Mentor Frank Buschky (links) und sein Mentee Ahmet Gündag. Foto: Privat

Ahmet Gündag fühlt sich wohl in Hügelsheim. In seiner neuen Heimat ist er angekommen. Das Mentoringprogramm zur „Sozialen Teilhabe ausländischer Fachkräfte in der Pflege“ (STaF) hat den Pfleger aus der Türkei dabei unterstützt.

Mandel-Bienenstich hat es Ahmet Gündag angetan: „Der ist so lecker, besser als die meisten Kuchen aus meiner Heimat“, sagt der 25-Jährige, der in der Türkei geboren und aufgewachsen ist. Acht Jahre lang hat er in Istanbul Krankenpflege gelernt, zuerst in einer vierjährigen Ausbildung - anschließend hat er weitere vier Jahre Hemşirelik (Krankenpflege) an der Hochschule İstinye Üniversitesi in Istanbul studiert.

Ahmet Gündag: Anerkennungsjahr und Integration in Hügelsheim

Seit August 2024 lebt Ahmet Gündag nun in Hügelsheim, einer Gemeinde in Baden-Württemberg mit etwa 5100 Einwohnern, südlich von Rastatt. Hier arbeitet er im Seniorenzentrum Curatio - es ist sein Anerkennungsjahr als Pflegefachkraft. „Ich muss vor allem meine deutschen Sprachkenntnisse verbessern, damit ich die nächste Prüfung bestehe“. Also besucht Ahmet Gündag zusätzlich Sprachkurse und investiert dafür viel Zeit „Auch wenn ich noch nicht so gut deutsch spreche, fühle ich mich hier sehr wohl und möchte bleiben.“ Das liegt auch an seinem Mentor Frank Buschky, den der 25-Jährige bereits vor seiner Abreise nach Deutschland kennengelernt hat.

Zusammengeführt hat die beiden das Mentoringprogramm „Soziale Teilhabe ausländischer Fachkräfte in der Pflege“ (STaF), das derzeit von dem Entwicklungswerk für soziale Bildung und Innovation an insgesamt zehn Modellstandorten in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen angeboten wird. Gefördert und unterstützt wird das Projekt durch den Bosch Health Campus (BHC) und die Robert Bosch Stiftung. Gemeinsames Ziel ist es, die soziale Teilhabe von neu zugewanderten Pflegefachkräften zu stärken. Dabei helfen geschulte Mentorinnen und Mentoren, soziale Kontakte zu knüpfen und die Freizeit zu gestalten. Die Pflegekräfte sollen sich über das Arbeitsumfeld hinaus in Deutschland emotional und sozial wohlfühlen können. Damit sie langfristig bleiben möchten und dem Fachkräftemangel im Gesundheitswesen und Pflegebereich entgegenwirken.

Mentorenprogramm unterstützt im Alltag

Eine wichtige Rolle spielen dabei die ehrenamtlichen STaF-Mentorinnen und -Mentoren. So wie Frank Buschky, der etwa zehn Kilometer von Hügelsheim entfernt lebt: „Als ich in der Zeitung gelesen habe, dass das Programm hier vor Ort Mentoren für ausländische Pflegefachkräfte sucht, habe ich mich gleich gemeldet.“ Kurz nach der Infoveranstaltung im Landratsamt Rastatt bekam er die Kontaktdaten seines Tandem-Partners. Der 63-Jährige hatte in seinem Beruf als Business Developer in der chemischen Industrie mit Menschen aus der ganzen Welt zusammengearbeitet. „Daher weiß ich, wie wichtig es ist, dass Mitarbeitende in ihrer Umgebung gut zurechtkommen und sich im Idealfall irgendwann heimisch fühlen.“ Und dabei hilft er nun Ahmet Gündag.

Etwa zweimal pro Woche sprechen Ahmet Gündag und Frank Buschky miteinander und treffen sich regelmäßig. Oft ging es in den ersten Wochen um das Ausfüllen von Anträgen und Formularen, aber auch ganz alltägliche Dinge: Wie komme ich zur Sprachschule, welches Busticket brauche ich bis Rastatt, wo ist der nächste Supermarkt mit türkischen Lebensmitteln und wer könnte mein Hausarzt werden. Dank seines Mentors hat der Pfleger aber auch seine Region kennengelernt – und Mandel-Bienenstich. „Wir besuchen Cafés und Biergärten in der Umgebung und werden demnächst mal zusammen joggen“, erzählt Buschky. Er hat für seinen Mentee auch einen Verein gesucht, in dem er seinem Hobby nachgehen kann: Tennis spielen.

Fachkräftemangel in Pflegeheimen: Programm hilft

„STaF ist eine großartige Sache“, findet Sysett Twrdy, Leiterin des Seniorenzentrums in Hügelsheim, in dem knapp 90 Mitarbeitende aus 21 Nationen 59 Menschen pflegen und betreuen. Seit Sommer 2024 nimmt die Einrichtung an dem Mentorenprogramm teil: „STaF ergänzt unsere Arbeit, damit sich unsere neuen Mitarbeitenden hier wohlfühlen und bei uns bleiben.“ Ahmet Gündag und Frank Buschky sind das erste Tandem in Hügelsheim. „Es funktioniert wunderbar“, sagt Twrdy, „Ahmet vertraut Herrn Buschky sehr, der sich viel Zeit nimmt und ihn bei Fragen unterstützt, die nicht unbedingt etwas mit Ahmets Arbeit zu tun haben.“ Es sei wichtig, dass die ausländischen Mitarbeitenden Kontakte und ein Leben außerhalb des Berufs hätten.

Ahmet Gündag kann sich sehr gut vorstellen zu bleiben und sich in Deutschland als Pflegefachkraft weiterzubilden: „Hier erfahre ich in meinem Beruf viel Respekt. Das hat mir in der Türkei gefehlt“, sagt der 25-Jährige. Das sei einer der Gründe, warum er sich in Deutschland als Pfleger beworben hat. Bereits mit 13 Jahren half er bei der Pflege seines an Alzheimer erkrankten Großvaters. Das entfachte bei ihm die Leidenschaft für diesen Beruf. Wie sein großes Vorbild, die britische Krankenschwester und Pionierin der modernen Pflege Florence Nightingale, möchte Ahmet Gündag ebenfalls für die Menschen da sein, die Pflege brauchen, aber niemanden haben.