Andrew Garfield in Mel Gibsons „Hacksaw Bridge“ Foto: Verleih

Körper zerfetzen, Gedärme quellen: Mel Gibsons Geschichte eines Kriegshelden ohne Waffe verliert sich in einem endlos zelebrierten Blutbad.

Stuttgart - Ein frommer junger Christ, der sich im Zweiten Weltkrieg freiwillig zur US-Armee meldet, aus Gewissensgründen aber keine Waffe tragen will und deswegen schikaniert wird, ehe er in einer blutigen Schlacht 75 verwundeten Kameraden das Leben rettet und dafür eine Tapferkeitsmedaille bekommt: Die Erlebnisse des Sanitätssoldaten Desmond Doss erschienen dem bibelfesten, zuletzt aber skandalgeplagten australischen Regisseur und Schauspieler Mel Gibson wohl als geeigneter Stoff, nach zehn filmlosen Jahren ein Comeback zu wagen. Und tatsächlich ist „Hacksaw Ridge“ schon als Oscar-Kandidat im Gespräch.

Die Frage ist nur, warum. Für die Jugendjahre des Helden in Lynchburg, Virginia, entwirft der Film eine bonbonbunte Südstaatenwelt, so heil und rein wie das Herz des Siebenten-Tags-Adventisten Doss, den Andrew Garfield („Spiderman“) immerhin als sympathisch offenen, wenn auch unbedarft wirkenden Idealisten spielt. Getrübt wird diese Idylle zwar dadurch, dass sein Vater aus dem Ersten Weltkrieg Suff und Jähzorn mitgebracht hat, doch dieses Trauma bleibt selbst mit einem Routinier wie Hugo Weaving („Herr der Ringe“) in der Rolle recht holzschnittartig – wie auch vieles Andere, etwa Doss’ Liebe zur Krankenschwester Dorothy.

Auf Okinawa bricht die Hölle los

Eine erste Prüfung wird die Rekrutenausbildung, während derer Doss’ Weigerung, eine Waffe auch nur anzurühren, zu harten Repressalien führt – was seine Gewissensentscheidung, nur seinen Kameraden helfen zu wollen und keine Feinde zu töten, aber nicht brechen kann. Nach erst einer Stunde kommt der Film dann zum titelgebenden Hochplateau auf der japanischen Insel Okinawa, die seine Einheit im April 1945 erobern soll. Und nun bricht die Hölle los.

Abgerissene Arme und Beine fliegen durch die Luft, Gedärme quellen, Köpfe zerplatzen, und das in immer neuen, endlosen Variationen. Es sind vielleicht die heftigsten Schlachtszenen seit Spielbergs „Der Soldat James Ryan“, doch im Vergleich zu diesem hält Gibson aus allen Perspektiven immer voll drauf, scheint das Zerfetzen der Körper förmlich zu zelebrieren.

Gewaltporno statt Antikriegsfilm

Seinen Protagonisten verliert der Film darüber lange aus den Augen, ehe er ihn erst verzweifelt Gott fragen lässt, was der denn von ihm verlange, um dann unter dem Feuer der Japaner immer neue Verwundete in Sicherheit zu bringen. Zum schwer erträglichen Gemetzel und der durchaus packend inszenierten Rettungsaktion gesellen sich auch reichlich absurde Szenen: Als sich der völlig übermüdete Doss nach der Rückkehr ins Camp waschen will, sehen wir in Zeitlupe und Gegenlicht einen Wasserschwall so auf seinen blutverschmierten Körper treffen, dass man sich in einer lasziven Duschbad-Reklame wähnt.

Interessant wäre gewesen, hätte der Film für Doss’ pazifistische Grundeinstellung zu werben versucht. Stattdessen will Gibson offenbar zeigen, wie sich sein Held auch ohne Waffe als nützlich für die Kriegsführung erweist. Ein Antikriegsfilm ist dieser Gewaltporno sicherlich nicht.