Rappelvolle Hallen beim Messeherbst – wie in der Vor-Corona-Zeit Foto: Lichtgut/Christoph Schmidt

Der breite Themenstrauß des Stuttgarter Messeherbsts dreht sich um Spiel, Kreativität, Genuss, Stil, Musik, Tier, Familie und Heim. Erstmals seit dem Messeherbst 2019 ganz ohne Corona-Beschränkungen. Der Besucherzahl war wieder so hoch wie vor der Pandemie.

Im vorigen Jahr war der Messeherbst eine Art Premiere: Denn mit dem weltweiten Corona-Ausbruch war der beliebte Messeverbund das erste Besucherevent auf den Fildern seit dem Lockdown im März 2020. Der Messeherbst 2021 war ein Schritt in Richtung Normalität, aber unter strengen Regeln. Bummeln durften nur Geimpfte und Genesene und dies auch nur mit Maske. Vor dem Betreten mussten die Besucher ihre Impfnachweise vorzeigen.

In diesem Jahr gibt es keine Corona-Beschränkungen mehr. Und die Attraktionen in den Hallen kamen gut an: „Das kannst du alles bauen!“ Valerie zeigt ihrem Sohn Leon den gelben Jeep, der auf einem Podest im Foyer der Messe Stuttgart präsentiert wird. Fast so groß wie sie ist dieser. „Alles Lego?“, staunt der Sechsjährige. Das Gefährt verweist auf die Spielemesse, die sich Halle 1 mit der Messe Kreativ teilt. „Leon will spielen, ich basteln und handarbeiten, hier entdecke ich oft Neues – und mehr“, sagt die ausgebildete Schneiderin. Acht Messen finden an diesem Wochenende statt: Familie & Heim, Eat & Style, Animal, Veggie & frei von, Mineralien Fossilien Schmuck erstmals die Brawo, Messe für Blasorchester, sowie eben Kreativ und Spiele.

Magnetfußball ist der Renner

Und da ist am Samstagmittag viel los. Hier künden Socken, Stempel, Seifen, Samt, Seide und andere Stoffe von der expandierenden Nähszene und Do-it-Yourself-Trends, dort probieren Papas, Mamas, Opas, Omas mit dem Nachwuchs Spiele aller Art aus. Darunter sind Klassiker wie „Siedler von Catan“, Neueres wie „Paper Dungeons“, also Fantasy-Abenteuer auf Papier, und Ausgezeichnetes wie „Cascadia“, das Spiel des Jahres 2022. Ein Renner ist Magnetfußball! Rufus und Felix sind mit Feuereifer dabei. Sie kicken mit ihrer „Ma“, die versucht, mit dem Magneten ihre Figur zu bewegen.

Einige Meter weiter schwelgt Martin Graf in Kindheitserinnerungen. „Da gab es mal eine Riesen-Rennbahn“, schmunzelt der Mann aus Durmersheim bei Karlsruhe. Nun gibt es zwischen Bausteinen, Puzzles, Knobel- und Lernspielen auch Kugelbahnen, Bobby Cars und Minihäuschen für die Kleinen. Workshops sollen Lust auf Technik und Mint-Berufe wecken, ebenso Mitmach-Aktionen und Versuche, etwa beim Science-Center der Experimenta Heilbronn. Gamer freuen sich über die Taktik- und Strategie-Spiele der „eSports Area“, Modellbaufans über Pläne von Eisenbahnen, mancher Skipper – real oder im Geiste – findet zum Arbeitskreis historischer Schiffsbau, deren Mitglieder vom Einbaum über Ozeandampfer bis zum Panzerkreuzer nachgestalten. Sie hoffen, mehr Menschen für ihr Hobby begeistern zu können.

