Der Mann stach vor einem Kiosk auf seine Frau ein. Foto: Andreas Essig (Archiv)

Im Sommer 2024 hatte ein Mann versucht, seine Ehefrau vor dem Sachsenheimer Bahnhof (Kreis Ludwigsburg) mit mehreren Messerstichen zu töten. Seit Freitag muss er sich am Landgericht Heilbronn für diese Tat verantworten.

Ein Ehepaar unterhält sich auf einer Bank vor einem Kiosk. Es ist ein warmer Sommertag. Dass die Stimmung innerhalb weniger Sekunden komplett kippen könnte, und der Mann mit einem Messer auf seine Ehefrau einsticht, hat von den umstehenden Passanten an diesem Tag wohl niemand geahnt. „Wir dachten, es wäre ein Liebespaar“, sagt einer der Zeugen, der zum Prozessauftakt am Freitag ans Landgericht nach Heilbronn geladen wurde.

 

Die Ehefrau lag zwei Wochen lang im Koma

Der 53-jährige Ehemann muss sich dort wegen versuchten Mordes verantworten. Laut Anklage passte er seine Ehefrau am 17. Juli 2024 trotz eines kürzlich erwirkten Näherungsverbotes ab, als sie am Bahnhof in Sachsenheim auf den Bus wartete, und bat sie um ein Gespräch. „Er wollte, dass ich mich auf die Bank setze“, so die 50-Jährige, die im Prozess als Zeugin und Nebenklägerin auftritt. Sie habe sich nicht mit ihrem Mann unterhalten wollen, doch dieser drängte sie dazu: „Er fing an mir Fragen zu stellen.“

Der Angeklagte hatte seine Frau abgepasst, als sie am Bahnhof in Sachsenheim auf den Bus wartete. Foto: Foto: Martin Kalb

Mutmaßlich sei auch die Scheidung zur Sprache gekommen, welche die Ehefrau kurz zuvor eingereicht haben soll. An viel mehr könne sie sich nicht erinnern, denn schon im nächsten Moment soll der Angeklagte unvermittelt auf seine Frau eingestochen haben. Das Messer hatte er, so lautet die Anklage, mit Klebeband an seinem Bein befestigt und unter dem linken Hosenbein verborgen.

Die 50-Jährige wurde lebensbedrohlich verletzt: „Ich war fünf Monate im Krankenhaus, zwei davon auf der Intensivstation.“ Zwei Wochen lang habe sie im Koma gelegen. Bei dem Angriff erlitt sie Stiche im linken Brustkorb mit Verletzung der Lunge, Stiche im Ober- und Unterbauch mit Perforierungen des Dünndarms und Durchtrennungen der Sehnen an mehreren Fingern. Das Endglied des linken Zeigefingers musste amputiert werden. Einige Operationen stehen ihr noch bevor.

Über seinen Anwalt teilt der Angeklagte mit, dass er er einräume, mehrfach auf seine Frau eingestochen zu haben und sich anschließend selbst das Leben habe nehmen wollen. Mehr könne der Anwalt am ersten Verhandlungstag noch nicht sagen.

Ein Zeuge berichtet, dass er einen Mann sah, der immer wieder auf eine am Boden liegende Frau einstach. Er sei sofort hingerannt, habe den Mann angebrüllt: „Zu meiner Überraschung ließ er das Messer fallen. Ich kickte es außer Reichweite.“ Den Täter weiter im Blick zog er sein T-Shirt aus und presste es auf die blutende Wunde im Unterbauch. „Der Mann starrte mich mit weit aufgerissenen Augen an. Er beobachtete mich und zündete sich eine Zigarette an.“

Die Ehejahre waren von Gewalt geprägt

Laut der Ehefrau seien die 30 Ehejahre von Gewalt, Drohungen und Alkohol geprägt gewesen. Immer wieder schlug ihr Mann sie ein, verletzte sie teils schwer: „Einmal hat er mir das Sprunggelenk gebrochen. Ein anderes Mal die Nase.“ Häufig sei es bei den Streitigkeiten um Sex oder Vorwürfe des Fremdgehens, meistens jedoch um Nichtigkeiten gegangen. „Danach kam er immer zu mir und bat mich um Entschuldigung.“

Nachdem das Paar Anfang 2024 vor dem Krieg in der Ukraine nach Deutschland floh, sei ihr bewusst geworden, dass er tatsächlich in der Lage sei, seine Drohungen wahr zu machen. Sie habe sich endgültig von ihrem Ehemann scheiden lassen wollen und eine Woche vor der Tat eine Gewaltschutzanordnung erwirkt. Eigentlich habe er sich ihr nicht mehr nähern, die gemeinsame Wohnung nicht mehr betreten dürfen. Laut ihrer Anwältin habe die Geschädigte große Angst vor dem Zusammentreffen vor Gericht gehabt. Sie habe Angst, dass ihr Mann wieder auf freien Fuß kommt: „Er könnte das zu Ende bringen, was er vorhatte.“