In der Mercedes-Benz-Arena hat der VfB Stuttgart schon so manchen Triumph gefeiert, der letzte ist mit dem Aufstieg nicht einmal eine Woche her. Hier blicken wir auf die Geschichte des Stadions, das schon viele Namen hatte, zurück.
Stuttgart - Ein Stadion ist nicht einfach nur ein Stadion. Es ist ein besonderer Ort, ein Theater der Träume, Wembley oder das Maracanã werden gar als Kathedralen des Fußballs bezeichnet. Aber warum in die Ferne schweifen? Wer am 1. Oktober 2003 im Gottlieb-Daimler-Stadion in Stuttgart war, der wird diese magische Nacht nie vergessen. Kribbelnde Spannung. Gänsehaut-Momente. Es war ein Abend der ganz großen Gefühle, als der VfB Stuttgart in der Vorrunde der Champions League den Favoriten Manchester United durch die Treffer von Kevin Kuranyi und Imre Szabics mit 2:1 besiegte. Nein, entzauberte. Die 50 348 Zuschauer waren Zeugen einer wunderbaren Botschaft: Märchen sind möglich.
Und jetzt ist das schwäbische Fußball-Oval wieder die Heimstatt einer wunderbaren Geschichte gewesen: Nach nur einem Jahr im Unterhaus ist dem Team von Hannes Wolf der direkte Wiederaufstieg gelungen. Im Jahr davor hatte die Arena bei elf Heimpleiten noch einem Trauertempel geglichen. Welche Verwandlung. Das ist auch passiert, weil sich die Fans gegen die Zweitklassigkeit aufgelehnt und Woche für Woche das Stadion gefüllt haben.
Der Zuschauerzuspruch war stets erstklassig, und jetzt ist es auch das Team wieder. 1977 ist den Wundermännern des damaligen Trainers Jürgen Sundermann mit dem Bundesliga-Aufstieg ähnliches gelungen. Damals dauerte es nach dem Abstieg 1975 allerdings zwei Jahre, ehe der VfB wieder Erstligaluft schnuppern durfte.
Das ist nur eine von vielen Geschichten, die sich in Stuttgarts größter Sportarena abgespielt haben. Mal hieß sie Neckarstadion, ab 1993 Gottlieb-Daimler-Stadion, und 2008 wurde der Sporttempel in Mercedes-Benz Arena umbenannt. Dramen, Fußballfeste und Premieren hat das Oval erlebt mit Ekstase, Freude und auch Tränen. Und sie ist moderner, komfortabler geworden, hat sich 2009 von der Tartanbahn getrennt, obwohl es auch eine erfolgreiche Heimstatt für die Leichtathleten war, in der 1993 eine bemerkenswerte Weltmeisterschaft stattgefunden hat. Wenn man sich auf die Zeitreise begibt, trifft man auch auf die Rolling Stones, Robbie Williams oder die Fantastischen Vier, die hier ebenso zu Gast waren wie die Kirchentage beider großen christlichen Konfessionen oder die Harlem Globetrotters.
Die exakte Geburtsstunde des Neckarstadions ist nicht einfach zu benennen
Die exakte Geburtsstunde des Neckarstadions ist gar nicht so einfach zu benennen. Offiziell erhielt die frühere Kampfbahn im Jahre 1949 den neuen Namen. Doch wenn man im Archiv von Eintracht Frankfurt stöbert, findet man die Kopie des Spielberichtsbogens vom 31. März 1946, als der VfB vor 16 000 Zuschauern gegen die Frankfurter durch ein Eigentor der Gäste und die Treffer von Alfred Lehmann und Robert Schlienz mit 3:1 gewonnen hat. Der Schiedsrichter hat als Austragungsort schon damals Neckarstadion vermerkt.
Letztlich ist es egal, wann die offizielle Niederkunft war – es begann eine rasante Zeit mit vielen Veränderungen. Ab 1955 bilden einfache Stehterrassen als Ränge den Ursprung der legendären Cannstatter Kurve, und das Fassungsvermögen beträgt nun 92 000 Zuschauer. Die billigsten Eintrittskarten kosteten nur Pfennigbeträge, und wer früh dran war, konnte den VfB-Spielern bei deren Aufwärmprogramm noch Tipps zum Spiel geben. Acht Jahre später zum Start der neu eingeführten Bundesliga erhält das Stadion die erste Flutlichtanlage von der Stadt.
Vor der Fußball-WM 1974 wird die Haupttribüne abgerissen und durch eine neue, dreistöckige ersetzt. Ein weiterer Meilenstein ist 1986 die bundesweit erste Video-Vollmatrixanzeigetafel in Farbe. Anlässlich der Leichtathletik-WM wird das gesamte Stadion modernisiert und erhält das charakteristische Membran-Dach mit einer Fläche von 34 200 Quadratmetern.
Die jetzt 53 700 Zuschauer fassende Arena trägt den Namen Gottlieb-Daimler-Stadion. Der VfB erhält dafür von der Daimler-AG zehn Millionen Mark. Ab 1999 wird in zwei großen Bauphasen die Modernisierung von Haupt- und Gegentribüne verwirklicht, und das Business-Center entsteht.
Auch wenn die meisten das Rund mit dem VfB in Verbindung bringen, das Stadion ist Eigentum der Stadt Stuttgart. Am 30. Juli 2008 stellt die Umbenennung von Gottlieb-Daimler-Stadion in Mercedes-Benz Arena den Startpunkt für den Umbau in ein reines Fußballstadion dar. Die Stadt gründet die städtische Tochtergesellschaft Stadion NeckarPark GmbH & Co. KG, leistet eine Kommanditeinlage. Der VfB wird atypischer stiller Gesellschafter und bringt von 27 Millionen Euro ein und erhält 20 Millionen Euro von Mercedes für die Namensvergabe. Vertragspartner ist hier zusätzlich noch die VfB Stuttgart Stadion GmbH & Co. KG, die ab 1. Juli 2011 die Mercedes-Benz Arena von der Stadion NeckarPark GmbH & Co. KG pachten wird. Dann wird das Stadion für 60 Millionen Euro umgestaltet.
Nach der Einweihung im August 2011 trennen die Fans hinter den Toren nur noch wenige Meter vom Feld. 8100 Stehplätze wurden nach Dortmunder Vorbild im Unterrang als eine Art schwäbisches „Wändle“ eingerichtet, und diese Trittstufen lassen sich bei internationalen Spielen schnell in Sitzplätze verwandeln. Diese Weltneuheit hat sich der VfB patentieren lassen. Aber die Fußball-Romantiker gehen immer noch in ihr Neckarstadion.