Ein Mercedes-Cabrio nur fürs Wochenende? Mit Abos wollen Autobauer junge Kunden locken. Foto: Daimler AG

Das Smartphone mit Flatrate nutzen? Logisch. Musik bei Streamingdiensten abonnieren? Machen viele. Nun wollen auch Daimler, Porsche und Co. ihre Autos im Abo verkaufen. Wir haben Experten gefragt, was sie davon halten.

Stuttgart - Ein Autokauf ist kein Zuckerschlecken. Wer einen eigenen Wagen besitzen will, muss sich erst durch eine lange To-do-Liste kämpfen: Auto aussuchen, besichtigen, Probe fahren, versichern und zulassen. Wer sich diesen Unterschriften-Marathon ersparen will, kann es einfacher haben. Mit neuen Abo-Modellen wollen Autohersteller die Generation Netflix locken.

Die Auto-Flatrates lassen sich im Netz minutenschnell mit ein paar Klicks abschließen. Typischerweise werden in den Komplettpaketen für eine feste Monatsrate sämtliche Kosten außer Kraftstoff abgedeckt. Autofahren soll so einfach sein wie Filmeschauen im Netz. Experten sehen das als Revolution – die lange verschlafen wurde.

Das Netflix für die Straße deckt einen Bereich zwischen Carsharing und Leasing ab. Im Gegensatz zum Carsharing gehört einem der Wagen für die Mietdauer – anders als beim Leasing aber für einen deutlich kürzeren Zeitraum. Der Fokus beim Leasing liegt auf einem Modell, ein Abo ermöglicht meist eine Auswahl aus vielen Modellen. Die Autobranche springt damit auf ein Geschäftsmodell auf, das bereits bei Mobilfunkverträgen, Musikstreaming und Videodiensten im Trend liegt.

Revolution auf dem Automarkt

Nutzen statt Besitzen wird den „Autovertrieb revolutionieren“. Zu dieser Einschätzung kommt Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer von der Uni Duisburg-Essen. Obwohl in diesem Jahr gerade einmal etwa 25.000 Autos für Privatkunden im Abo vertrieben würden, vervielfache sich dieser Wert im Jahr 2030 auf voraussichtlich eine Million. „Das Abo-Modell wird Mainstream werden und den Automarkt total verändern“, meint der Experte. Die großen Konzerne hätten diesen Trend bislang verschlafen, sagt Dudenhöffer – und sich von Auto-Abo-Anbietern wie Cluno, Vive La Car, Carminga oder Faaren den Rang ablaufen lassen.

„Monatlicher Fixpreis und alles drin, außer kompliziert“, heißt es beispielsweise auf der Internetseite des 2017 gegründeten Münchner Start-ups Cluno. Für 259 Euro im Monat gibt es einen Opel Corsa im Abo, ein Tesla kostet 1249 Euro monatlich. Dafür sind Kosten für Versicherung, Steuern, Rundfunkgebühr, Wartung, Reparatur, TÜV und Abgasuntersuchung schon enthalten. Beim Vergleich lohnt es sich, auf die Details zu achten: So kostet der Opel Corsa beim Cluno-Konkurrenten Carminga zwar 40 Euro mehr im Monat – dafür spart der Kunde eine Startgebühr von 299 Euro und hat mehr Freikilometer, die Extra-Kosten verursachen, wenn sie aufgebraucht sind.

Für wen lohnen sich die Auto-Abos?

Ob sich mit einem Auto-Abo generell Geld sparen lässt, ist von Fall zu Fall unterschiedlich. Die Cluno-Kombination von Leasing-, Wartung- und Versicherungsvertrag falle zum Beispiel bei einem Opel Corsa für einen Fahranfänger günstiger aus als der Barkauf, berichtet Dudenhöffer, der das Mobilitätsforschungsinstitut Car an der Universität Duisburg-Essen leitet.

