WG-Zimmer sind Mangelware in Stuttgart. Foto: dpa

Viele junge Flüchtlinge suchen nach einem Zimmer in einer Wohngemeinschaft – doch das ist schwer. Unser Kolumnist schildert die Erfahrungen von zwei Flüchtlingen.

Stuttgart - Viele junge Flüchtlinge möchten mit gleichaltrigen Deutschen zusammen leben. WG-Zimmer bieten sich perfekt an, um Kontakte zu knüpfen, die deutsche Sprache zu trainieren, um sich schneller zu integrieren und die Gesellschaft besser zu verstehen. Aber die meisten, die ich kenne und bisher getroffen habe, sind ernüchtert und frustriert von der Suche nach einem geeigneten Zuhause. Zu oft werden sie abgelehnt, noch viel öfter gar nicht erst zum Kennenlernen eingeladen. Junge Syrer, Iraker oder Afghanen wollen ihre Stellung in Stuttgart und in der Gesellschaft wahrnehmen, aber sie wissen oft nicht wie. Den richtigen Weg zu finden ist nicht leicht.

Das zeigen auch die sehr unterschiedlichen Erfahrungen von zwei Flüchtlingen, mit denen ich gesprochen habe: Seit acht Monaten lebt Rami (Namen geändert) in einem Studentenwohnheim. Eigentlich hatte er sich um ein ganz normales WG-Zimmer beworben, irgendwo in Stuttgart, nur nicht komplett raus aus der Stadt, das war sein Wunsch. Nicht nur einmal hat er es versucht, aber schon bald gemerkt, dass es nicht klappt. Wenn schon deutsche Studenten Schwierigkeiten haben, an ein Zimmer zu kommen, wie sollte es ihm gelingen? Mit dem Namen, mit der Geschichte. Die zur Verfügung stehenden Wohnungen und Zimmer sind knapp oder zu teuer, Bewerber stehen Schlange, die Auswahl ist groß. Andere wurden ihm vorgezogen.

Die Realität sieht anders aus, als sich der junge Flüchtling gedacht hatte

Also entschied er sich für die Lösung Studentenwohnheim. Er hatte Glück, dort unterzukommen. Hauptsache, nicht alleine wohnen, dachte er. Und am besten unter Deutschen, wegen der Sprache, um sich zu verbessern und um schneller „anzukommen“, die Stadt kennenzulernen.

Rami hatte sich das schön ausgemalt in Gedanken. Die Realität sieht anders aus: Seine Hoffnung, andere junge Menschen kennen zu lernen, vielleicht Freundschaften zu schließen, so wie in seiner Heimat, als er vor dem Krieg in Aleppo studierte und mit Gleichgesinnten zusammen lernte und lebte, erfüllte sich nicht. Vor kurzem hat er die Aufnahmeprüfung für die Universität bestanden, endlich kann er auch in seiner neuen Heimat weiter studieren. Aber noch fühlt er sich fremd in Stuttgart. Das Studentenwohnheim fühlt sich für ihn nach wie vor nicht wie ein zu Hause an, seine Mitbewohner sind nett, aber distanziert. Es ist eine Zweck-WG, jeder geht seinen Weg. Neulich, als Rami mit einem Freund Syrisch kochte und die beiden Jungs dazu lud, hatten die schon etwas anderes vor.

Kontakt mit ihnen herzustellen will ihm nicht recht gelingen. Vielleicht wird es besser, wenn er auch hier endlich wieder studieren darf? Vielleicht fühlt er sich dann nicht mehr so fremd? Vielleicht begegnen ihm dann auch die anderen offener? Vielleicht lernt er Deutsche kennen, die gerne mit ihm zusammen leben würden. Einfach, weil er so ist wie er ist.

Die Suche geht wieder los

Bei Farid ist es anders gelaufen. In Stuttgart hat er ein Jahr lang in einer Wohngemeinschaft mit zwei jungen Frauen zusammen gewohnt. Er hat sich gut eingelebt. Das WG-Leben mochte er sehr, vor allem, weil die beiden Mitbewohnerinnen es ihm sehr leicht gemacht haben. Es ist Keine Zweck-Wg, sie hatten sich für ein Zusammenleben mit ihm entschieden. Sie halfen ihm beim Deutsch lernen, gerade mit der Grammatik. Er konnte die beiden auch sonst immer anrufen und um Hilfe bitten. Dennoch begegneten sie sich auf Augenhöhe. Das sei ein gutes Gefühl gewesen, sagt Farid. Er sagt aber auch, dass es für ihn anfangs schwer war, ein WG-Zimmer zu finden. Ein Jahr lang lebte er in einer Flüchtlingsunterkunft, bis er endlich umziehen konnte. Das war ein großer Glücksfall, das weiß er. Gerade ist er aufgeregt und traurig zugleich. Denn er wird bald umziehen, nach Darmstadt. Dort hat er einen Studienplatz bekommen. Das freut ihn, aber er weiß auch, dass nun wieder alles von vorne losgehen wird: neue Stadt, neue Menschen, die Suche nach einer neuen Wohnung – und die Hoffnung auf nette Mitbewohner.