CDU-Chefin mahnt ihre Partei, die Menschen vom Nutzen des Bahnprojekts zu überzeugen.

Stuttgart/Potsdam - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich erneut vehement für das umstrittene Bahnprojekt "Stuttgart 21" ausgesprochen. "Das ist ein richtiges, wichtiges Verkehrsprojekt für Europa", sagte die CDU-Vorsitzende am Samstag auf dem Deutschlandtag der Jungen Union in Potsdam.

Die CDU-Chefin mahnte ihre Partei, die Menschen vom Nutzen des Bahnprojekts zu überzeugen. Politik funktioniere nicht nach dem Motto: "Das wird jetzt so gemacht." Aus früheren Großprojekten wie dem Ausbau des Frankfurter Flughafens könne die Lehre gezogen werden, dass durch Gespräche viel bewirkt werden könne, sagte sie.

Jede Generation müsse ihren Beitrag zur Modernisierung des Landes leisten. Hierzu gehörten auch neue Verkehrswege. "Sonst werden wir den Anschluss an die Zukunft verlieren", warnte Merkel.

Goll warnt vor Ausstieg

Unterstützung bekam sie von der schwarz-gelben Koalition in Baden-Württemberg. Landesjustizminister Ulrich Goll warnte vor den Konsequenzen eines Ausstieg aus dem Milliardenprojekt, bei dem der Bahnhof unter die Erde gelegt werden soll. Die Bahn als Bauherrin habe sämtliche Genehmigungen. Das Land könne höchstens aus der Finanzierung aussteigen, werde aber unter Umständen schadenersatzpflichtig.

Der "Spiegel" berichtete, dass die Deutsche Bahn mit Kosten von 1,4 Milliarden Euro im Falle eines totalen Bauabbruchs bei Stuttgart 21 rechne. In der Bahn-Konzernspitze schätzt man dem "Spiegel" zufolge, dass ein Einfrieren der Arbeiten mit rund 500.000 Euro pro Arbeitstag zu Buche schlagen würde. Richtig teuer käme internen Berechnungen zufolge eine Aufgabe des Projekts. Bislang habe Stuttgart 21, inklusive Planungskosten, bereits 260 Millionen Euro verschlungen.

Palmer: "Volksentscheid ist der einzige Weg"

Einer der Hauptkritiker von "Stuttgart 21", der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer, schloss eine Einigung ohne Volksentscheid aus. "Der Volksentscheid ist der einzige Weg, wirklich Frieden herzustellen", sagte der Grünen-Politiker.

Die Vermittlungsgespräche unter Vorsitz des CDU-Politikers Heiner Geißler dienten dagegen nur der Klärung der Faktenlage, also einer von beiden Seiten akzeptierten Darstellung des Sachverhalts.

Auch Baden-Württembergs SPD-Chef Nils Schmid sagte dem "Focus", dass die Möglichkeiten des Schlichters Heiner Geißler begrenzt seien. "Herr Geißler kann nicht einfach den Daumen heben oder senken. Der Grundkonflikt kann nicht aufgelöst werden."

Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) hält die Vermittlungsbemühungen für zwecklos. "Da gibt es nichts zu vermitteln. Die Frage, um die es geht, kann man mit Ja oder Nein beantworten", sagte Niebel der "Welt am Sonntag". Der Bahnhof gehöre wie geplant unter die Erde.

Auch nach Auffassung des baden-württembergischen CDU-Fraktionschefs Peter Hauk kann es "keinen Kompromiss" beim Bahnprojekt Stuttgart 21 geben. "Entweder es wird gebaut, oder es wird nicht gebaut."