Das Stuttgarter Neckartor, die berühmteste Messstelle der Republik: Hier müssten die Stickoxidwerte nächstes Jahr deutlich sinken, um Euro-5-Fahrverbote ab 1. Januar 2020 noch zu vermeiden. Foto: dpa

Die Bundesregierung stellt auf dem neuen Diesel-Gipfel im Kanzleramt mehr Geld für besonders abgasbelastete Städte wie Stuttgart bereit. Für die Rathauschefs der Republik ist das Geld aber nicht die größte Herausforderung.

Berlin - Für die „Heute-Show“ des ZDF, deren Reporter den tragikomischen Aspekten der Diesel-Saga hinterherjagten, hat Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter ein knackiges Fazit des neuerlichen Treffens im Kanzleramt gezogen: „Es hat wieder einmal nicht geklappt.“ Die neuen finanziellen Zusagen für besonders schadstoffbelastete Kommunen, die Kanzlerin Angela Merkel (CDU) nach der Runde ankündigte, konnten den SPD-Mann nicht wirklich beruhigen: „Geld ist nicht alles.“

Alte Finanzzusagen neu präsentiert

Fast eine Milliarde Euro mehr für saubere Luft stellte Merkel ins Schaufenster. Jedoch handelt es sich nicht um ein Ergebnis dieses Dieselgipfels: Dass das von 2017 bis 2020 laufende „Sofortprogramm Saubere Luft“ von einer auf 1,5 Milliarden Euro aufgestockt wird, stand schon nach den Beratungen über den Haushalt 2019 fest, der vor zehn Tagen vom Bundestag verabschiedet wurde. Und die weiteren 432 Millionen Euro, mit denen der Bund Hardwarenachrüstungen bei älteren Kleinlastern etwa von Handwerkern fördert, sind eine Folge der Koalitionseinigung von Anfang Oktober. Zusätzlich wurde damals vereinbart, dass auch schwere Kommunalfahrzeuge beispielsweise der Straßenreinigung zu 80 Prozent auf Staatskosten einen Stickoxid-Katalysator bekommen können.

Merkel sieht die Politik nun auf einem „guten Weg“ – nicht jedoch die Rathauschefs. „Man muss die Relation sehen“, sagte OB Reiter aus München, wo alleine eine Gesamtfördersumme von mehr als 400 Millionen Euro beantragt worden ist. In der baden-württembergischen Landeshauptstadt liegt die Summe deutlich niedriger: „In Stuttgart haben wir eine Luftreinhalteförderung von rund 22 Millionen Euro beantragt – und es sind weitere Vorhaben in der Pipeline“, sagte OB Fritz Kuhn (Grüne) unserer Zeitung in Berlin: „Dass wir im Vergleich zu anderen etwas weniger beantragen, hat damit zu tun, dass manche Städte sich jetzt Maßnahmen finanzieren lassen, die wir schon vor Jahren alleine finanziert haben.“

OB Kuhn dringt auf rechtliche Beschleunigung

Kuhn begrüßte die zusätzlichen Gelder: „Wir beschweren uns nicht darüber, dass die Fördermittel für die belasteten Kommunen erhöht und die Anträge dafür vereinfacht werden“, sagte er: „Das ist aber nicht unser Hauptproblem.“ Vorrangig müsse der Bund viel schneller als die technischen und genehmigungsrechtlichen Voraussetzungen von Hardwarenachrüstungen bei Pkw schaffen, damit diese noch 2019 eingebaut werden könnten, so Kuhn: „Sonst haben wir in Stuttgart nicht einmal mehr die Chance, Euro-5-Fahrverbote ab dem 1. Januar 2020 zu vermeiden – für die Euro-4-Fahrverbote ab dem 1. Januar 2019 ist es ohnehin schon zu spät.“

Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) sicherte zu, dass die gesetzgeberischen Vorgaben zu Jahresbeginn vorliegen würden. Die Katalysator-Hersteller hätten zugesagt, innerhalb eines halben Jahres entsprechende Bausätze bereitzustellen – ob dies auch der Fall sein werde, wollte Scheuer am Montag nicht garantieren.