In der Luginslandschule scharen sich die Kinder mittags um die Arbeitstische im Klassenzimmer, der geplante Neubau verzögert sich Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Die Nachfrage nach einem Mittagessen an der Schule überrollt Stuttgart. Obwohl noch nicht alle Grundschulen einen Ganztagsbetrieb anbieten, ist die Kapazität an Essensplätzen ausgereizt. Serviert wird auf Schultischen und in Werkräumen.

Stuttgart - Das Mittagessen gibt es für immer weniger Grundschüler daheim, stattdessen steigt die Zahl derer, die an der Schule in ihrem Klassenverband essen. Derzeit ist das mehr als ein Drittel der rund 17 000 Schüler aus den Klassen 1 bis 4.

Inzwischen ist die Mensakapazität in zwölf Fällen erschöpft. Das geht aus einem Bericht zur Situation der Essensversorgung in Ganztagsgrundschulen hervor. Der Bericht wurde auf Wunsch der SPD-Gemeinderatsfraktion vorgelegt. Im Zusammenhang mit dem Streit um die Betreuung und Verköstigung von Halbtagsschülern wollten die Genossen wissen, ob es für die Schüler, die nur bis 14 Uhr an der Schule sind, überhaupt Platz in der Mensa gibt. Denn nur dann erhalten sie ein Mittagessen.

Das Ergebnis ist durchwachsen. An manchen Schulen hat es wenig Platz für Halbtagsschüler, an manchen können 15, an anderen 64, an vielen aber gar keine Halbtagsschüler zu Mittag essen.

Die Lage ist nicht aussichtslos, aber sie wird sich nicht entspannen. Zurzeit werden nur ein bis zwei Jahrgangsstufen ganztags unterrichtet, in jedem Jahr kommen aber weitere Klassen hinzu. An der Altenburgschule in Bad Cannstatt bräuchte man am Ende 360 statt bisher 160 Essen, an der Eichendorffschule in Bad Cannstatt 370 statt bisher 140 Essen, an der Luginslandschule 200 statt 85, an der Rappachschule 130 statt bisher 30 Essen täglich.

Geld für den Ausbau der Mensen ist da

„Wir stehen vor einem großen Berg“, sagt Karin Korn, die Leiterin des Schulverwaltungsamts Stuttgart. Geld für den Ausbau der Mensen ist da. 2011 genehmigte der Gemeinderat jährlich jeweils 3,5 Millionen Euro für zusätzlich benötigte Räume an Ganztagsschulen, inklusive Mensa. Das Problem ist in vielen Fällen der Bauplatz, „der Platz ist endlich“, sagt Karin Korn. Gelegentlich unterschreite man sogar das bereitgestellte Budget, die Planungszeit hingegen nicht. Im Gegenteil: „Durchschnittlich dauert ein Neubau vier Jahre“, so Korn. Eine lange Planungsphase erhöhe zudem das Risiko, die Pläne wieder ändern zu müssen: „Jeder Winter kann an Altbauten neue Prioritäten setzen“, beschreibt Korn die Situation.

Marita Gröger (SPD) zieht daraus den Schluss, „dass wir uns um Ersatzquartiere fürs Mittagessen kümmern müssen“. Gut gelingende Beispiele gebe es bereits dort, wo in benachbarten Jugendfarmen oder Kirchengemeinden aufgetischt wird. „Wir werden deshalb in den nächsten Wochen Rücksprache mit den Schulen in den einzelnen Stadtbezirken halten“, so Gröger. Pro Jahr geben die Köche inzwischen 3615 Essen in Schulgebäuden und 2345 in Schülerhäusern aus, nicht immer unter den besten Voraussetzungen, wie eine Liste der Schulverwaltung offenbart. Die Hohensteinschüler in Zuffenhausen beispielsweise sitzen in einem ehemaligen Betreuungsraum vor ihrem Essen, die Lerchenrainschüler in Heslach nutzen unter anderem ein ehemaliges Klassenzimmer, die Luginslandschüler, zur Hälfte Ganztagsschüler, speisen in einem ehemaligen Werkraum. „Den konnten wir mit viel Engagement einigermaßen herrichten“, sagt Rektor Andreas Passauer. Eine Aufbereitungsküche gibt es nicht, deshalb wird das Essen warm angeliefert und heiß gehalten. Geplant ist ein Um- und Ausbau der Schule, die danach auch eine Mensa zur Verfügung hat.

Essen im Klassenzimmer oder in der Vereinsgaststätte

Selbst Schülerhäusern steht nicht immer ein Speisesaal oder eine Mensa zur Verfügung. Die Steinbachschule serviert in einem ehemaligen Klassenzimmer, die Schüler in Zazenhausen laufen zur Vereinsgaststätte, um dort zu Mittag zu essen. Dabei sind die Schülerhäuser einstmals als Zwischenlösung eingerichtet worden, bis die Schulen ihren Ganztagsbetrieb beginnen können. Bis dahin bieten sie hortähnliche Strukturen mit professioneller, aber gebührenpflichtiger Betreuung und sollen auch den Mittagstisch abdecken.

2011 hat der Stuttgarter Gemeinderat beschlossen, den Ganztagsbetrieb wahlweise in allen 72 Grundschulen anzubieten. Seitdem kann die Schulgemeinde entscheiden, ob künftig alle Erstklässler oder nur einige ganztags unterrichtet werden sollen. Inzwischen bieten 21 Schulen Ganztagsklassen an, neun weitere kommen in diesem Herbst hinzu. Das pädagogische Konzept sieht für die Ganztagsschüler einen Wechsel aus Unterricht, Bewegung und Betreuung bis 17 Uhr vor. Deshalb muss an diesen Schulen auch die Essensverpflegung am Mittag gesichert sein.

„Wenn Kinder den ganzen Tag an der Schule verbringen, dann müssen sie auch gut essen können“, sagt Gabriele Nuber-Schöllhammer (Grüne). Ihre Fraktion wolle sich dafür einsetzen und auch „dort genau hinschauen, wo die Mensakapazitäten bereits jetzt erschöpft sind“.

Das Essensthema ist für eine der nächsten Sitzungen des Schulbeirats gesetzt. Andreas Passauer wird sich länger gedulden müssen: Eine Machbarkeitsstudie für die Luginslandschule soll im Gemeinderat erst kurz vor der Sommerpause diskutiert werden.