Die Amtskollegen Tsipras und Merkel, hier noch in Brüssel, treffen sich am Freitag in Berlin. Foto: dpa

Mit einer ganzen Reihe unangenehmer Themen im Gepäck reist der griechische Regierungschef nach Berlin. Für Gesprächsstoff bei seinem Besuch im Kanzleramt dürfte auch der mutmaßliche Frauenmörder von Freiburg und dessen kriminelle Vorgeschichte sorgen.

Berlin - Beim Empfang des griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras durch Kanzlerin Angela Merkel in Berlin kommen am Freitag gleich mehrere diskussionsträchtige Themen auf den Tisch. Einen Tag nach dem EU-Gipfel geht es im Kanzleramt nach Angaben der Bundesregierung um europapolitische Fragen wie die Lage der Flüchtlinge, die Beziehungen der EU zur Türkei und die Zypern-Verhandlungen. Aber auch der Freiburger Mordfall und die damit verbundenen Vorwürfe gegen griechische Behörden dürften zur Sprache kommen.

Dabei geht es um einen Flüchtling, der verdächtigt wird, in Freiburg eine 19-Jährige vergewaltigt und ermordet zu haben. Innenminister Thomas de Maizière (CDU) warf den griechischen Behörden vor, sie hätten versäumt, den dort wegen Mordversuchs verurteilten und vorzeitig freigelassenen Mann nach Verstößen gegen Bewährungsauflagen international zur Fahndung auszuschreiben. Deshalb sei er bei Kontrollen durch die deutschen Sicherheitsbehörden nicht aufgefallen.

Ein zentrales Thema des Gesprächs im Kanzleramt dürften auch die von den Euro-Partnern zuletzt auf Eis gelegten kurzfristigen Schuldenerleichterungen für Athen sein. Hintergrund ist die von Tsipras überraschend angekündigte Sonderausschüttung an bedürftige Rentner in Griechenland. Die Geldgeber zeigten sich davon irritiert. Der auch innenpolitisch unter Druck stehende Tsipras soll das Vorhaben nach Angaben aus der Euro-Gruppe nicht mit den Gläubigern abgesprochen haben.

Die von den Finanzministern grundsätzlich beschlossenen weiteren Laufzeitverlängerungen und Zinssenkungen für Griechenland-Kredite werden nun vorerst nicht umgesetzt. Die Euro-Gruppe will zunächst einen Bericht der Geldgeber-Institutionen abwarten, ob und inwieweit das von Tsipras versprochene Geschenk den Sparvereinbarungen entspricht. Weiter offen ist, ob sich der Internationale Währungsfonds am dritten Rettungspaket beteiligt. Dies hatte der Bundestag aber gefordert.

FDP-Chef Lindner verlangt Wende in der Griechenland-Politik

Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner verlangte von der Bundesregierung eine Wende in der Griechenland-Politik. „Ich fordere die Bundesregierung ganz klar auf, keine Vertragsverletzungen Griechenlands mehr zu akzeptieren“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. „Herr Tsipras täuscht Europa und erschleicht sich Solidarität der Europäer und ist nicht willens und nicht in der Lage, die Reformen umzusetzen.“ Nach den Worten Lindners „muss die neue Linie sein, dass Griechenland innerhalb der EU, aber außerhalb der Euro-Zone seine wirtschaftlichen Probleme löst“.

Ganz anders äußerte sich Industriepräsident Ulrich Grillo. „Wir Europäer müssen den Griechen helfen. Wir müssen Griechenland im Euro-Raum und in der EU halten“, sagte er der dpa. Die EU müsse auch am Beispiel Griechenlands zeigen, dass Probleme gemeinsam gelöst würden. „Keinesfalls darf die Staatengemeinschaft zerbröseln. Wenn wir uns gut um unsere Sorgenkinder kümmern, ist das die beste Werbung für Europa.“

Zwar mahnte auch Grillo, der Reformkurs müsse fortgesetzt werden. Die Griechen hätten aber Respekt für bereits erreichte Fortschritte verdient: „Wenn man sich vorstellen würde, in Deutschland nur ansatzweise die Reformen durchzuziehen, die Griechenland umsetzen muss, würde es sicherlich einen gewaltigen Aufschrei geben.“