Ein 50 Jahre alter Fahrer mit hohem Schadensfreiheitsrabatt fahre beim gleichen Modell hingegen mit dem Kauf günstiger. Neben der Flexibilität und den transparenten Kosten nennt der Experte einen weiteren Vorteil der Flatrate: Ein Auto im Abo verhindere das Risiko, das bei einem Kauf bestehe, da das Auto nach dem Immobilien-Erwerb für die meisten die größte Investition sei. Insbesondere für den Verkauf von Elektroautos, die teils noch mit Misstrauen betrachtet werden, seien Abo-Modelle ein Treiber.

Im Vergleich zu Leasing- oder Finanzierungsangeboten sei die monatliche Rate für ein Porsche-Abo zwar höher, sagt Porsche-Sprecherin Tanja Deutschenbaur. So gibt es beispielsweise den Panamera für einen Festpreis von 2299 Euro, der 718er Boxster kostet 1499 Euro. Dafür seien aber von der saisonalen Bereifung bis zur Kfz-Steuer alle möglichen Zusatzkosten abgedeckt. Die Flatrates gibt es beim Stuttgarter Sportwagenhersteller bislang über Cluno. „Aufgrund des positiven Feedbacks arbeiten wir aktuell an einer Porsche-eigenen Lösung, die voraussichtlich ab der zweiten Jahreshälfte 2020 verfügbar sein wird.“

Zusätzlich testet der Sportwagenhersteller in den USA ein neues Abo-Programm: Der Porsche-Passport ermöglicht Mitgliedern für eine Pauschale von 3000 Dollar die On-Demand-Nutzung von bis zu 22 Modellvarianten, beispielsweise den Porsche 911 Carrera S, die Sportlimousine Panamera 4S, den Macan GTS und den Cayenne S E-Hybrid-SUV. „Unsere Pilotergebnisse aus Atlanta zeigen, dass die Passport-Kunden im Schnitt sieben Jahre jünger sind als der durchschnittliche Porsche-Kunde in den USA“, sagt Deutschenbaur. 80 Prozent von ihnen gelten als Neukunde, weil sie bisher keinen Porsche besessen haben.

Zwölf Autos stehen in der digitalen Daimler-Garage

„Am Wochenende ein Cabriolet, für den Familienurlaub einen SUV und für die Geschäftsreise eine Mercedes-Benz Limousine“– so bewirbt der Stuttgarter Autobauer Daimler im Netz sein Premium-Paket, das die Nutzung von zwölf Autos im Jahr ermöglicht. Im Schnitt wechseln Kunden aber nur etwa sieben Mal jährlich den Wagen, sagt Mirjam Oßwald vom Lab1886, des Innovationslabors bei Mercedes-Benz. Das interne Start-up hat die App-Funktion Flexperience hervorgebracht, die es ermöglicht, Fahrzeuge zu abonnieren und monatlich zu wechseln.

In der digitalen Daimler-Garage gibt es ein Cabrio oder einen Roadster ab 999 Euro monatlich, eine A-Klasse-Limousine kostet 799 Euro. „Unsere Kunden brauchen nur noch tanken“, sagt die Lab1886-Sprecherin. „Das bedeutet, keinen Aufwand mehr hinsichtlich Versicherung, Steuer, Garantie-Reparaturen, Wartung oder Reifen.“ Das Angebot kommt laut der Lab1886-Sprecherin beim Kunden an: „Wir sehen einen klaren Trend vom Besitz zur Nutzung“, sagt Oßwald. „Die Kunden wollen die Vorteile des Fahrzeugbesitzes ohne die damit einhergehenden Verpflichtungen genießen.“

„Die Nachfrage nach solchen Produkten wird in Zukunft weiter steigen“, sagt Porsche-Sprecherin Deutschenbaur überzeugt. Sie räumt aber auch ein: „Aktuell handelt es sich bei diesem Geschäftsfeld noch eher um ein Nischenprodukt.“ Der Sportwagenhersteller will mit dem Angebot eine neue Kundengruppe erreichen: „Insgesamt haben wir mit den bisherigen Abo-Angeboten gelernt, dass sich dadurch im Durchschnitt deutlich jüngere und oftmals neue Kunden angesprochen fühlen.“