Hans-Ulrich Rülke beweist mal wieder Sinn für Satire. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Die Aufregung über das Meldeportal für Schüler gegen AfD-kritische Lehrer nimmt weiter zu. Die baden-württembergische FDP will die „Denunziationsplattform“ der Rechtspopulisten nun blockieren – indem sie Lehrer anschwärzt, die es gar nicht gibt.

Stuttgart - Die Wutrede des baden-württembergischen FDP-Fraktionschefs Hans-Ulrich Rülke gegen die AfD vor fast genau einem Jahr ist unvergessen. Durch einen schlichten Kniff – nämlich die Erwähnung der ZDF-Sendung bei seinem Auftritt im Landtag – hat er es damit direkt in die „Heute-show“ geschafft. Sinn für das Satirische zeigt der Liberale nun auch mit Blick auf die umstrittene Lehrer-Beschimpfungs-App der Rechtspopulisten.

Mit Hilfe der 7300 Mitglieder im Südwesten will er das digitale Meldeportal lahmlegen. „Die AfD plant in einem Blockwart-Stil eine Denunziationsplattform für Lehrer“, schreibt er auf Facebook. „Wir die FDP werden überlegen, ob wir diese Plattform dadurch torpedieren, indem wir tausendfach Lehrer denunzieren, die es gar nicht gibt.“ Dies sei eine intelligente Methode, „Blockwartmethoden“ zu begegnen, argumentiert Rülke. Ziel des Einsatzes von „nichtexistenten Phantomlehrern“ sei „Überflutung und Absturz dieser miesen und grotesken Aktion“.

„Mittelalterliche Pranger-Methode“

Die von der Hamburger AfD-Bürgerschaftsfraktion initiierte Internetseite „Neutrale Schule“, auf der angebliche Verstöße von Lehrern gegen das Neutralitätsgebot und deren offene Kritik an den Rechtspopulisten gemeldet werden sollen, könnte bundesweit Schule machen. Auch in Baden-Württemberg zeigte man sich nicht abgeneigt, ein solches Instrument zu installieren. AfD-Landeschef Ralf Özkara sieht das Vorhaben „wohlwollend“ – das Portal sei „sinnvoll“.

Die Aufregung darüber wächst somit weiter an: So sprach der Beamtenbund-Vorsitzende Ulrich Silberbach von einer „Pranger-Methode“ und einem „mittelalterlichen Instrument“. Er forderte die an diesem Donnerstag tagende Kultusministerkonferenz zu einer „klaren Botschaft“ auf, „dass die Kultusminister einen solchen Pranger ablehnen und dass Schüler nicht zum Anschwärzen ihrer Lehrer aufgerufen werden sollten“, sagte er der „Rheinischen Post“. Der Verband Bildung und Erziehung (VBE), ein Teil des Beamtenbundes, denkt über gerichtliche Schritte gegen die digitale Plattform nach, um Lehrer vor dem „geplanten Denunziantentum der AfD“ zu schützen, wie der baden-württembergische VBE-Landeschef Gerhard Brand sagt.

Kultusministerkonferenz will über Portal reden

Der Vorsitzende der Kultusministerkonferenz, Thüringens Ressortchef Helmut Holter (Linkspartei), hat eine Befassung mit dem Portal bestätigt. Betroffenen Lehrern empfahl er, sich an ihr Kultusministerium zu wenden, wenn sie ihre Persönlichkeitsrechte verletzt sehen. „Dann muss man dagegen anwaltlich vorgehen“, sagte er. Ihn erinnere das AfD-Vorgehen jedenfalls an die dunkelste Zeit der deutschen Geschichte von 1933 bis 1945.

„Organisierte Denunziation ist ein Mittel von Diktaturen“, warnte Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) in der „FAZ“. „Wer so etwas als Partei einsetzt, um missliebige Lehrer zu enttarnen und an den Pranger zu stellen, gibt viel über sein eigenes Demokratieverständnis preis.“