lisandro Martinez (24) und Cristian Romero (24), schauen zu ihrem Kapitän und Idol auf, hauen sich auch für ihn rein. Auf die tausendfache Unterstützung ihrer Fans können sich die Argentinier verlassen. Die Anhänger der Albiceleste machen bei dieser WM jedes Spiel ihrer Lieblinge zu einem Erlebnis.