Kultusminister Andreas Stoch liest Kindergartenfindern vor Foto: Kärcher/Martin Stollberg

Weihnachten ist Vorlesezeit. Noch mehr mögen es Kinder, wenn sie das ganze Jahr über vorgelesen bekommen. Mit dem Projekt „Mein Papa liest vor“ sollen Eltern dazu ermuntert werden.

Winnenden/Stuttgart - „Kamfu mir helfen?“ Nach einem Unfall hat der Elefant eine krumme Nase und kann nicht mehr richtig sprechen. Er bittet zunächst einen Ameisenbären um Hilfe, der auch schon mal Probleme mit seinem Rüssel hatte, dann ein Schwein – doch ihre Versuche verhelfen ihm nicht zu einem geraden Rüssel. Erst eine Fliege hat die richtige Idee.... Gebannt hören die Kinder Michael Gaedt zu, der vor ihnen in die Hocke gegangen ist und ihnen aus einem Kinderbuch vorliest. Zwischendurch gibt er dieses und jenes Tier, dann wieder zeigt er ihnen Zeichnungen.

Mit Kultusminister Andreas Stoch (SPD) ist der Schauspieler und Entertainer zur Firma Kärcher nach Winnenden gekommen, um Kindergartenkindern vorzulesen. Damit eröffnen sie das Projekt „Mein Papa liest vor“, das in den kommenden Monaten in ganz Baden-Württemberg Schule machen soll. Bundesweit beteiligen sich bereits mehr als 1300 Unternehmen und Organisationen an dem Angebot der Stiftung Lesen.

Im Südwesten zählt Kärcher zu den ersten. Seit einigen Wochen können sich die Mitarbeiter jede Woche über das firmeninterne Netzwerk eine Vorlesegeschichte herunterladen, um sie ihren Kindern vorzulesen. Das Angebot werde gut genutzt, erzählt Personalleiter Rüdiger Bechstein. „Das ist nicht nur ein Beitrag zur Nachwuchsförderung. Damit stellen wir unseren Mitarbeiten gleichzeitig ein schönes Angebot für ihr Familienleben zur Verfügung.“

30 Prozent der Kinder bekommen selten oder nie vorgelesen

Die Stiftung Lesen will erreichen, dass Lesen in den Familien eine größere Rolle spielt. 30 Prozent der Kinder bekämen nicht regelmäßig von ihren Eltern vorgelesen – das aber sei wichtig für ihre Entwicklung, sagt Jörg Maas, Hauptgeschäftsführer der Stiftung. Und wenn vorgelesen wird, tun dies meist die Mütter. Das ist aus Sicht der Wissenschaft ein Grund, warum Jungen deutlich seltener zu Büchern greifen als Mädchen. Viele betrachteten es als Mädchensache und fänden es deshalb „uncool“, sagt Kultusminister Stoch, der das Projekt mit 20 000 Euro unterstützt. Väter seien wichtige Lese-Vorbilder. Die Weihnachtspause biete eine gute Gelegenheit dafür. Lesen fördere nicht nur die Sprache, sondern auch eine gute Beziehung zwischen Kindern und Eltern, meint der Vater von vier Kindern.

Das Väter-Projekt ist eines von vielen in Baden-Württemberg. Vor 13 Jahren sind in Stuttgart mit Unterstützung der Breuninger-Stiftung die „Leseohren aufgeklappt“ entstanden. Mehr als 500 Vorlesepaten gehen regelmäßig in Kindergärten und Schulklassen, sagt Projektleiterin Bettina Kaiser. Einige lesen in Englisch, Französisch, Griechisch, Spanisch oder Türkisch vor. „Oft fragen mich Kinder nach meiner Geschichte und nach der Türkei“, erzählt ein türkischstämmiger Lesepate.

Vor einigen Tagen startete die Stadtbibliothek Stuttgart ihr neustes Vorlese-Projekt. Sie lud Kinder aus einem Flüchtlingsheim ein – und mehr als 50 Kinder und einige Eltern kamen. Begeistert blätterten sie mit Lesepaten in Bilderbüchern, lernten die Namen von Tieren kennen oder übten Farben und Zahlen in deutscher Sprache. Für viele Kinder war es der erste Besuch in einer Bibliothek, sagte Karin Rösler, Leiterin der Kinderbibliothek. Die meisten hätten erklärt, sie wollten wiederkommen. Unterstützt wird das Projekt von der Stiftung Kinder fördern – Zukunft stiften. „Uns ist wichtig, dass die Kinder in ihrer neuen Heimat so schnell wie möglich Fuß fassen, Freunde finden und sich verständigen können“, sagt Christian Neuber. Mit Lesen und Erzählen klappe das besonders gut.

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