Die Wagen der Merkurbergbahn aus den 1980er Jahren haben bald ausgedient. Foto: dpa

Die Merkurbergbahn in Baden-Baden muss für bis zu 7,7 Millionen Euro generalüberholt werden. Wegen hoher Auflagen haben fast alle Betreiber saniert – oder gleich neu gebaut.

Baden-Baden - In drei Tagen wäre sie weg gewesen, die Betriebserlaubnis – nach mehr als 100 Jahren. Doch die Merkurbergbahn in Baden-Baden, die seit 1913 auf den 668 Meter hohen Hausberg Merkur führt, sei ein Wahrzeichen der Stadt, sie gehöre dazu wie Thermen oder Casino, sagt der Erste Bürgermeister Alexander Uhlig. Einstimmig hat der Gemeinderat deshalb beschlossen, die Bahn für viel Geld zu sanieren. Das wird in Etappen geschehen: 2019 bis 2021 soll die Bahn jeweils für rund drei Monate stillstehen. Rund 6,3 Millionen bis 7,7 Millionen Euro wird das Projekt kosten.

Alle Standseilbahnen in Baden-Württemberg hatten das gleiche Problem: Nach der Brandkatastrophe in Kaprun mit 155 Toten im Jahr 2000 wurden die Sicherheitsvorschriften massiv verstärkt und werden auch seither immer wieder nach oben angepasst. Dafür sorgt das baden-württembergische Landesseilbahngesetz (ja, das gibt es). Stuttgart hatte deshalb 2004 nach langen Diskussionen um die Bedeutung des „Erbschleicherexpress“ zum Waldfriedhof drei Millionen Euro investiert, Bad Wildbad hatte sich 2010 sogar zu einem Neubau der Sommerbergbahn auf alter Trasse für sieben Millionen Euro entschlossen. Über die Turmbergbahn in Karlsruhe wird gerade debattiert – dort erlischt die Betriebserlaubnis im Jahr 2019.

In Karlruhe-Durlach fährt die älteste Bahn Deutschlands

Die älteste Standseilbahn im Land (und in ganz Deutschland) ist die Karlsruher Turmbergbahn, die längste steht in Heidelberg. Die meisten Besucher hat ebenfalls Heidelberg (eine halbe Million pro Jahr), auch Bad Wildbad ist stark frequentiert. An dritter Stelle kommt die Merkurbergbahn mit zuletzt 250 000 Besuchern pro Jahr: „Im Sommer hören Sie auf dem Gipfel alle Sprachen dieser Welt“, sagt Helmut Oehler, der Chef der zuständigen Stadtwerke Baden-Baden. Ein neues Marketingkonzept soll die Zahlen weiter nach oben bringen.

In Stuttgart und Heidelberg kursieren noch historische Wagen – der Nostalgiefaktor ist extrem hoch. In Baden-Baden dagegen stammen die Wagen aus den 1980er Jahren und sehen innen – mit Verlaub – wie ein alter Stadtbus aus. Die Stadt plant deshalb mit neuen Wagen mit moderat modernem Design. Da viele Bürger aber an den alten Wagen hängen, soll das beauftragte Schweizer Büro drei Varianten vorlegen – dann dürfen die Baden-Badener abstimmen, welches Design ihnen am liebsten ist. Daneben wird die komplette Technik samt Antriebsstrang und Motor erneuert. Eine Mittelstation als Fluchtweg wird eingerichtet, alles wird auch barrierefrei sein.

Wirtschaftlich schreibt die Merkurbergbahn eine schwarze Null, wie Betriebsleiter Martin Zoller verrät. Andere Standseilbahnen stünden dagegen ohne Quersubventionierung vor dem Aus. Vom 8. Januar an ist die Baden-Badener Bahn zur üblichen Inspektion einen Monat lang außer Betrieb. Dann fährt sie wieder: und zwar, sobald der Gast es will. Denn die Bahn ist vollautomatisch – wie bei einem Aufzug setzt der Kunde die Bahn selbst in Gang.

Im Land fahren viele Standseilbahnen

Stuttgart

Im Gegensatz zu vielen anderen Standseilbahnen hat der „Witwenexpress“ vom Südheimer Platz zum Waldfriedhof sein nostalgisches Design bewahrt. Fahrzeuge und Gebäude wurden bei der letzten Überholung im Charme des Entstehungsjahres 1929 belassen – die Seilbahn steht unter Denkmalschutz. Besonders ist auch, dass die Seilbahn zum normalen VVS-Kurzstreckentarif benutzt werden darf. Deshalb schweigt die SSB über die Wirtschaftlichkeit – alleine würde sie sich aber sicher nicht tragen. Die wichtigsten Daten: 536 Meter Länge, 85 Höhenmeter, 28 Prozent maximale Steigung. Zum Vergleich die Daten der Merkurbergbahn: 1192 Meter Länge, 370 Höhenmeter, 54 Prozent maximale Steigung.

Karlsruhe

Die Turmbergbahn in Karlsruhe-Durlach fährt sie bereits seit 1888; damit ist sie die älteste Standseilbahn in Deutschland, die noch in Betrieb ist. Die historischen Waggons stammen aus der Mitte der 1960er Jahre. Die Daten: 315 Meter Länge, 100 Höhenmeter, 36 Prozent maximale Steigung.

Heidelberg

Die Bergbahn zum Heidelberger Schloss und weiter zum Königstuhl besteht aus zwei Strecken; dazwischen muss man umsteigen. Rechnet man beide Strecken zusammen, ist die Bergbahn mit mehr 1491 Metern die längste im Land. Die untere Bahn wurde 1890 eröffnet. Die Wagen der oberen Bahn sind noch historisch. Die weiteren Daten: 431 Höhenmeter, 43 Prozent maximale Steigung.

Bad Wildbad

Die Sommerbergbahn gibt es seit 1908, sie wurde aber 2011 komplett erneuert; auch die Wagen sind heute modern. Der Sommerberg ist der Hausberg der Stadt. Die Daten: 738 Meter Länge, 291 Höhenmeter, 53 Prozent maximale Steigung.

Freiburg und Künzelsau

Dies sind zwei recht neue Standseilbahnen. Die Schlossbergbahn in Freiburg verkehrt seit 2008 als automatischer Schrägaufzug zwischen Stadtgarten und Schlossberg. Die Daten: 262 Meter Länge, 73 Höhenmeter, 22 Prozent maximale Steigung. Die Künzelsauer Bergbahn verbindet seit 1999 die Kernstadt mit dem Neubaugebiet Taläcker. Die Daten: 1034 Meter Länge, 170 Höhenmeter, 30 Prozent maximale Steigung.