Amerika hat ihn nicht vermisst. Nun meldet sich George W. Bush mit seinen Memoiren zurück.

Washington - Amerika hat ihn nicht vermisst. Und selbst der Absturz seines Nachfolgers in der Publikumsgunst hat keineswegs dazu geführt, dass Amerikas Bürger nun ausgerechnet ihn nostalgisch verklären. "Vermisst ihr mich schon?" - die T-Shirts mit seinem - erfundenen - Spruch an Washingtons Union Station, dem städtischen Bahnhof ganz in der Nähe des Kapitols, sind eher ein Gag für Touristen.

George W. Bushs Sympathiewerte sind auch zwei Jahre nach dem Abschied vom Amt eher mau. Als Bush ging, erklärten sich gerade noch 32 Prozent der Amerikaner mit seiner Politik einverstanden. Heute sind es noch immer 55 Prozent, die Bush bescheinigen, einen schlechten Job gemacht zu haben. Einen Hehl hat Bush nie daraus gemacht, dass er sich ein Stück weit verkannt fühlt. Jetzt ist der inzwischen 64-Jährige zum ersten Mal seit zwei Jahren wieder allgegenwärtig.

Werbung in eigener Sache ist nötig

Seine Memoiren über "Decision Points" (etwa: Entscheidungspunkte), markante Momente seiner achtjährigen Präsidentschaft, liegen seit heute in den amerikanischen Buchhandlungen aus. Und der ehemalige Präsident selbst tingelt in den US-Fernsehsendern von Talkshow zu Talkshow, um für sein Buch zu werben. Werbung in eigener Sache hat das 500-Seiten-Werk nötig. Denn es ist keineswegs so, dass Amerikas Leser den Erinnerungen des 43. Präsidenten entgegenfiebern.

Geschickte PR hat bereits das ein oder andere politische wie private Detail aus seinen Memoiren durchsickern lassen, die Bush gemeinsam mit einem früheren, fast 40 Jahre jüngeren Redenschreiber verfasst hat. Von Reue, etwa den Einmarsch in den Irak Saddam Huseins befohlen zu haben, keine Spur. Bush räumt sogar ein, brutale Verhörmethoden wie das "Waterboarding", bei dem Gefangene fürchten mussten, qualvoll zu ertrinken, persönlich genehmigt zu haben. "Ohne derartige Methoden wäre das Risiko für einen Angriff auf unser Land gestiegen", gibt sich Bush noch heute überzeugt.

Zeitlich zumindest hat Bush seine Rückkehr ins Rampenlicht gut gewählt. Eine Woche liegt die Kongresswahl zurück, die mit dem Triumph seiner Republikaner endete. Bush, im texanischen Exil, hatte nichts dazu beigetragen. Mehr noch: Von Glück sagen konnten die Republikaner, dass Amerikas Wähler ihren Frust allein an Amtsnachfolger Barack Obama ausließen. Unter Bush explodierten Amerikas Schulden, nicht zuletzt wegen des Irak-Kriegs, aber auch wegen der Milliarden-Stützungen für angeschlagene Banken im Zuge der Finanzkrise. Das war aus Sicht konservativer Wähler mit Tea-Party-Sympathien der Sündenfall schlechthin. Viel rhetorische Mühe bringt John Boehner auf, der neue starke Mann der Konservativen, um die Republikaner des Jahres 2010 als geläuterte politische Kraft zu präsentieren, die verspricht, nicht die alten Fehler zu wiederholen.

Lob für Obama

Als Kronzeugen gegen Obama lässt sich Bush wiederum nicht missbrauchen, mehr noch: Nur Lob hat er für seinen Nachfolger. Dessen Entscheidung, die Truppen in Afghanistan aufzustocken, findet Bushs Beifall. "Er hat einen harten Job. Glauben Sie mir", sagt Bush in Oprah Winfreys Talkshow, die am heutigen Dienstag ausgestrahlt wird.

"Jeder Präsident hat genug auf dem Teller. Da braucht er nicht auch noch die Kommentare seines Vorgängers", umschrieb Bushs frühere Sprecherin Dana Perino die Haltung ihres Ex-Chefs, sich strikt zurückzuhalten. Ebenso sehr vermeidet Bush bei seinen Auftritten jede Aussage, wer die republikanische Fahne bei den nächsten Präsidentschaftswahlen 2012 tragen soll. "Ich bin kein politischer Experte. Wirklich nicht", sagt der Ex-Präsident bei Winfrey. Als Amerikas Talkmasterin Nummer eins nachsetzt, winkt Bush nur ab. "Sie wollen mich nur in den Sumpf zurückziehen."

Ab und an eine hoch bezahlte Rede, ein humanitärer Einsatz im Auftrag seines Nachfolgers - meilenweit ist Bush davon entfernt, sich als Elder Statesman zu profilieren. Lieber fährt er Fahrrad auf seiner Ranch oder kümmert sich um die Eröffnung seiner Präsidenten-Bibliothek an der Southern Methodist University in der Nähe von Dallas. Bush baut auf das Urteil der Geschichte. In seinem Buch erinnert er an seine Vorgänger Gerald Ford und Ronald Reagan, die auch beide erst nach ihrem Tod in mildem Licht erstrahlten. "Wie immer das abschließende Urteil über meine Präsidentschaft ausfallen wird - ich fühle mich gut bei dem Gedanken, nicht mehr da zu sein, um es zu hören. Das ist ein Entscheidungspunkt, den die Geschichte setzt." Mit sich selbst ist Bush erkennbar im Reinen.