Nils Politt gewann 2018 die Schlussetappe der Deutschlandtour in Stuttgart. Foto: dpa

Die Schlussetappe der Deutschlandtour Ende August 2018 elektrisierte die Radsportfans in Stuttgart und Region. Nun wollen Stadt und Regionalverband daran anknüpfen: mit den Deutschen Meisterschaften 2020 und der Deutschlandtour 2021, jeweils kombiniert mit einem Jedermann-Rennen. Doch das ist nicht billig.

Stuttgart - Die erfolgreiche Schlussetappe der Deutschlandtour vor einem Jahr in der Region und in Stuttgart soll der Anfang eines größeren Engagements im Radsport werden: In der Stadt und der Region werden im kommenden Jahr die deutschen Radsportmeisterschaften ausgetragen, 2021 soll hier wieder die Deutschlandtour enden – beides kombiniert mit einem Jedermann-Rennen, zu dem zwischen 5000 und 7000 Radsportler erwartet werden. „Stuttgart versteht sich wieder als Radsportstadt“, sagt Sportbürgermeister Martin Schairer, „wir sind unterstützt von der Region mit großer Begeisterung dabei.“

Der Zwist vor dem Rennen 2018 an der Rathausspitze scheint vergessen, als OB Kuhn und der damalige Finanzbürgermeister Michael Föll einen städtischen Zuschuss stoppten, dann aber vom Gemeinderat überstimmt wurden. Längst vergessen sind auch die Vorkommnisse um die Rad-WM 2007, als sich die Stadt gegen den damals dopingverseuchten Radsport stellte.

Stadt und Region greifen in die Kasse

Die neu erwachte Begeisterung, von der Schairer spricht, ist mit Geld hinterlegt. Der Verwaltungsausschuss des Stuttgarter Gemeinderats hat schon Anfang Mai mit großer Mehrheit zugestimmt, im Jahr 2020 für das Jedermann-Rennen und die deutschen Meisterschaften 300 000 Euro zuzuschießen. Für die Schlussetappe der Deutschlandtour und das damit kombinierte Jedermann-Rennen wäre 2021 ein Zuschuss von 487 500 Euro fällig. Aber auch der Verband Region Stuttgart wird Geld zuschießen: 150 000 Euro im Jahr 2020 für die Meisterschaften und 162 500 Euro ein Jahr später für die Deutschlandtour. Diese Kostenbeteiligung stimmten im Wirtschaftsausschuss der Regionalversammlung am Mittwoch alle Fraktionen und Gruppen zu. Das Geld fließt im Jahr 2020 an die Freunde Eventagentur, dem Vertragspartner des Bunds Deutscher Radfahrer. Da die Förderung nun fix ist, gilt der Zuschlag für Stuttgart und die Region als sicher. 2021 gehen die Zuschüsse an die Tour-de-France-Organisatoren von A. S. O., deren deutsche Tochtergesellschaft zur Förderung des Radsports (GfR) für die Deutschlandtour verantwortlich ist. Auch hier habe die GfR bereits „in Aussicht gestellt“, dass eine mit einer Finanzierungszusage versehene Bewerbung erfolgreich sein werde.

Neubelebung des Radsports

Die Freunde Eventagentur hat auch die Konzeption zur „Neubelebung“ des Straßenradsports in Stuttgart und der Region ausgearbeitet, der Stadt und Regionalverband nun folgen. „Nach der erfolgreichen Deutschlandtour vor einem Jahr ist die Zeit dafür reif", sagt Schairer. 2018 waren die Radsportler von Norden kommend durch die Region nach Stuttgart gefahren, wo die Schlussetappe endete. Mehr als 125 000 Zuschauer an der Strecke, zwei Millionen Fernsehzuschauer, Übertragung in 190 Länder, mehr als 3000 Teilnehmer am Jedermann-Rennen und ein gut besuchtes Rahmenprogramm für Familien und Kinder kombiniert mit einer Radmesse in der Innenstadt – das wurde auf der Habenseite verbucht. „Nach so einem Erfolg muss man weitermachen“, sagt Schairer. Grundgedanke ist, ein Jedermann-Radrennen für Breitensportler mit einer bedeutenden Profiveranstaltung zu kombinieren. Dadurch könne die gesamte Region eingebunden werden, außerdem sei eine derartige Großveranstaltung aus logistischen und verkehrlichen Gründen sinnvoll. Nachdem die Deutschlandtour in diesem Jahr einen Bogen um den Süden und zwischen Marburg, Erfurt und Hannover Station macht, setzen Stadt und Region 2020 auf die deutschen Meisterschaften. Für das nächste Jahr ist geplant, am Freitag, 19. Juni, die Einzelzeitfahren und am Samstag, 20. Juni, das Frauen-Straßenrennen mit Start und Ziel in einer Stadt der Region stattfinden zu lassen. Am Sonntag, 21. Juni, soll dann das Straßenrennen der Männer in der Region gestartet werden, das Ziel ist nach mehreren Runden in Stuttgart auf der Theodor-Heuss-Straße geplant.

Auch das Jedermann-Rennen soll auf zwei Schleifen durch die Region (120 und 60 Kilometer) teilweise auf der Männerstrecke verlaufen und in Stuttgart enden. An den Kosten von mindestens 625 000 Euro soll sich die Stadt mit 300 000 Euro und die Region mit 150 000 Euro beteiligen.

Der Veranstalter will den Rest durch Sponsorengelder von 125 000 Euro und Teilnahmebeiträge am Jedermann-Rennen (100 000 Euro) decken. Noch höher wäre die Förderung durch Stadt und Region bei der Schlussetappe der Deutschlandtour, die wieder Ende August 2021 stattfinden würde: 650 000 Euro, davon würden die Stadt Stuttgart 487 500 und die Region 162 500 Euro übernehmen.

Jedermann-Rennen soll etabliert werden

Doch nach dem Willen von Stadt und Region soll es dabei nicht bleiben. Auch nach 2021 ist an weitere Radsportereignisse gedacht – von Europameisterschaften über ein World Series Rennen bis zu einem neuen Eliterennen (etwa von Ulm nach Stuttgart) und einer Tour-de-France-Etappe. Aber auch das Jedermann-Rennen soll wachsen: Das Ziel sind 5000 bis 7000 Teilnehmer, vor einem Jahr waren es gut 3000.