Ein- und Ausparken mit dem Smartphone: Die E-Klasse ist das meistverkaufte Modell des Daimler-Konzerns. Foto: Daimler

Mit der neuen E-Klasse zeigt Daimler den Wettbewerbern BMW und Audi, was beim autonomen Fahren in der Serie möglich ist. Entsprechend hoch sind die Ansprüche an das Fahrzeug.

Stuttgart/Lissabon - Ola Källenius mag es nicht, wenn es persönlich wird. Bei der Frage, ob es ihn unter Druck setze, dass er als Kronprinz von Daimler-Chef Dieter Zetsche gefeiert wird, schaut er nur auf den Tisch. Und sagt dann: „Das ist ein Thema, das bei uns intern gar nicht existiert.“ Lieber spricht der 46-jährige Vertriebschef, der 2017 Entwicklungsvorstand wird, von der neuen E-Klasse. Im April kommt sie zu den Händlern, und Källenius erwartet einiges von ihr. „Die E-Klasse ist das Herzstück unserer Produktpalette“, sagt Källenius. Es ist das meistverkaufte Fahrzeug in der Geschichte von Mercedes-Benz. Insgesamt 13 Millionen E-Klasse-Fahrzeuge gingen über alle Generationen hinweg an die Kunden.

Dass das Auto bei den Kunden ankommt, merkt der Konzern auch daran, dass die Nachfrage kurz vor der Einführung des neuen Modells nicht in den Keller geht. Nach Konzernangaben gehörten die E-Klasse-Limousine und das -T-Modell im Februar zu den volumenstärksten Modellen von Mercedes-Benz – und wurden doch zuletzt von den Wettbewerbern abgehängt. Mit der neuen E-Klasse (W 213) will Daimler wieder an den Konkurrenten Audi A6 und 5er-BMW vorbeiziehen. „Die E-Klasse muss auf jeden Fall eine Führungsposition in dem Segment einnehmen“, sagt Källenius. „Wenn es im nächsten Jahr gelingt, ist es super.“ Das neue Modell wird erst im Laufe des Jahres in allen wichtigen Märkten eingeführt: Im Sommer kommt es in die USA, im Herbst folgt China.

Beim Blick in die Zukunft hät sich Källenius bedeckt

„Dort sehen wir besonders Potenzial“, sagt Källenius. Das habe schon die Einführung der C-Klasse gezeigt. Dort ist der Absatz durch die Einführung der Baureihe 205 sprunghaft angestiegen. Einen Unterschied gibt es jedoch: Die Chinesen lassen sich gern chauffieren und fahren auf einen langen Radstand ab. So nennen Experten den Abstand zwischen den Achsen eines Autos. Bei der C-Klasse hat Daimler eine Langversion für den chinesischen Markt erst eingeführt. „Bei der E-Klasse sind wir bereits mit langem Radstand im Markt“, sagt Källenius. Trotzdem sei Daimler bei der neuen Chinaversion der E-Klasse noch stärker auf die Wünsche der Kunden vor Ort eingegangen. „Wir werden den Chinesen im Fond viel bieten, so dass wir mit einem deutlichen Wachstum rechnen können.“

Darüber hinaus hält sich Källenius beim Blick in die Zukunft bedeckt. Auch im Hinblick auf seinen neuen Job als Entwicklungsvorstand. „Ich fokussiere mich voll und ganz auf meine Aufgabe im Vertrieb“, sagt er. „Und das macht mir Spaß.“ Als nächstes großes Projekt steht beim Daimler-Konzern ein reichweitenstarkes E-Auto an. Porsche hat bereits die Pläne für seinen Elektro-Sportwagen gelüftet, der eine Reichweite von über 500 Kilometern haben soll.

„Wir haben letztes Jahr angekündigt, dass auch von Daimler ein großes E-Auto zu erwarten ist“, sagt Källenius. „Es soll vor Ende des Jahrzehnts auf den Markt kommen“, so der Vertriebsvorstand.

Es braucht Vertrauen in die Technik

Es kostet etwas Überwindung und braucht ein bisschen Vertrauen in die Technik: Der Fahrpilot der neuen E-Klasse gibt einen Einblick, wie autonomes Fahren in Zukunft funktionieren kann.

Die E-Klasse kann Verkehrsschilder erkennen und die Geschwindigkeit danach richten. Der Fahrpilot ermöglicht, dass das Fahrzeug selbstständig den richtigen Weg findet, indem es sich nicht nur an den Fahrbahnmarkierungen, sondern auch am vorausfahrenden Fahrzeug orientiert. Diesem kann es folgen und hält dabei den korrekten Abstand ein. Das alles funktioniert bis zu einer Geschwindigkeit von 210 km/h, ist aber vor allem auch bei Stop-and-go-Verkehr hilfreich.

Theoretisch kann der Fahrer, wenn er den Fahrpiloten aktiviert hat, die Hände in den Schoß legen. Das darf er aus rechtlichen Gründen aber nicht. Registriert das System über das Lenkrad, dass der Fahrer seine Hände nicht mehr am Steuer hat, warnt es den Fahrzeugführer vor und leitet schließlich einen Nothalt ein.

Automatisch die Spur wechseln

Technisch erinnert die Ausstattung der neuen E-Klasse in vielen Punkten an die S-Klasse. Neu auf dem Markt ist jedoch etwa das autonome Spurwechselsystem, das bei der E-Klasse Teil des Drive Pilot (Fahrpilot) ist.

Und das funktioniert so: Wenn der Fahrer auf einer mehrspurigen Autobahn unterwegs ist und den Blinker länger als zwei Sekunden betätigt, wechselt das Fahrzeug autonom die Spur – beispielsweise zum Überholen. Die E-Klasse kann selbst erkennen, ob die Fahrbahn dafür frei ist oder ob sie ein anderes Auto rammen würde. Das ist möglich durch einen Fernbereich-Radar und eine Stereokamera, die den Bereich vor dem Wagen überwachen. Ein weiterer Radar – der sogenannte Multi-Mode-Radar – kontrolliert den Bereich neben und hinter dem Fahrzeug. Der Spurwechsel-Assistent funktioniert bei einer Geschwindigkeit zwischen 80 und 180 km/h. Erkennt das Auto ein Hindernis oder keine Spur mehr, bricht es das Manöver ab.

Mit dem Smartphone ein- und ausparken

Wer oft in Städten wie Stuttgart unterwegs ist, weiß, was enge Parklücken sind. Da kann es vorkommen, dass man zwar irgendwann einen freien Stellplatz findet. Man kommt dann nur nicht mehr aus dem Auto raus, ohne einen rechts und links des eigenen Autos parkenden SUV zu rammen. In den engen Garagen zu Hause schränken oft Rasenmäher und Kinderfahrräder die Bewegungsfreiheit ein.

So eine Situation hatten die Ingenieure im Kopf, als sie den Parkpiloten entwickelt haben. Die E-Klasse lässt sich per Smartphone auf- und zuschließen, aber auch starten und parken. Solange man kreisende Bewegungen auf dem Smartphone durchführt, fährt das Auto aus der Parklücke oder Garage heraus oder hinein. Das Fahrzeug kann somit also vorwärts sowie rückwärts in Längs- und Querparklücken eingeparkt werden. Der Fahrer darf dabei nicht mehr als etwa drei Meter vom Auto entfernt stehen. Registriert das Fahrzeug während des Einparkens Hindernisse, beendet es den Vorgang.