Bundeskanzlerin Angela Merkel und die polnische Ministerpräsidentin Beata Szydlo treten bei einer gemeinsamen Pressekonferenz auf. Foto: AP

Die Bundeskanzlerin hat die heikle Reise nach Polen souverän gemeistert. Sachlich und in ein Kompliment verpackt forderte die Kanzlerin die Einhaltung demokratischer Werte ein – zum Missfallen der regierenden Rechtskonservativen.

Warschau - Wer geneigt ist, aus prinzipiellen Erwägungen über die lange Amtszeit von Angela Merkel zu klagen, der bekam am Dienstag in Warschau die großen Vorteile langjähriger Erfahrung vorgeführt. Eine als äußerst heikel geltende Mission wie die Reise nach Polen, inklusive eines Treffens mit dem autoritären Parteiführer Jaroslaw Kaczynski, erledigte die Kanzlerin mit beeindruckender Souveränität. Trotz diverser polnischer Mahnungen im Vorfeld, es mit den Attacken auf die allein regierenden Rechtskonservativen nicht zu übertreiben, redete Merkel vor laufenden Kameras Klartext. Sachlich und in ein Kompliment verpackt forderte die Kanzlerin die Einhaltung demokratischer Werte ein.

Man konnte sich lebhaft vorstellen, wie es in Jaroslaw Kaczynski zu brodeln begann, der Merkel erst am Abend hinter verschlossenen Türen traf, weil er kein Regierungsamt innehat und sich derzeit mit der Rolle des kontrollierenden Strippenziehers begnügt. Seine Partei hat die Justiz und die staatliche Medien in Polen entmachtet. Die Kanzlerin ihrerseits versuchte in Warschau, das deutsch-polnische Verhältnis, das nach dem Brexit-Votum für die Zukunft der EU wichtiger ist denn je, aktiv zu gestalten. Merkel zählte Gemeinsamkeiten und mögliche Projekte auf, ohne sich anzubiedern. Ein starker Auftritt.