Der Mercedes-Chef warnt bei einer Veranstaltung unserer Zeitung vor Handelsauseinandersetzungen, bei denen Deutschland der Verlierer sei. Auch für den unbedingt notwendigen Klimaschutz sei die Zusammenarbeit mit China unverzichtbar.
Mercedes-Chef Ola Källenius warnt davor, bei den Handelsauseinandersetzungen mit China auf Abschottung zu setzen. Deutschland verdanke seinen Wohlstand dem Umstand, dass die Märkte offen geblieben sind, sagte Källenius bei der Podiumsdiskussion „StZ im Gespräch“ der Stuttgarter Zeitung und „Treffpunkt Foyer“ der Stuttgarter Nachrichten.
Wenn eine allgemeine protektionistische Strömung Fuß fasse, sei das für Deutschland und Europa ein Grund zur Sorge. Mit Blick auf Überlegungen der EU, Strafzölle gegen China zu verhängen, riet Källenius davon ab, selbst Treiber von Protektionismus zu werden. Dies sei für denjenigen am schädlichsten, dessen Geschäftsmodell der Export sei. Würde man sich von China komplett abkoppeln, müsse man „wahrscheinlich die Hälfte des Werks Sindelfingen stilllegen“, beschrieb Källenius ein theoretisches Extremszenario des Protektionismus. Die Handelsbeziehungen mit China seien nicht perfekt, gleichwohl gelte es, nach Kompromissen zu suchen. Bei der Bekämpfung des Klimawandels sei eine Zusammenarbeit mit China ohnehin unerlässlich.
Auf die Politik kommt es an – aber nicht nur auf sie
Zur Vorgabe der EU, von 2035 an nur noch E-Autos zuzulassen, sagte der Mercedes-Chef, die Dekarbonisierung sei das absolut richtige Ziel. Wirtschaft und Politik müssten allerdings mehr denn je Hand in Hand arbeiten. Wenn die Politik bei der Förderung zu sprunghaft vorgehe, sei das nicht hilfreich, sagte Källenius mit Blick auf die kurzfristige Streichung der Kaufprämie für Autos im vergangenen Jahr. Zwar berufe Deutschland sich dabei auf die Schuldenbremse; andere Länder hätten aber offenbar Wege gefunden, den Kauf von E-Autos weiter zu fördern.
Das Unternehmen konzentriere sich bei der Dekarbonisierung auf die Faktoren, die man selbst beeinflussen könne. Er verwies auf die neue Kompaktklasse, deren erstes vollelektrisches Modell im kommenden Jahr auf den Markt kommt und mit einer Reichweite von 750 Kilometern ähnlich weit fahre wie ein Verbrenner.
Die Strategie werde auch in Zukunft kompakte Fahrzeuge umfassen, sagte Källenius mit Blick auf eine Reihe kritischer Leserfragen zur verstärkten Ausrichtung auf Luxusfahrzeuge. Man sei in diesem Segment allerdings nicht der günstigste Anbieter und sei dies auch früher nicht gewesen. International am erfolgreichsten sei Mercedes allerdings mit großen Modellen wie der S-Klasse. Dem soll der verstärkte Fokus auf große, luxuriöse Fahrzeuge Rechnung tragen.
Luxus steht in der Tradition der Marke
Die starke Ausrichtung auf das obere Segment steht nach Aussage von Källenius in der Tradition der Marke. Die Öffnung von Mercedes in Richtung Mittelklasse vor Jahrzehnten habe in der Öffentlichkeit zunächst Befremden ausgelöst; später habe man die Marke noch weiter nach unten ausgeweitet, auch wegen der Vorgaben zum Benzinverbrauch. Damals habe es viele Stimmen gegeben, wonach Mercedes in der Golf-Klasse nichts zu suchen habe. Auch in dieser Klasse wolle man mit anspruchsvollen Technologien punkten.