Leckereien an den Ständen

Begeistert sind viele Besucherinnen und Besucher von den Hallen mit den Leckereien, wo besondere Gewürze aus aller Welt, ausgewählte Nüsse, individuell gefertigte Schokolade, feine Weine, Liköre, Gin und Bio-Brandy locken. Vor manchen der Foodtrucks auf der „Eat & Style“ mit ihren internationalen Spezialitäten ist Geduld angesagt. Viele wollen Pastrami-Sandwiches, ungarische Langosch, asiatisches Wok-Gemüse, griechisches Gyros, französischen Schinken, italienische Pasta, Schweizer Käse, schwäbische „Mauldascha“ und weitere internationale Leckereien verzehren. Konsumiert und goutiert wird auch auf der „Veggie & frei von“, wo sich längst nicht nur Veganer tummeln. „Ich will mal ausprobieren, was es da gibt“, sagt Mark aus Horb: „Das Eis schmeckt echt gut.“ Das freut die Aussteller. „Vielleicht kann man mehr Leute für ‚Vegan’ begeistern.“ Auch ein Mutter-Tochter-Gespann ist davon angetan. „Wir haben ein leckeres Brot ohne Gluten entdeckt! Eigentlich sind wir wegen der Messe Animal da, aber wir schauen uns alles an.“ Auf der Tiermesse geht es nicht nur um Hunde- und Katzenfutter, Dienstleistungen, Bettchen und „intelligentes Spielzeug“, wie etwa den Schnüffelrasen, der bei den Hunden der Messegäste sichtlich gut ankommt. Es gibt auch Vorführungen. „Toll“, freut sich Maja, die mit ihrer Oma da ist. „Wir wollen all die Süßen sehen.“ Zu beobachten sind unter anderem in Aquarien und Terrarien Viktoriasee-Buntbarsche, Vogelspinnen, Reptilien wie Tejus und Tigerpythons. Aber auch weniger Exotisches wie Ziegen, Alpakas, prämierte internationale Rassekatzen, Kaninchen und Pferde. Erstere hüpfen an der Leine im „Kanin-Hop-Sport“ über Hindernisse im Parcours, letztere – Warm- und Kaltblüter – präsentieren im Ring Reitkunst à la spanischer Damensitz, Friesen-Show und mehr.

Schnüffelrasen für Hunde

Dampfbügeleisen, Alarmanlagen und Co.

Gemächlicher geht es bei der Familie & Heim zu. Dort dreht sich alles um Haushaltshelfer, Wellness und Sicherheit für das traute Heim – von Topf und Messer bis Dampfbügeleisen und Staubsauger, Küchen, Couchlandschaften, Kamine, Whirlpools, Infrarotkabinen, Relax-, Massage- und Trainingsmöbel, zudem Alarmanlagen.

Harmonische, swingende Töne sind auf der Premiere der Brawo, das für Brass und Woodwind steht, zu hören und zu lernen. Auf Konzerten etwa der SWR Big-Band oder in Workshops. An den Ständen wird gestöbert und probiert – da ein Saxhorn, dort eine Trompete. Eine Schülerin übt Klarinette. Dieses Instrument spielt auch eine Besucherin im städtischen Orchester Waiblingen. „Auf der Messe kann man sich ein Gesamtbild machen, das ist prima“, sagt sie.

Das meint auch ein Aussteller. Er würde sich im nächsten Jahr noch mehr Stände wünschen. Mehr jüngere Menschen erreichen würde gerne ein Meisterschüler der Oscar-Walcker-Schule, eine renommierte Ausbildungsstätte für Musikinstrumentenbau. Er ist sich einig mit anderen Ausstellenden und Gästen, dass die Brawo genau dazu beitragen könnte.

Die Messeveranstalter auf den Fildern sind mit dem Verlauf des diesjährigen Messeherbsts sehr zufrieden. Insgesamt 105 000 Besucher und Besucherinnen wurden an den vier Tagen gezählt, teilte die Landesmesse GmbH am Sonntagnachmittag mit. 2021 unter der Corona-Beschränkung waren es nur 54 000, im Vor-Corona-Jahr 2019 wie in diesem Jahr ebenfalls mehr als 100 000.