Die Luxusversion des Luxusautos: der Maybach EQS SUV Foto: Mercedes-Benz AG

Chinesische Hersteller wie BYD sind auf dem chinesischen Markt unangefochtene Marktführer auf dem E-Auto-Markt. Wie VW und Mercedes versuchen, mit Oberklassefahrzeugen Boden gutzumachen.

Der Wolfsburger Volkswagen-Konzern nimmt Anlauf, um nach legendären Fahrzeugen wie dem Käfer und dem Golf ein neues Weltauto auf den Markt zu bringen. Das neue Elektro-Topmodell ID.7, das der Konzern zeitgleich in Shanghai, in Berlin und New York vorstellte, soll mit einer Reichweite von bis zu 700 Kilometern punkten und die ID-Familie nach oben erweitern.

Volkswagen ist mit seinen E-Autos mit Abstand der erfolgreichste deutsche Hersteller in China, hat aber mit fünf Prozent einen Marktanteil, der nur ein Drittel so hoch ist wie bei den Verbrennern, bei denen die Wolfsburger auf dem größten Automarkt der Welt unangefochtener Spitzenreiter sind. Allein der chinesische Hersteller BYD verkaufte im vergangenen Jahr fünfmal so viele E-Autos wie die Wolfsburger mit allen Konzernmarken zusammen, Tesla fast dreimal so viele.

Die Anforderungen sind hoch

Doch ein Weltauto auf den Markt zu bringen, das den Ansprüchen rund um den Globus genügt, ist eine große Herausforderung. So sind in China die Anforderungen an die digitalen Möglichkeiten enorm hoch – auch getrieben durch immer neue Anwendungen in Fahrzeugen, für die kleine Start-ups und etablierte sowie neue Hersteller in hoher Taktung Neuerungen entwickeln. In den USA wiederum stoßen Limousinen wie der ID.7 auf begrenztes Interesse – zumal sich dort bereits Tesla mit seinen beiden Erfolgsmodellen 3 und Y festgesetzt hat.

Mit dem ID.6 hat Volkswagen bereits ein Modell der ID-Familie allein für den chinesischen Markt gebaut und will an dieser Strategie auch festhalten. Auch deshalb soll es von dem neuen Modell eine Variante für den chinesischen Markt geben. In Europa soll das Fahrzeug wie in China im Herbst auf den Markt kommen und in Deutschland zunächst 55 000 Euro kosten. Das ist weit weniger, als erwartet worden war, und offenbar auch dem durch Tesla eingeleiteten Preiskampf bei Elektroautos geschuldet.

Der elektrische Maybach soll Mercedes in die Spur bringen

Wie schwierig der chinesische Markt ist, musste auch der Stuttgarter Mercedes-Benz-Konzern mit seinem Elektro-Flaggschiff EQS erfahren, für das man auf dem dortigen Markt den zunächst höher angesetzten Preis deutlich senken musste. Das wird im Konzern nicht zuletzt auf das unzureichende Platzangebot auf der Rücksitzbank zurückgeführt, auf deren rechter Seite es sich der Besitzer bequem macht, wenn er sich vom Chauffeur fahren lässt. Doch die überaus aerodynamische Form, der das Modell seine Reichweite von 800 Kilometern verdankt, geht zulasten der Kopffreiheit, was bei der anspruchsvollen Kundschaft nicht gut ankommt.

Nur eines von 300 in China verkauften Elektroautos kommt bisher von Mercedes, was dem Anspruch des Stuttgarter Autobauers nicht gerecht werden kann. Der nun in Shanghai vorgestellte Maybach EQS SUV soll dazu beitragen, dass auch Mercedes am erwarteten Wachstum des E-Automarkts in China teilhaben wird.

Großzügige Sitze auf der Rückbank und eine besondere Dämmung sollen zu Ruhe und Bequemlichkeit führen und einiges von dem ausgleichen, was beim EQS noch nicht gelungen ist. Da auch die eigens in China hergestellten Modelle EQA, EQB, EQC und EQE bisher in China nur auf begrenztes Interesse stoßen, ist die Luxusversion des Luxusautos EQS, das um die 200 000 Euro kosten soll, ein wichtiger Gradmesser dafür, ob die Strategie von Konzernchef Ola Källenius aufgeht, der sich China, Luxus und E-Autos auf die Fahnen geschrieben hat.

*  Anmerkung: Ein Teil der Reisekosten unseres       Redakteurs nach Shanghai wurde vom       VW-Konzern übernommen.

China als Automarkt

Bedeutung
Fast jedes dritte Auto, das im Jahr 2022 verkauft wurde, ist in China zugelassen worden. Mit fast 24 Millionen Neuzulassungen ist das Land der mit Abstand größte Automarkt der Welt. Da die reine Elektromobilität dort stark wachsen wird, ist die deutsche Autoindustrie auf erfolgreiche E-Modelle angewiesen. Doch bisher gelingt es ihr nicht, ihre starke Marktposition beim Verbrenner in China auf die E-Fahrzeuge zu übertragen.

Technologie
Sehr wichtig ist in China auch der Hybrid, der in Deutschland auf dem absteigenden Ast ist, auch weil er die Unterstützung der Politik verloren hat. Während deutsche Hersteller Hybridfahrzeuge mit geringen elektrischen Reichweiten konstruierten, werden in China Fahrzeuge mit hohen elektrischen Reichweiten bevorzugt, die nur im Bedarfsfall durch den Verbrennungsmotor ergänzt werden. Schon der geringe Strompreis von rund sieben Cent pro Kilowattstunde führt dazu, dass Hybridfahrzeuge elektrisch gefahren werden, wann immer dies möglich ist. Deutschen Herstellern fehlt es also nicht nur an der politischen Unterstützung, sondern auch an den Modellen, die für den chinesischen Markt geeignet sind.

Wettbewerb
Zeekr, Fengshen, Xpeng, Neta und vor allem Nio und BYD – an solche Namen wird man sich in Europa noch gewöhnen müssen. Neue Autohersteller treten auf den Markt und erobern in Summe in China erhebliche Anteile. Auch ohne den Platzhirsch BYD erreichen die kleinen Anbieter einen Anteil von 16 Prozent der E-Autos. Das  ist dreimal so viel wie der Volkswagen-Konzern mit all seinen Marken erreicht und sogar 50-mal so viel wie Mercedes. Der Wettbewerb für die deutschen Autohersteller ist also äußerst intensiv – und dürfte sich bald in Europa festsetzen, wo Anbieter wie Nio mit vergleichsweise günstigen Elektrofahrzeugen Fuß fassen wollen.