Roger Federer hat sich beim Tennisturnier auf dem Stuttgarter Weissenhof ins Halbfinale durchgeschlagen. Foto:  

Im Halbfinale auf dem Stuttgarter Weissenhof fordert Youngster Dominic Thiem Altmeister Roger Federer heraus. Ein spannendes Duell zwischen Österreich und Schweiz.

Stuttgart - Von der Präzision eines Schweizer Uhrwerks ist das Tennisspiel des Roger Federer zwar noch etwas entfernt. Doch immerhin liefert der „Fed-Express“ wie gewohnt zuverlässig, wenn es darauf ankommt. Also lagen sich auf der Tribüne des Centre-Courts auf dem Stuttgarter Weissenhof der Vater Robert und der Trainer Ivan Ljubicic in den Armen, denn die aktuelle Nummer drei der Weltrangliste und das große Zugpferd beim ATP-Tennisklassiker auf dem Killesberg hat im Viertelfinale auch die Hürde Florian Mayer übersprungen.

Gegen den Qualifikanten aus Bayreuth behielt Federer beim 7:6 (7:2), 7:6 (7:1) zweimal im Tiebreak die Oberhand – und zweimal ziemlich klar. Nun trifft der 34-Jährige an diesem Samstag im Halbfinale von Stuttgart im Duell der Generationen auf Dominic Thiem. Der junge Österreicher hatte zuvor Michail Juschny nach hartem Kampf mit 3:6, 6:4, 7:5 besiegt. „Es ist immer schön, wenn du dich in entscheidenden Situationen auf deinen Aufschlag verlassen kannst“, sagte Federer, der allein im Tiebreak des ersten Satzes vier Asse serviert hatte. Dazwischen allerdings gelang dem Perfektionisten aus der Schweiz längst nicht alles. „Jedes Spiel bringt mich näher an meine Bestleistung heran. Nur durch Matches erfahre ich, wie viel noch fehlt“, erklärte Federer, der im zweiten Satz mal wieder seine Nervenstärke bewies, als er gegen den mit seiner doppelhändigen Rückhand unkonventionell per Slice agierenden Mayer gleich ein Rebreak zum 2:2 schaffte.

Federer überholt Lendl

Während sich Roger Federer über den 1072. Sieg seiner Karriere im Einzel freuen darf („Ich bin stolz, etwas auf diesem Level erreicht zu haben“), womit er Ivan Lendl überholt hat (nur Jimmy Connors liegt mit 1256 Siegen noch vor dem Schweizer), darf auch Mayer zufrieden sein: Nach einer neunmonatigen Verletzungspause wegen eines Adduktoreneinrisses ist der 32-Jährige auf Position 226 der Weltrangliste zurück gefallen, aber mit der Leistung von Stuttgart dürfte Mayer bald wieder wesentlich besser platziert sein.

Federer indes bekommt es nun im Halbfinale mit Thiem zu tun, der nach seinem hart erkämpften Dreisatzsieg über den Russen Juschny überglücklich war. „Das war mein bestes Match auf Rasen überhaupt“, sagte der 22-Jährige, als er das Match gegen den Rasenspezialisten aus Moskau nach 110 Minuten Spielzeit mit einem sehenswerten Vorhand-Crossball beendet hatte.

Anders als Federer, der siebenfache Wimbledon-Champion, ist der Österreicher kein erfahrener Rasenspieler; erstmals überhaupt in seiner Karriere steht der Sandplatzspezialist auf dem grünen Geläuf in einem Halbfinale.

Erstmals in den Top Ten

„Alles, was jetzt noch kommt, ist ein Bonus“, sagte Thiem, der in dieser Saison bereit in den Semifinals der Turniere von Brisbane, Buenos Aires, Rio, Acapulco, München, Nizza und Paris stand – und dabei drei Titel holte. Kein Wunder also, dass der Profi aus Lichtenwörth in Niederösterreich als Siebter der Weltrangliste seit Montag erstmals in den Top Ten notiert ist – ein rasanter Aufstieg.

Weil er zuvor in seiner Laufbahn allerdings noch nie zwei Rasenmatches nacheinander gewonnen hat und nach dem Semifinal-Aus von Roland Garros gegen Novak Djokovic (Serbien) wenig Zeit zur Vorbereitung auf dem ungewohnten Untergrund blieb, stapelte Thiem vor dem Stuttgarter Duell mit dem Maestro aus der Schweiz lieber tief .

„Auf Sand rechne ich mir gegen jeden Spieler etwas aus. Da habe ich viel Selbstvertrauen“, sagte Thiem. Auf Rasen allerdings fehlt dem Shootingstar noch Erfahrung. „Wenn ich gegen Roger eine Packung kriege“, sagt Thiem, „dann werde ich mich nicht beschweren.“

Das ist vielleicht ein bisschen viel an Zurückhaltung. Schließlich erlebt Federer nach einer Knieoperation, einer hartnäckigen Erkältung im März und zuletzt aufgrund von Rückenbeschwerden bisher alles andere als eine Traumsaison – und hat beim Turnier in Rom vor einem Monat gegen Thiem verloren.

Nach einem 6:4, 7:5-Erfolg gegen Radek Stepanek aus Tschechien hat derweil auch Philipp Kohlschreiber das Halbfinale erreicht. Dort trifft er auf den früheren US-Open-Sieger Juan Martin del Potro (Argentinien), der sich gegen den Franzosen Gilles Simon in drei Sätzen durchsetzte.