Smart #3: das neueste deutsch-chinesische Gemeinschaftsprodukt Foto: Smart/cf

Die IAA Mobility gilt in der Branche als Duell zwischen deutschen und chinesischen Automobilherstellern. In diesem zur Schau gestellten Verdrängungswettbewerb gibt es aber auch ein Miteinander – präsentiert von Smart.

Dass China in der neuen Autowelt den Ton angibt, ist auf der Mobilitätsmesse nicht zu überhören. Überall auf dem Münchner Messegelände lassen sich chinesische Wortfetzen aufschnappen – rund um die vielen Stände der Aussteller aus dem Reich der Mitte, die neben den heimischen Anbietern im Zentrum dieser Leistungsschau stehen. Derselbe Sound im Pressezentrum, in dem chinesische Journalisten die mit Abstand stärkste Auslandsfraktion bilden. Man spricht Mandarin. IAA-Lektion 1: Geely heißt Glück. Geely heißt aber auch die Automarke des Unternehmers und Mercedes-Großaktionärs Li Shufu.

 

Seit 2020 machen Geely und Mercedes gemeinsame Sache. Beide Konzerne halten jeweils 50 Prozent an Smart. Mit dem Modell #3 findet in München nun die europäische Markteinführung eines elektrischen SUV-Coupés statt, das etwas länger und flacher ist als der Vorgänger mit der Bezeichnung #1. Der Basispreis für das neue E-Fahrzeug liegt hierzulande bei rund 43 000 Euro. Die Reichweite beträgt rund 450 Kilometer.

Das Motto: gemeinsam und nicht gegeneinander

Vom Messegelände in Trudering-Riem direkt auf die Überholspur, so stellt sich das Smart-Europa-Chef Dirk Adelmann (46) vor. Der ehemalige Mercedes-Mann, der zuvor in Vietnam tätig gewesen ist, präsentiert auf der IAA aber nicht allein ein neues E-Auto. Adelmann steht auf der Messe für eine Denkweise, die dort nicht besonders verbreitet ist. Ist doch aus deutscher Sicht China der ganz große Gegner auf dem heiß umkämpften heimischen E-Automarkt. Und so haben viele Branchenbeobachter München nun als Ort einer entscheidenden Schlacht ausgemacht. Das ist Dirk Adelmann viel zu martialisch.

Miteinander statt Gegeneinander ist sein Ansatz, den er allein schon qua deutsch-chinesischen Amtes vertritt. „Wir bringen das Beste aus zwei Welten zusammen“, sagt der Smart-Europachef, der von Echterdingen aus das Geschäft managt. Mit diesem partnerschaftlichen Ansatz könnte seine Marke durchaus eine Vorbildfunktion einnehmen. Dazu sollte sich dieses duale System allerdings auch so schnell wie möglich rechnen.

Smart-Europa-Chef Dirk Adelmann Foto: Smart/cf

Dirk Adelmann glaubt, dass die Mischung stimmt und daraus ein Erfolgsrezept werden kann – in Ost und West. Mercedes ist für das gesamte Design zuständig, bringt sein engmaschiges europäisches Vertriebs- und Aftersales-Netz sowie den guten Ruf mit in die Beziehung ein. „Designed by Mercedes“ ist in Asien weiterhin eine Ansage mit Kaufanreiz. Auf der an der Seite spielt Geely die chinesischen Stärken in Produktion oder bei der Connectivity genannten Vernetzung aus.

Gewöhnungsbedürftiges auf beiden Seiten

Überraschungen für beide Seiten hat dieses Joint Venture auch noch zu bieten, wie Dirk Adelmann schnell festgestellt hat: „In China hatte man nicht damit gerechnet, wie heterogen Europa ist.“ Dass in jedem Land unterschiedliche Regelungen und Bestimmungen zu beachten sind, habe doch für sehr großes Erstaunen gesorgt. Eine neue Erfahrung sei wiederum für viele der 300 europäischen Smart-Mitarbeiter in elf Ländern die enorme chinesische Entscheidungsgeschwindigkeit gewesen, weiß Dirk Adelmann zu berichten. Auch dadurch habe der dortige Automobilmarkt einen Vorsprung von drei bis fünf Jahren gegenüber Europa.

25 Jahre Smart

Anfang
Die Marke Smart wurde 1994 von der Mercedes-Benz AG gegründet. Vorausgegangen waren Projekte der Hochschulen in Pforzheim und Kassel mit dem Ziel, ein Kleinfahrzeug mit Elektroantrieb zu entwickeln. Der Swatch-Uhrenentwickler Nicolas Hayek vermarktete die Idee, die für Daimler allerdings ein Verlustgeschäft wurde.

Neustart
Seit 2020 gehört Smart zu gleichen Teilen den Konzernen Mercedes-Benz und Geely, die jeweils 350 Millionen Euro in das deutsch-chinesische Joint Venture investiert haben. Hauptsitz von Smart ist nun die chinesische Millionenmetropole Ningbo. Im ersten Halbjahr 2023 wurden in China rund 24 000 Modelle des ersten neuen E-Smarts (#1) ausgeliefert.