Schokolade nimmt verstärkt die Rolle des Seelentrösters ein. Foto: Carmen Steiner)

In Pandemiezeiten naschen die Menschen mehr. Das merken auch regionale Händler und Produzenten.

Marbach - Die Pandemie hat das Leben der Menschen in vielen Bereichen auf den Kopf gestellt. Gemeinsame Abende mit Freunden in einem Restaurant oder Biergarten haben gemütlichen Filmabenden auf der Couch Platz gemacht. Der Griff zur nächsten Schokoladentafel oder Chipstüte ist da praktisch zur Normalität geworden – zumindest deutet das eine Studie der NGG (Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten) an. Der Studie zufolge ist der Konsum von Süßwaren und Knabbereien im Landkreis Ludwigsburg seit Beginn der Pandemie um 2,6 Prozent gestiegen. Auch lokale Unternehmen registrieren eine erhöhte Nachfrage nach diesen Produkten.

Im Erdmannhäuser Unternehmen Huober Brezel, das für seine Salzbrezeln und Salzstangen bekannt ist, führte der vermehrte Heißhunger im Snackbereich zu einer Steigerung in den Verkaufszahlen. „Das veränderte Verzehrverhalten und die Vorratseinkäufe – unsere Gebäcke zählen hier dazu, da sie gut haltbar sind – spielen da eine maßgebliche Rolle“, erklärt Sonja Hart, Beauftragte für die Öffentlichkeitsarbeit bei Huober Brezel. Zu dem veränderten Verzehrverhalten trage der inzwischen fließende Übergang zwischen einer Mahlzeit und einem Snack bei.

Man greife möglicherweise im Homeoffice eher zu einem Snack, als sich eine richtige Mahlzeit zuzubereiten, mutmaßt Hart. Die Verkaufssteigerung zeigt sich allerdings nicht in allen Bereichen: Während es im Lebensmittelhandel eine erhöhte Nachfrage nach Huober-Produkten gebe, sei der Bedarf daran pandemiebedingt in den Gastronomien gesunken.

Verändert hätte sich auch der Werksverkauf in Erdmannhausen. Statt der üblichen vier oder fünf Kunden kann nur noch eine Person das kleine Verkaufshäuschen mit den ausgestellten Produkten der Firmengemeinschaft von Huober, Erdmannhauser und BioGourmet betreten.

Ähnlich wie Huober Brezel verzeichnete die Naturata AG, ein Unternehmen für nachhaltige Produkte in Bio-, Fairtrade- und Demeterqualität mit Sitz in Marbach, im Vergleich zu den Vorjahren einen Umsatzzuwachs bei ihren Schokoladen. Der Zuwachs lässt sich Liane Maxion, CEO von Naturata, zufolge vor allem auf den stationären Handel mit Bioläden und Reformhäusern und weniger auf den Online-Handel zurückführen. Ein Grund für das gestiegene Interesse an Schokoladenprodukten kann laut Maxion eine Art Belohnungssystem darstellen: Die Konsumenten benötigen einen neuen Ausgleich zum Pandemiealltag mit eingeschränkten Reise- und Ausgehmöglichkeiten und finden ihn im Verzehr einer Schokolade.

Der gestiegene Heißhunger nach Süßwaren macht sich auch im Reformhaus Sieber in Marbach bemerkbar. So verzeichnete es laut Martina Sieber, Inhaberin des Reformhauses, eine deutliche Verkaufssteigerung im Bereich Süßwaren und Knabbereien. Besonders begehrt seien dabei die Schokoladen, hier insbesondere die hochpreisigen Tafelschokoladen, und Chips. Die Qualität und Herkunft der Schokoladen scheint für die Menschen verstärkt ein Kaufargument zu sein. Gründe für das gestiegene Kaufverhalten sieht sie vor allem in einem veränderten Pandemie-Alltag. „Die Menschen sind sehr viel zu Hause und haben Zeit zu essen“, vermutet Sieber. Außerdem sei Schokolade gerade zu Pandemie-Zeiten ein ungemeiner Seelentröster.

Auch das Liefer- und Bestellverhalten habe sich verändert: Das Reformhaus bietet, auch schon vor Corona, einen Liefer- und Bestellservice an. Angst vor einer Ansteckung und ein beträchtlicher Anteil an älterer Kundschaft führten zu einer stark steigenden Nachfrage danach. Dazu sei es ein angenehmer Komfort, sich die Waren zu bestellen oder liefern zu lassen. Trotz Bestellung entfalle nämlich die persönliche Beratung nicht, so Sieber. Der Anteil der Kunden vor Ort sei allerdings noch immer deutlich höher, die so die verschiedenen Produktalternativen persönlich begutachten könnten. Pandemiebedingter Heißhunger auf Süßwaren und Knabbereien spiegelte sich folglich auch bei den lokalen Unternehmen in den Verkaufszahlen wider. Es bleibt abzuwarten, ob sich dieser Trend weiterhin halten wird.